Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers
Callara, »war es Speciale, der diese Vereinbarung wollte. Er wusste, dass er Spitaleri voll vertrauen konnte, und so hätte er nicht einmal persönlich anwesend sein müssen, wenn die Arbeiten beginnen.«
»Haben Sie das Datum gesehen?«
»Ja, der 27. Oktober 1999. Der Tag, bevor Angelo Speciale wieder nach Deutschland zurückfuhr.«
»Signor Callara, ich werde zusehen, dass die Siegel so schnell wie möglich entfernt werden.«
Einstweilen brachte er sie aber wieder an. Dann setzte er sich ins Auto und fuhr davon. Doch nach wenigen Metern bremste er. Die Tür und die Fenster von Adrianas Haus standen offen. Sollte die junge Frau dort hingefahren sein, um nach der belastenden Beisetzung ihr inneres Gleichgewicht wiederzufinden?
Er hatte das Herz eines Esels und das eines Löwen. Sie besuchen gehen oder weiterfahren?
Dann sah er eine alte Frau, sicher eine Haushaltshilfe, die ein Fenster nach dem anderen verschloss. Er wartete noch einen Augenblick. Die Frau erschien an der Tür und sperrte sie ab.
Montalbano legte den Gang ein und fuhr zum Kommissariat, ein wenig enttäuscht und auch ein wenig erleichtert.
Siebzehn
»Ich war heute Morgen bei der Beerdigung«, sagte Fazio.
»Waren Leute da?«
»Dottore mio, sehr viele, das übliche Rührstück. Frauen, die ohnmächtig wurden, Frauen, die weinten, die früheren Mitschülerinnen mit weißen Blumen, kurz: das gewohnte Spektakel. Am Ende, als der Sarg aus der Kirche getragen wurde, klatschten sogar alle Beifall. Können Sie mir mal erklären, warum den Toten Beifall geklatscht wird?«
»Vielleicht, weil sie gut daran getan haben zu sterben.«
»Machen Sie Witze, Dottore?«
»Nein. Wann klatscht man denn Beifall? Wenn einem eine Sache gefallen hat. Wenn man das logisch weiterspinnt, müsste das also bedeuten: Hat mir ungeheuer gefallen, dass du endlich aufgehört hast, mir auf den Sack zu gehen. Wer war davon den Familienangehörigen?«
»Der Vater, der von einem jungen Mann gestützt wurde, und eine Frau, die eine Verwandte gewesen sein muss. Signorina Adriana war nicht da, sicher ist sie zu Hause geblieben, um sich um die Mutter zu kümmern.«
»Ich muss dir etwas sagen, das dir ganz sicher nicht gefällt.«
Und er erzählte ihm von seinem Treffen mit Lozupone. Am Ende zeigte sich Fazio keineswegs überrascht.
»Du sagst nichts dazu?«
»Was soll ich schon sagen, Dottore? Das habe ich erwartet. So oder so. Spitaleri kommt davon, jetzt und immerdar per omnia saecula saeculorum.«
»Amen. Apropos Spitaleri, du müsstest mir einen Gefallen tun, ruf ihn an, ich hab nicht die geringste Lust, mit ihm zu reden.«
»Was soll ich ihn fragen?«
»Ob er sich erinnert, wann er wieder hier war, nachdem er damals am 12. Oktober nach Bangkok geflogen ist.«
»Mach ich sofort.« Nach zehn Minuten kam er zurück. »Ich hab ihn auf seinem Handy angerufen, aber das war ausgeschaltet. Also habe ich im Büro angerufen, aber da war er nicht. Die Sekretärin hat allerdings in einem alten Kalender nachgesehen und mir gesagt, dass Spitaleri ganz sicher am 26. Oktober nachmittags zurückgekommen ist. Sie hat mir auch gesagt, dass sie sich gut an diesen Tag erinnert.«
»Hat sie dir gesagt, warum?«
»Dottore mio, die redet wie ein Wasserfall, wenn man die nicht stoppt, bringt die's fertig und quasselt ohne Pause den ganzen Tag weiter. Sie hat mir erzählt, der 26. Oktober sei ihr Geburtstag und sie dachte, dass Spitaleri das vergessen haben könnte, doch stattdessen hat Spitaleri ihr nicht nur die Orchidee mitgebracht, die die Thai Air allen Passagieren schenkt, sondern auch eine Schachtel Pralinen. Das ist alles. Warum wollten Sie das wissen?«
»Na ja, heute bin ich zum Schwimmen in Pizzo gewesen. Als ich aus der Villetta kam …«
Und er erzählte ihm die Geschichte. »Das bedeutet«, überlegte er, »dass er am nächsten Tag, vielleicht weil er erfahren hatte, dass Angelo Speciale nach Deutschland abreisen wollte, dieses private Schriftstück verfasste.«
»Darin sehe ich nichts Merkwürdiges«, sagte Fazio. »Und ganz sicher war es Speciale, der auf dieses Schriftstück drängte, wie Callara meint. Er vertraute Spitaleri inzwischen voll und ganz.«
Doch Montalbano wirkte nicht sehr überzeugt.
»Irgendetwas passt da nicht ganz zusammen.«
Das Telefon klingelte. Es war Catarella, völlig außer sich.
»Maria Maria Maria!«
»Was ist denn los, Catare?«
»Maria Maria Maria! Der Signoriundquestori ist am Telefon!«
»Na und?«
»Irre wirkt er, Dottori! Mit
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