Commissario Montalbano 12 - Die Spur des Fuchses
einer mit einem leichten Sprung in der Schüssel.
Ein anderer kam auf ihn zu, der wie ein Gärtner angezogen war, mit verdreckter, schmuddeliger Schürze und einem Spaten in der Hand.
»Sie scheinen hier neu zu sein.«
»Ja, es ist das erste Mal, dass ich…«
»Auf wen haben Sie gesetzt?«
»Eigentlich habe ich noch…«
»Wollen Sie einen Rat? Setzen Sie auf Beatrice della Bicocca. «
»Ich weiß nicht…«
»Kennen Sie die Tarifliste?«
»Nein.«
»Na, dann sag ich Ihnen die mal auf. Legst tausend Euro du vor, / küsst die Bicocca dich aufs Ohr. / Bei fünftausend, so ist's jedem kund, / küsst die Bicocca dich auf den Mund. / Bei zehntausend, das muss jeder wissen, / lässt sie ihre Zunge küssen.«
Anschließend verbeugte er sich und ging davon. In was für ein Irrenhaus war er da eigentlich geraten? Und außerdem, war das nicht unlauterer Wettbewerb, was diese Beatrice della Bicocca da machte?
Sieben
»Salvo, komm zu uns rüber!«
Endlich entdeckte er Ingrid, die ihn gerufen hatte und zu sich winkte. Er ging zu ihr.
«Dottor Montalbano. Der Hausherr, Barone Piscopo di San Militello.«
Der Baron, ein hagerer hochgewachsener Mann, war haargenau wie jemand angezogen, den er in einem Film die Meute bei einer Fuchsjagd hatte anführen sehen. Nur dass der Schauspieler im Film einen roten Rock trug, während der Rock des Barons grün war.
»Seien Sie herzlich willkommen, Dottore«, sagte der Baron und streckte ihm die Hand entgegen.
»Danke«, erwiderte Montalbano und schüttelte sie.
»Fühlen Sie sich wohl hier?«
»Außerordentlich.«
»Dann bin ich zufrieden.«
Der Baron sah ihn lächelnd an und klatschte kräftig in die Hände. Das verwirrte Montalbano. Was sollte er tun? Musste er jetzt auch in die Hände klatschen? Möglicherweise war das ja eine Angewohnheit dieser Leute bei solchen Gelegenheiten, sozusagen als Ausdruck der Zufriedenheit. Also klatschte er ebenfalls in die Hände. Der Baron sah ihn etwas überrascht an, und Ingrid fing an zu lachen. In diesem Augenblick reichte ein livrierter Hausdiener dem Baron ein Jagdhorn. Das also war der Grund, weshalb der Baron in die Hände geklatscht hatte: Er rief den Hausdiener herbei! Während Montalbano wegen seines Fauxpas rot anlief, setzte der Baron das Horn an die Lippen und blies hinein. Der Ton, der herauskam, war dermaßen laut, dass es wohl das Kommando zum Aufsitzen für die Reiterschaft gewesen sein musste. Montalbano, dessen Ohren nur zehn Zentimeter von dem Horn entfernt waren, dröhnte der Kopf.
Augenblicklich wurde es still. Der Baron gab dem Hausdiener das Horn wieder zurück und ergriff das Mikrofon, das dieser ihm hingehalten hatte.
»Ladies and gentlemen! Ich bitte Sie ganz kurz um Ihre Aufmerksamkeit! Ich möchte Sie daran erinnern, dass in zehn Minuten der Wettschalter schließt und es dann nicht mehr möglich sein wird, einen Tipp abzugeben!«
»Entschuldigen Sie uns, Barone«, sagte Ingrid, nahm Montalbano bei der Hand und zog ihn mit sich fort. »Wo gehen wir hin?«
»Zum Wettschalter?«
»Aber ich weiß doch nicht einmal, wer bei dem Rennen mitmacht?«
»Schau mal, es gibt zwei Favoritinnen. Benedetta di Santo Stefano und Rachele, auch wenn sie nicht ihr eigenes Pferd reitet.«
»Wie ist diese Benedetta?«
»Eine Zwergin mit Schnurrbart. Willst du dich etwa von der küssen lassen? Sei kein Dummkopf, du musst auf Rachele setzen, wie ich auch.«
»Und Beatrice della Bicocca, wie ist die?«
Ingrid blieb überrascht stehen.
»Du kennst sie?«
»Nein. Ich wollte nur wissen…«
»Sie ist eine Nutte. Jetzt gerade vögelt sie bestimmt mit irgendeinem Stallburschen. Das macht sie immer vor den Rennen.«
»Warum?«
»Sie sagt, hinterher würde sie das Pferd besser spüren. Weißt du, dass die Formel-1-Fahrer mit ihrem Hintern spüren, wie ihr Wagen läuft? Beatrice spürt, wie ihr Pferd läuft, wenn sie…«
»Schon gut, schon gut, ich hab's verstanden.« Sie füllten die Schecks an einem freien Tisch aus. »Warte hier auf mich«, sagte Ingrid zu ihm. »Lass nur, ich mach das schon«, sagte Montalbano. »Da ist aber eine Schlange. Und mich lassen sie vor.« Weil er nicht wusste, was er tun sollte, ging er zu einem der gedeckten Tische. Alles, was es da zu essen gegeben hatte, war bereits verputzt worden. Die Gäste hier waren, obschon von Adel, noch ausgehungerter als ein Volksstamm in Burundi nach der Trockenzeit. »Haben Sie einen Wunsch?«, fragte ihn ein Hausdiener. »Ja, einen J&B pur.«
»Es gibt keinen
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