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Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache

Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache

Titel: Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Landschaft betrachtete.
    Die Sonne entfachte die Farben des Tals und trennte sie klar vom Blau des Meeres in der Ferne. Gott oder wer immer sonst an seiner Stelle zeigte sich hier eindeutig als naiver Maler. Weit draußen am Horizont ein Schwarm Möwen, die so taten, als würden sie in einem wilden Durcheinander aus Wenden, Steil- und Sturzflügen aufeinanderprallen, während sie doch haargenau so wirkten wie eine akrobatische Flugzeugstaffel. Er überließ sich dem Zauber ihrer Kunststücke.
    Nachdem er das erste Cannolo vertilgt hatte, schnappte er sich ein zweites.
    »Ich sehe, Sie haben sich schon bedient«, sagte Pasquano beim Hereinkommen und griff ebenfalls nach einem.
    Sie aßen in weihevoller Stille, in ihren Mundwinkeln klebte Ricottacreme, die nach einem ungeschriebenen Gesetz mit bedächtigem Zungenkreisen zu entfernen war.

Vier
    »Also, was haben Sie mir zu berichten, Dottore?«, fragte Commissario Montalbano, nachdem sie noch ein bisschen Passito getrunken und sich zu diesem Zweck das einzige zur Verfügung stehende Glas hin und her gereicht hatten.
    »Worüber? Über die internationale Lage? Über meine Hämorrhoiden?«
    »Über den Toten im Müllsack.«
    »Ach, den! Das hat sich hingezogen und war mühsam. Zuerst musste ich nämlich das Puzzle zu Ende bringen.«
    »Welches Puzzle?«
    »Mein lieber Freund, ich habe die Leiche wieder zusammensetzen müssen. Er war ja zergliedert worden. Wussten Sie das?«
    »Ja«, antwortete Montalbano lächelnd.
    »Und das amüsiert Sie?«
    »Nein, mich hat nur das Verb amüsiert, das Sie gebraucht haben.«
    »Zergliedern? Ich will ja nur mit der Zeit gehen. Heutzutage nennt man das so. Aber wenn Sie wollen, kann ich auch andere Verben verwenden: vierteilen, abschlachten …«
    »Sagen wir: in Stücke zerlegt. Viele?«
    »Eine beachtliche Menge. Sie haben sich beim Schlachten richtig ins Zeug gelegt. Sie haben eine Axt benutzt und ein großes, rasierklingenscharfes Messer. Zuerst hat man ihn umgebracht, dann …«
    »Wie?«
    »Ein Genickschuss aus einer Feuerwaffe.«
    »Wann?«
    »Sagen wir mal, vor höchstens zwei Monaten. Dann, wie ich Ihnen sagte, haben sie ihm die Fingerkuppen verbrannt. Anschließend haben sie sich ans Werk gemacht. Mit einer Engelsgeduld haben sie ihm sämtliche Finger und Zehen abgetrennt, ebenso die Ohren, sie haben ihm das Gesicht zertrümmert und es damit unkenntlich gemacht, und sie haben die Zähne entfernt, die wir aber nicht gefunden haben, sie haben ihn enthauptet, ihm die Hände abgeschnitten, die Beine in der Leistengegend, den rechten Ober- und Unterarm und nur den linken Unterarm. Kommt Ihnen das nicht sonderbar vor?«
    »Was, diese Schlachtszene?«
    »Nein, die Tatsache, dass sie den linken Oberarm drangelassen haben. Ich frage mich, warum sie den nicht auch noch abgetrennt haben, wo sie schon mal dabei waren.«
    »Haben Sie irgendetwas gefunden, das einer baldigen Identifizierung dienlich wäre?«
    »’n verwichsten Dreck.«
    »Apropos, Dottore, und das Geschlechtsteil?«
    »Noch hab ich eins, Teuerster. Seien Sie da ganz unbesorgt.«
    »Nein, Dottore, ich meinte: Haben sie ihm auch das Geschlechtsteil abgetrennt?«
    »Wenn sie’s getan hätten, hätte ich’s Ihnen gesagt.«
    »Wie alt war er?«
    »Um die vierzig.«
    »Größe?«
    »Nicht unter ein Meter fünfundsiebzig.«
    »Jemand von außerhalb der Europäischen Union?«
    »Ach, was! Einer von hier.«
    »Dick? Dünn?«
    »Schlank, gut proportioniert.«
    »Und sonst können Sie mir nichts sagen?«
    »Doch. Als er ermordet wurde, hat er noch keinen Stuhlgang gehabt.«
    »Ist das von Bedeutung?«
    »Aber ja. Denn in seinem Magen haben wir etwas gefunden, was wichtig sein könnte.«
    »Nämlich?«
    »Er hatte eine Brücke verschluckt.«
    Montalbano war ganz baff.
    »Was für eine Brücke?!«
    »Die Brooklyn-Brücke.«
    »Was erzählen Sie mir denn da?«
    »Hat der Passito Sie so außer Gefecht gesetzt, Montalbano? Ich rede von Zähnen. Es kann sein, dass sich bei dem Unbekannten während des Essens eine Brücke gelockert hat, und er hat sie unbemerkt verschluckt.«
    Der Commissario dachte einen Augenblick darüber nach.
    »Kann es nicht sein, dass diese Brücke in seinem Magen gelandet ist, als die ihm den Kopf zertrümmert haben?«
    »Nein, dann wäre sie ihm im Hals stecken geblieben, aber er hätte sie nicht verschlucken können.«
    »Was haben Sie damit gemacht?«
    »Ich habe sie gleich zur Spurensicherung geschickt. Aber Sie wissen ja, dass es Monate dauern kann, bis die

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