Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache
etwas herausfinden.«
»Tja«, kommentierte Montalbano entmutigt.
»Und erwarten Sie nicht, dass die von der Spurensicherung Ihnen den Namen des Zahnarztes nennen können, bei dem der Tote Patient war.«
»Tja«, wiederholte der Commissario noch entmutigter.
»Wollen Sie noch ein Cannolo?«
»Nein. Vielen Dank und auf Wiedersehen.«
»Auf Wiedersehen?! Ich hoffe doch, ich hab jetzt erst mal eine Weile Ruhe vor Ihnen«, sagte Dottor Pasquano und biss das erste Stück von einem weiteren Cannolo ab.
Doch eine wichtige Information hatte Pasquano ihm durchaus gegeben. Der Mann war durch einen Genickschuss getötet worden. Hingerichtet. Gefesselt an Händen und Füßen, hatte der arme Kerl niederknien müssen, und mit einem einzigen Schuss in den Nacken hatte sein Henker ihn erledigt.
Als hätte die Mafia ihre Unterschrift darunter gesetzt.
Doch alle übrigen Fragen blieben offen. Wer war der Mann? Warum war er ermordet worden? Warum hatte man dafür gesorgt, dass ihn nur ja keiner identifizieren konnte? Warum wurde er in Stücke zerteilt? Ganz sicher nicht, um den Abtransport des Körpers zu erleichtern. Dafür gab es andere Mittel und Wege. Die Leiche in Säure aufzulösen, zum Beispiel. Und warum haben sie den Müllsack am Critaru vergraben, unter einer gerade mal dreißig Zentimeter dicken Erdschicht? Wussten sie denn nicht, dass der Sack beim ersten Regen ans Tageslicht kommen würde? Fünfzig Meter weiter oben befand sich doch ein steiniger Hang, ein riesiges Geröllfeld: Unter einem Steinhaufen wäre der Sack niemals gefunden worden.
Nein, es war ganz klar: Diejenigen, die ihn ermordet hatten, wollten, dass der Tote nach einer gewissen Zeit gefunden wurde.
»Ah, Dottori, Dottori! Fazio hat mir gesagt, sobald Sie kommen, soll ich ihm sagen, dass Sie gekommen sind.«
»In Ordnung, er soll zu mir kommen.«
Fazio kam sofort.
»Bevor du redest, rede ich. Ich war bei Pasquano.«
Und er erzählte ihm, was Pasquano ihm gesagt hatte.
»Das heißt also«, sagte Fazio, »der Tote war ein Mann um die vierzig, ein Meter fünfundsiebzig groß, schlank. Damit kann man nicht viel anfangen. Ich werde jetzt mal die Vermisstenanzeigen durchsehen.«
»Sag mir aber erst, was du mir sagen wolltest.«
»Dottore, die Frau, über die Sie Informationen haben wollten, heißt Dolores Alfano, ist einunddreißig Jahre alt, verheiratet, kinderlos und wohnt in der Via Guttuso zwölf. Sie ist Ausländerin, vielleicht Spanierin. Alfano hat sie kennengelernt, als sie zwanzig war. Er war völlig hin und weg von ihr und hat sie geheiratet. Und sie ist wirklich eine wunderschöne Frau.«
»Hast du sie gesehen?«
»Das nicht, aber alle Männer, mit denen ich geredet habe, haben von ihrer Schönheit geschwärmt.«
»Hat sie ein Auto?«
»Jaja, einen Fiat Punto.«
»Was macht sie?«
»Was sie macht? Nichts. Sie ist Hausfrau.«
»Und ihr Mann?«
»Ist ein Kapitän zur See. Im Augenblick fährt er als Zweiter Offizier auf einem Containerschiff. Er ist für ein paar Monate außer Landes. Man hat mir gesagt, dass der Ehemann allerhöchstens viermal im Jahr heimkommt.«
»Also ist die Arme theoretisch zum Fasten verdammt. Hast du herausgefunden, ob sie sich während der Abwesenheit ihres Mannes anderweitig amüsiert?«
»Da habe ich Widersprüchliches gehört. Für einen oder zwei ist Signora Dolores ein raffiniertes Luder und viel zu schlau, um sich in die Karten schauen zu lassen. Für andere ist sie eine Frau, der man, weil sie so schön ist, einen Liebhaber geradezu wünschen würde, zumal ihr Ehemann ständig abwesend ist. Für die meisten ist sie allerdings eine anständige Frau.«
»Du hast ja geradezu eine Volksbefragung durchgeführt!«
»Über so eine Frau reden doch alle Männer gern, Dottore.«
»Im Grund also nur Klatsch und Tratsch und nichts Konkretes. Soll ich dir was sagen? Lassen wir die Sache auf sich beruhen, vielleicht war der Versuch, sie zu überfahren, ja wirklich nur ein blöder Streich.«
»Allerdings …«, sagte Fazio.
»Allerdings?«
»Wenn Sie erlauben, würde ich gern mehr über diese Frau herausfinden.«
»Warum?«
»Im Augenblick kann ich Ihnen das nicht erklären, Dottore. Aber irgendwas von dem, was ich gehört habe, hat mich stutzig gemacht, in dem Moment hatte ich so eine Idee, eine Art Geistesblitz, der aber gleich wieder verschwunden ist. Ich weiß nicht, ob es ein Wort war oder ein Satz oder die Art, wie jemand dieses Wort, diesen Satz gesagt hat. Vielleicht war es auch ein stummer
Weitere Kostenlose Bücher