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Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache

Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache

Titel: Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Gullotta zurück, der Montalbano lächelnd die Hand drückte. Es war offensichtlich, dass er sich freute, ihn wiederzusehen.
    »Jetzt kannst du weiterreden«, sagte Musante.
    »Ich beziehe mich auf den Unbekannten, der in Stücke zerlegt in einem Plastiksack aufgefunden wurde. Habt ihr davon gehört?«
    »Ja«, sagten Musante und Gullotta im Chor.
    »Wisst ihr, wie er ermordet wurde?«
    »Nein«, sagte der Chor.
    »Mit einem Genickschuss.«
    »Ah!«, rief der Chor.
    In diesem Augenblick klopfte jemand an die Tür.
    »Herein!«, sagte der Chor im Chor.
    Herein kam ein Mann um die fünfzig mit Oberlippenbart, der erst zu Montalbano hinüberschaute und dann Musante mit einem Blick zu verstehen gab, dass er ihn sprechen wollte. Musante stand auf, der andere sagte ihm ein paar Worte ins Ohr und ging wieder hinaus. Dann gab Musante Gullotta ein Zeichen, woraufhin dieser aufstand und zu ihm ging. Musante flüsterte Gullotta etwas ins Ohr, und beide blickten zu Montalbano hinüber. Dann sahen sie einander an und setzten sich wieder.
    »Wenn das jetzt eine komische Pantomime war, dann hab ich sie nicht verstanden«, sagte Montalbano.
    »Erzähl weiter«, sagte Mancuso ernst.
    »Dieser Genickschuss an sich wäre ja schon ein Hinweis«, fing Commissario Montalbano wieder an. »Aber da ist noch etwas anderes. Kennt ihr das Matthäus-Evangelium?«
    »Was bitte?!«, fragte Gullotta so entgeistert, als wäre er unter die Türken gefallen.
    Musante dagegen beugte sich zu Montalbano, legte ihm eine Hand aufs Knie und fragte ihn besorgt:
    »Bist du sicher, dass es dir gut geht?«
    »Klar geht’s mir gut.«
    »Du bist nicht irgendwie nervös?«
    »Ganz bestimmt nicht!«
    »Aber warum hast du denn dann eben auf der Treppe so bitterlich geweint?«
    Das war es also, was der Mann mit dem Oberlippenbart berichtet hatte. Und wie sollte er die verzwickte Angelegenheit jetzt vor den beiden hier erklären, die ihn mit einer Mischung aus Argwohn und Besorgnis ansahen? Er hatte sich ins eigene Fleisch geschnitten. Er lächelte ein wenig angestrengt, nahm (er wusste nicht woher) eine lässige Haltung an und sagte:
    »Ah, das? Das war doch nur wegen Dottor Lattes, der …«
    »Hat er dich abgefangen? Hat er sich dir gegenüber im Ton vergriffen?«, fragte Musante verwundert.
    »Hat er dir irgendwelche Vorwürfe gemacht?«, legte Gullotta nach.
    War es möglich, dass nur einer von beiden redete? Nein, es war nicht möglich.
    Dick und Doof. Zwei Komiker im Duett.
    »Aber nein, das kommt alles nur daher, weil ich ihm erzählt hatte, dass meine Frau mit einem von außerhalb der Europäischen Union durchgebrannt ist …«
    »Aber du bist doch gar nicht verheiratet!«, erinnerte ihn Musante, bei dem alle Alarmglocken schrillten.
    »Oder hast du geheiratet und es uns nur nicht gesagt?«, überlegte Gullotta.
    »Nein, natürlich bin ich nicht verheiratet. Aber weißt du, weil ich ihm dann gesagt habe, dass meine Frau wegen der Kinder zurückgekommen sei …«
    »Du hast Kinder?«, fragte Gullotta völlig verblüfft.
    »Wie alt sind sie denn?«, legte Musante nach.
    Er gab auf. Er kam einfach nicht weiter. Ihm fehlten die Worte. Er nahm seinen Kopf zwischen die Hände.
    »Du fängst doch jetzt nicht auch hier drinnen an zu weinen?«, fragte Musante ihn in heller Aufregung.
    » Coraggio , nur Mut, es gibt immer einen Ausweg«, sagte Gullotta.
    Wie sollte er sich verständlich machen? Sollte er schreien? Ihnen eine reinhauen? Den Revolver herausziehen und sie zwingen, ihm zuzuhören? Aber dann würden sie ihn für völlig verrückt halten. Er versuchte, ruhig zu bleiben, und vor lauter Anstrengung begann er zu schwitzen.
    »Tut ihr mir den Gefallen und hört mir einfach nur mal fünf Minuten lang zu?«
    »Aber gewiss«, setzte der Chor wieder ein.
    »Es stimmt, dass ich geweint habe. Aber ich habe nicht richtig geweint.«
    »Aber gewiss.«
    Es war nichts zu machen, sie waren mittlerweile fest davon überzeugt, dass er irre redete, und behandelten ihn mit äußerster Vorsicht, indem sie ihm in allem recht gaben, wie man das bei Verrückten tut, um sie ruhig zu halten.
    »Mir geht’s gut, ich schwör’s euch«, sagte der Commissario. »Hört mir nur einfach mal ruhig zu.«
    »Aber gewiss.«
    Er erzählte ihnen die ganze Geschichte, von der Lektüre des Camilleri-Romans bis zu dem Telefongespräch mit Dottor Pasquano. Am Ende senkte sich eine nachdenkliche Stille über sie alle. Doch es kam ihm vor, als ob Musante und Gullotta ihre Meinung ein klein wenig

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