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Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache

Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache

Titel: Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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sich mit fünf Stundenkilometern vorwärtszubewegen, was selbst ihm zu langsam war, und dann musste er mehrfach länger als zehn Minuten ganz anhalten. Bei einem dieser Stopps ging ein Schutzmann dicht an ihm vorbei.
    »Entschuldigen Sie, ist was passiert?«
    »Wo?«
    »Hier. Warum der ganze Verkehr?«
    »Verkehr?!«, fragte der Schutzmann verblüfft.
    Das sollte wohl heißen, dass das alles normal war. Nach Gottes unergründlichem Ratschluss gelangte er irgendwann in Sichtweite der Hafenarkaden, erkundigte sich, wo der Zoll wäre, und kam auf dem Weg dorthin an drei hell erleuchteten Schaufenstern vorbei, in denen das Fleisch prangte wie seinerzeit die Juwelen bei Bulgari. Darüber stand in großer Leuchtschrift: »PECORINI – DER FLEISCHKÖNIG«. Ordnungsgemäß zu parken gehörte ins Reich der Fantasie, daher stellte er sein Auto schräg in eine Art aus den Angeln gehobene Haustoreinfahrt und stieg aus. Die Ähnlichkeit mit den früheren Schaufenstern von Bulgari wurde durch die Preisschilder verstärkt, mit der die verschiedenen Fleischstücke ausgezeichnet waren. Er betrat die Metzgerei, und es kam ihm vor, als würde er das Wartezimmer eines erstklassigen Schönheitssalons betreten. Sofas, Sessel, Tischchen. Vor dem hocheleganten Tresen standen Leute. Er setzte sich in einen Sessel, und auf der Stelle erschien eine Achtzehnjährige, die wie eine Kellnerin angezogen war, mit Häubchen und weißem Schürzchen.
    »Möchten Sie einen Espresso?«
    »Nein, danke, hier sind mir doch zu viele Leute, ich komme später wieder.«
    Als er aufstand, hob der Mann an der Kasse den Blick und sah ihn an.
    In diesem Augenblick wusste Montalbano zweierlei ganz sicher: erstens, dass dieser Mann Arturo Pecorini war, und zweitens, dass Pecorini ihn erkannt hatte, denn er hatte in seiner Bewegung innegehalten, als er einer Kundin das Wechselgeld herausgab. Vielleicht hatte er ihn ja im Fernsehen gesehen.
    Am Flughafen parkte er das Auto. Er musste sich ziemlich beeilen, denn es waren nur noch zwanzig Minuten bis zum Abflug. Er schaute, zu welchem Gate er musste, aber da stand nichts geschrieben. Er sah genauer hin: Sein Flug würde mit eineinhalbstündiger Verspätung starten. Und auch das war mittlerweile normal, genau wie der Verkehr.

Sechzehn
    Nachdem sie zusammen gefrühstückt hatten, fuhr Livia ins Büro. Als er allein war, zog er den Telefonstecker heraus, streifte eine Stunde lang durch die Wohnung, dann nahm er eine Dusche und zog sich an. Die folgende Stunde verbrachte er damit, zu rauchen und die Landschaft zu betrachten, die er von der Fenstertür aus sehen konnte. Danach fuhr er von Boccadasse nach Genua ins Aquarium, und nachdem er eine halbe Stunde lang in der Schlange angestanden hatte, konnte er endlich hinein. Er verbrachte den Vormittag halb versteinert, halb verzaubert inmitten von Fischen. Als es Zeit zum Mittagessen war, suchte er eine Trattoria auf, die Livia ihm empfohlen hatte. Wo immer er auch war, hatte er sich stets auf die lokale Küche eingestellt. Gesetzt den Fall, da war er sich ganz sicher, er würde sich irgendwann einmal in den gottverlassenen Bergregionen Afghanistans befinden und ein Kellner würde ihm sagen: »Wir haben da ein ausgezeichnetes Würmergericht mit frittierten Schaben als Beilage«, würde er sich eine Portion davon bringen lassen.
    Dieses Mal fragte der Kellner ihn:
    »Mit Pesto?«
    »Natürlich«, antwortete er.
    Doch als der Kellner ihm lauter Hauptgerichte mit Fisch aufzählte, hatte Montalbano gewisse Skrupel, sie zu verspeisen, nachdem er sie vorher so putzmunter im Aquarium hatte herumschwimmen sehen.
    »Könnte ich vielleicht ein Wiener Schnitzel haben?«
    »Klar, wenn Sie nach Wien fahren«, antwortete der Kellner.
    Er aß eine köstliche gebratene Seezunge und bat um Verzeihung. Nachdem er nach Boccadasse zurückgekehrt war, legte er sich hin. Um vier wurde er wach, stand auf und setzte sich wieder an die Fenstertür, um die Zeitung zu lesen, die er gekauft hatte. Generalproben für das Rentnerleben, sagte er sich halb amüsiert und halb desillusioniert.
    Livia kam um sechs.
    »Ich habe meiner Freundin Laura erzählt, dass du hier bist, und da hat sie uns eingeladen, das Wochenende in ihrer Villa in Portofino zu verbringen. Hast du Lust?«
    »Aber ich muss doch am Sonntagabend wieder in Vigàta sein.«
    »Machen wir’s doch so. Morgen früh fahren wir los, bleiben bis zum Sonntagvormittag dort, und nach dem Frühstück bringe ich dich zum Flughafen.«
    »Also

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