Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache
ungekrönten König von »Televigàta«.
»Nur wenige Worte, um hervorzuheben, was ja eigentlich für jedermann offenkundig ist, dass beachtliche Fortschritte gemacht wurden, seit die Ermittlungen im Fall des Ermordeten vom Critaru von Commissario Montalbano auf seinen Stellvertreter, Dottor Domenico Augello, übergegangen sind. Innerhalb von vierundzwanzig Stunden nämlich ist es Dottor Augello unter der Leitung von Ermittlungsrichter Tommaseo gelungen, mit nahezu hundertprozentiger Sicherheit die Identität des Mannes zu klären, der auf so bestialische Weise ermordet wurde. Erwähnt werden muss auch, dass in diesem besonderen Fall die enge Zusammenarbeit zwischen Ermittlungsrichter Tommaseo und seinem Kollegen in Reggio Calabria dieses respektable Ergebnis hervorgebracht hat. Dottor Augello hat uns außerdem darauf aufmerksam gemacht, wie die Umstände dieses Mordes auf alte Rituale der Mafia zurückgreifen, von denen man annahm, sie wären nicht mehr üblich. Zwar wollte der brillante Vicecommissario keinen Namen nennen, aber es ist offenkundig, dass er bereits eine genaue Vorstellung in dieser Hinsicht hat. Jedenfalls gehen unsere aufrichtigen Wünsche für weitere gute Arbeit an Dottor Augello, und gleichzeitig hoffen wir nachdrücklich, dass Commissario Montalbano sich weiterhin aus dieser Ermittlung heraushält. Und nun kommen wir zur Verhaftung zweier Regionalabgeordneter der Mitte-Rechts-Gruppierung wegen mutmaßlicher Verbindungen zur Mafia. Wir bringen der Staatsanwaltschaft tiefen Respekt entgegen, wenngleich wir nicht so tun können, als würden wir nicht merken, wie diese immer wieder nur in eine Richtung ermittelt. Wie ist es möglich, fragen wir uns als ehrliche Bürger …«
Montalbano schaltete aus. Alles war so gelaufen, wie er es vorausgesehen hatte. Er hatte eine Schachpartie begonnen und den ersten Zug gemacht (eigentlich hatte er ihn Mimì machen lassen, diesen ahnungslosen Spieler). Er hätte zufrieden sein müssen, aber er war es nicht. Er schämte sich für seine Vorgehensweise, aber ihm war kein anderer Weg eingefallen. Jetzt musste er nur so tun, als wäre er richtig wütend auf Mimì, und abwarten, dass der, der sich bewegen sollte, sich auch tatsächlich bewegte. Denn ganz sicher fühlte sich irgendjemand von Ragoneses Worten angesprochen und würde reagieren. Was bedeutete, dass er den zweiten Zug der Partie machen würde.
Das Telefon klingelte. Es war Fazio.
»Ah, Dottore, endlich! Vor gut einer Stunde habe ich versucht Sie zu erreichen und …«
»Ich habe das Klingeln gehört, habe es aber nicht mehr rechtzeitig geschafft.«
»Haben Sie die Nachrichten gesehen?«
»Ja.«
»Dottore, Sie können sich nicht vorstellen, wie oft ich versucht habe, Sie in Boccadasse zu erreichen, um Ihnen zu sagen, dass Dottor Augello …«
»Ich glaub’s dir, ich glaub’s dir. Ich Trottel hatte das Handy hier vergessen, und in Boccadasse war ich dauernd unterwegs. Entschuldige, mea culpa.«
»Ich wollte Ihnen noch sagen, dass Dottor Augello sich morgen früh mit Dottor Tommaseo und dem Signor Questore trifft.«
»Sollen sie sich doch treffen, mach dir keine Sorgen. Hör mal, weiß Mimì eigentlich, dass ich in Gioia Tauro war?«
»Und wer hätte ihm das verraten sollen?«
Augello kam am späten Vormittag ins Kommissariat. Er wirkte nicht gerade glücklich über das Treffen in Montelusa.
»Mimì, was hast du denn da für einen Blödsinn angestellt?«
»Ich?!«
»Ja, du. Gestern Abend habe ich Ragonese im Fernsehen gesehen. Ich habe dir doch gesagt, dass ich über jeden Schritt informiert werden will, den du unternimmst.«
»Aber, Salvo, wie hätte ich dich denn informieren sollen, wo du doch gar nicht da warst? Und außerdem, was hab ich denn groß Neues getan oder gesagt? Ich habe lediglich Tommaseo das berichtet, wovon Fazio mich in Kenntnis gesetzt hat.«
»Nämlich?«
»Dass du dachtest, der Tote wäre der Mann von Dolores Alfano und von der Mafia ermordet worden, weil er ein Kurier war, der Verrat begangen hatte. Nicht mehr und nicht weniger.«
Eigentlich hätte er Mimì umarmen und ihm danken müssen, aber das konnte er nicht.
»Aber du hast es auch den Journalisten erzählt!«
»Dazu bin ich von Tommaseo autorisiert worden.«
»Na gut. Wie ist das Treffen heute Morgen verlaufen?«
»Schlimm.«
»Warum?«
»Weil Tommaseo mit aller Vorsicht gegen Balduccio Sinagra vorgehen will. Er sagt, im Augenblick hätten wir nichts in der Hand. Aber da frage ich mich doch schon,
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