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Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman

Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman

Titel: Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Florin
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ja ganz bestimmt nicht gewesen, nämlich uneigennützig!«
    Pavarotti war plötzlich sehr müde. Er hatte seinen Exschwager trotz dessen weichlicher Art akzeptiert und gemocht. Jetzt aber spürte er Verachtung in sich aufsteigen. So ein Heuchler.
    »Als mir klar wurde, was für eine Chance das war, die Enoteca zu retten, da musste ich einfach handeln! Das verstehst du doch?«
    »Nein, das verstehe ich nicht, Albrecht«, gab Pavarotti leise zurück. »Ich verstehe bloß eins: Es hat dir verdammt gut in den Kram gepasst, dass Klaus Niedermeyer gar nicht anders konnte, als sich sofort auf deinen Fund zu stürzen. Damit konntest du den Verkauf torpedieren und selbst schön bequem im Hintergrund bleiben.« In seinem Kopf begann es zu pochen. Was für ein fürchterlicher Tag. Erst der Nervenzusammenbruch von Niedermeyer und dann noch das. Seine freundschaftlichen Gefühle zu Albrecht hatten sich weitgehend verflüchtigt.
    Pavarotti stand auf. »Geh heim, Albrecht, bevor du noch ganz in deinem Selbstmitleid aufgehst. Vorher hätte mich aber eins noch interessiert: Warum ist das Haus für dich überhaupt so wichtig? Ich kann mir nicht vorstellen, dass du jemals einen Cent in dieses Loch investiert hast. Warum also nicht einfach woanders einziehen? Du verdienst dein Geld doch eh nicht mit Laufkundschaft!«
    Albrecht war sitzen geblieben und schaute zu ihm hoch. Die Tränenspuren zeichneten sich rot auf seinen fülligen Wangen ab. Sein verheulter Zustand schien ihm nichts auszumachen.
    »Es ist wegen früher«, sagte er leise.
    Pavarotti wartete.
    »Unter dem Haus liegt ein großer Keller. Von dem führt ein verzweigtes unterirdisches Gängenetz hinüber zur Nikolauskirche und ganz hoch bis zu einer Einmündung auf den Tappeiner Weg. Ich hab’s zufällig entdeckt, kurz nachdem ich die Räume gemietet hab.«
    »Na und?«
    »Aus purer Neugier hab ich im Pfarrarchiv nachgeschlagen. Die Gänge sind dokumentiert, sie sind sehr alt, stammen wahrscheinlich schon aus dem vierzehnten Jahrhundert, als man mit dem Bau der Pfarrkirche begonnen hat. Wofür sie ursprünglich angelegt worden sind, konnte ich nicht rauskriegen. Aber ihren Verwendungszweck im letzten Jahrhundert schon. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Tunnels nämlich wieder benutzt. Ob du’s glaubst oder nicht: Die Geistlichen haben die Meraner Schulkinder nach der Sonntagsschule im Pfarrhaus durch diese Gänge zu meinem heutigen Wein- und Spirituosenkeller geführt. Dort bekamen sie dann noch einmal Unterricht, der überhaupt nicht konform ging mit dem offiziellen, von den Italienern abgesegneten Lehrplan. Da unten in meinem Keller wurde den Kindern die deutsche Sprache beigebracht. Und Südtiroler Volkskunde, Geschichte und solche Sachen. Ich hab unten sogar noch ein paar vergilbte Hefte in einer Truhe gefunden.«
    Pavarotti machte große Augen.
    Sein Schwager merkte, dass ihm die Überraschung gelungen war. Er lächelte freudlos. »Gell, da schaust! Unter meiner Enoteca war eine der berühmten Katakombenschulen.«
    Albrecht erhob sich und wandte sich zum Gehen. Die Klinke bereits in der Hand, drehte er sich noch einmal um. »Mir ist schon klar, dass du von mir jetzt furchtbar enttäuscht bist.« Er zögerte kurz, dann sprach er weiter, diesmal mit festerer Stimme. »Ich hab dir ja mal erzählt, dass mein Vater aktiv den Befreiungsausschuss unterstützt hat. Und das als deutscher Beamter. Der Vater war ganz bestimmt kein Held, doch für diese Sache hat er seinen ganzen Mut zusammengenommen. Seine Pension hätt er verlieren können. Er würde es mir nie verzeihen, wenn ich die Katakombenschule einfach so …«, Albrecht blinzelte, »… einfach so den Baggern überlassen würde. Und Welschen noch dazu. Deswegen ging’s nicht anders, tut mir leid, echt.«
    Grußlos schlüpfte Albrecht aus der Tür und zog sie sanft hinter sich zu.
    * * *
    Gute vier Stunden nach dem Beginn der Tour saßen sich Lissie und Pavarotti in der total überheizten Hütte der Vöraner Alm gegenüber und hatten jeder ein großes Glas Buttermilch mit dicken Molkeklumpen darin vor sich stehen. Mmm, machte Lissie und leckte sich genüsslich die Milchreste von den Lippen. Über den Rand ihres Glases hinweg streifte sie ihr Gegenüber mit einem schnellen, prüfenden Blick.
    Der Commissario merkte, dass Lissie ihn musterte, und legte die Arme eng an den Körper, aber das kaschierte wenig. Er hatte wegen der höllenfeuerähnlichen Hitze, die der Kachelofen absonderte, wieder zu schwitzen begonnen, noch

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