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Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman

Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman

Titel: Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Florin
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mal etwas allein zustande bringt, oder sollte ich mir vielleicht doch langsam eine Zweitwohnung in Meran suchen?«
    Schweigen. Der jüngere, Brunthaler hieß er, schaute betreten auf seine Schuhspitzen und trat in vorauseilendem Gehorsam seine Zigarette auf dem Trottoir aus. Der andere, Emmenegger, der den Witz gerissen hatte, grinste noch und balancierte seinen Glimmstängel provozierend im Mundwinkel.
    »Hopp, hopp, Emmenegger, weg mit dem Stinkrohr«, befahl Pavarotti. Die beiden Figuren wussten von früheren Ermittlungen ganz genau, dass Pavarotti den Qualm nicht leiden konnte, noch nicht mal im Freien. Aber Emmenegger war immer schon ein wenig renitent gewesen.
    Pavarotti strich sein volles schwarzes Haar glatt, durch das sich bereits Silberfäden zogen, und bewegte seine Massen zum ein paar Schritte entfernten Laubendurchgang, der notdürftig mit einem rot-weißen Absperrband gesichert war. Ein Pulk Schaulustiger hatte sich angesammelt und gaffte ihn an.
    Pavarotti war im vergangenen Vierteljahr bereits zwei Mal zu Ermittlungen der Meraner Polizei hinzugezogen worden. Beim ersten Fall war er formal gar nicht zuständig gewesen, denn Hoteldiebstähle waren eigentlich Sache der Ortspolizei, auch wenn es sich um Einbrüche in großem Stil handelte. Beim zweiten Mal hatte man ihn aus Bozen herbeizitiert, nachdem ein häusliches Eifersuchtsdrama in Dorf Tirol eskaliert war. Der Ehemann hatte seine Frau mit einem Golfschläger niedergestreckt und war anschließend verschwunden. Pavarotti grinste, als er daran dachte, wie er ihn im Golfclub in Lana aufgespürt hatte. Der Mann war gerade dabei gewesen, sich völlig ungerührt in die Teilnehmerliste für das nächste Wettspiel einzutragen. Nachdem er das zu Ende gebracht hatte, ließ er sich widerstandslos abführen. Total übergeschnappt, natürlich. Es war kein großes Kunststück gewesen, die beiden Fälle aufzuklären.
    Aber das waren Ausnahmen. Bei komplizierter gelagerten Schwerverbrechen in Meran hatte Pavarotti eine geringe Aufklärungsquote, die ihn wurmte. Ohne Opfer und Umstände zu kennen, beschlich ihn schon jetzt die Angst, auch bei diesem Fall wieder zu versagen, und er konnte fühlen, wie ihn die Frustration nach unten zog und seine Motivation unterminierte.
    Normalerweise konnte man zu Beginn einer Mordermittlung an ein paar Punkten ansetzen. Es gab erste Spuren aus dem Hintergrund des Opfers, oder es meldete sich ein Zeuge. Eins kam zum anderen, und im Laufe der Zeit wuchs der Fall zu einem wabenartigen Gebilde heran, mit verzweigten, sich aber manchmal berührenden Ermittlungssträngen und einer ganzen Reihe möglicher Motive. Die Schwierigkeit bestand darin, die Fäden zu entwirren und das Grundmuster des Falles zu entschlüsseln. Ohne besonders stolz darauf zu sein, wusste Pavarotti, dass er diesen letzten, entscheidenden Ermittlungsschritt so gut beherrschte wie kaum ein zweiter Commissario in Südtirol. Doch was nutzte ihm das hier schon?
    Das Problem war, dass in Meran seine Fähigkeiten zum Entschlüsseln eines Falles erst gar nicht zum Einsatz kamen. Von vielversprechenden Hinweisen und Spuren konnte hier keine Rede sein. Die Meraner klappten der italienischen Polizei gegenüber aus Prinzip den Mund zu, Ende der Ermittlungen. Wenn es um einen der Ihren ging, hielten die Hiesigen eisern zusammen. Dass Pavarotti den Grund für dieses Verhalten kannte, machte die Sache auch nicht einfacher. Meran war vor fünfzig Jahren eine der Hochburgen des Widerstands gegen den italienischen Einfluss in Südtirol gewesen. Die Meraner hatten auch heute noch nicht allzu viel für den italienischen Staat übrig, auch nach vierzig Jahren Südtiroler Autonomie nicht.
    Pavarotti gestand sich ein, dass es ihm von jeher schwerfiel, Südtirolern gegenüber einen unbefangenen Ton anzuschlagen. Deshalb fühlte er sich außerhalb der vier Wände seines Bozner Büros oft unbehaglich. Die Repressalien, die sich seine Landsleute hier vor der Autonomie geleistet hatten, bedrückten ihn und standen ihm bei seinen Ermittlungen im Weg.
    Auf der anderen Seite stieg die kalte Wut in ihm hoch, wenn er an die Gleichgültigkeit dachte, mit der es die Meraner mit ihrem Mangel an Kooperationsbereitschaft in Kauf nahmen, dass Schwerverbrecher durch das Netz schlüpfen konnten. Pavarotti wurde das Gefühl nicht los, dass ein Krimineller in ihren Augen auch nicht viel schlimmer war als der italienische Ermittler, mit dem sie es zu tun bekamen. Er reckte sein Kinn vor. Diesmal würde er

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