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Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman

Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman

Titel: Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Florin
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zwei sprangen auf dem rutschigen Steig richtiggehend den Berg hinunter. Lissie, die versuchte, sich ihrer Geschwindigkeit anzupassen, wäre ohne den pausenlosen Einsatz ihrer Stöcke, die ihre Unsicherheiten abfederten, bestimmt mehr als einmal auf der Nase gelegen.
    Als Lissie sah, dass sie die Stelle fast erreicht hatten, brüllte sie nach unten: »Wir sind gleich da!«
    Einer der beiden Helfer fiel etwas zurück und wartete auf sie. Er fragte, ob sie bereits Erste Hilfe geleistet hatte, und hörte sich ihren keuchend vorgetragenen Bericht an.
    Als sie beim Verletzten ankamen, sah Lissie, dass er sich nicht bewegt hatte. Sie vermutete schon das Schlimmste, doch einer der beiden Männer, zwei Finger am Handgelenk des Verletzten, nickte. Lissie atmete auf. Der Kleine war nur weggetreten. Hoffentlich war es nicht zu spät. Noch am Unfallort erhielt der Junge eine Infusion und wurde auf die Trage geschnallt.
    Dann ging es etwas langsamer wieder nach oben, in Richtung Hubschrauber. Trotzdem fühlte Lissies Lunge sich an, als ob sie gleich bersten würde.
    »Wo bringen Sie ihn hin?«, brachte Lissie hervor, als der Rettungshubschrauber bereits startklar war.
    »Ins Unfallkrankenhaus nach Bozen«, schrie ihr der Pilot zu und gab ihr durch eine ungeduldige Bewegung zu verstehen, sie solle sich schleunigst aus dem Bereich der Rotorblätter entfernen. Dann nickte er ihr zu, und der Hubschrauber hob ab.
    Eine Minute später war der Spuk vorbei, und Lissie stand allein und vor Kälte zitternd auf der nebligen Hochfläche. Wenn ihre körperliche Verfassung nicht gewesen wäre, hätte die ganze Rettungsaktion genauso gut ein Tagtraum gewesen sein können.
    Als Lissie zum zweiten Mal an diesem Tag die Leadner Alm erreichte, hatte sie starken Schüttelfrost. Kaum dass sie sich bis zur Eingangstür geschleppt hatte, wurde die auch schon aufgerissen, und die Loipfertingerin legte ihr eine nach Viehstall stinkende Decke um die Schultern.
    »Ich hab den Hubschrauber gehört und aus dem Fenster geschaut«, hatte die alte Frau erklärt.
    Bevor Lissies Beine ihr vor lauter Kälte und Erschöpfung den Dienst versagten, hatte die Loipfertingerin sie ins Badezimmer gezerrt und ins heiße Wasser geschubst. In voller Montur. Erst als Lissie keuchend drinlag, zog ihr die Loipfertingerin mit einem unerwartet kräftigen Ruck das T-Shirt über den Kopf.
    * * *
    Als die Loipfertingerin merkte, dass ihr Gezeter gegen Lissies Entschluss nicht fruchtete, den Rückweg nach Meran am Abend erneut anzutreten, gab sie schließlich nach. Allerdings nur unter der Bedingung, dass sich Lissie von ihr zurück ins Tal kutschieren ließ. Dagegen war aus Lissies Sicht nichts einzuwenden. Sie hatte definitiv keine Lust, sich hier oben auf der Alm weiter bemuttern und verhätscheln zu lassen.
    Schnell packte sie ihre Sachen. Während sie ihre Toilettenartikel im Bad einsammelte, hörte sie, wie die Loipfertingerin in ihr Zimmer hinein- und wieder herausrumpelte. Sie wollte schon ihren Kopf aus der Tür strecken, zuckte dann aber mit den Schultern und machte sich reisefertig.
    Danach wollte sie ihren Rucksack mit Schwung auf den Rücken setzen, ließ ihn aber mit einem entsetzten Ausruf wieder auf den Boden sinken. Der Rucksack fühlte sich bleischwer an. Lissie fasste hinein und förderte drei riesige Räucherschinken zutage. Sie seufzte. Dann packte sie ohne viel Begeisterung einen davon wieder ein. Am liebsten hätte sie alle drei dagelassen, doch sie wollte die alte Frau nicht brüskieren. Die Loipfertingerin meinte es natürlich nur gut, aber was zur Hölle sollte Lissie mit drei monströsen Schinken? Sie schnüffelte und verzog das Gesicht. In ihrem Rucksack stank es jetzt wie in einer Räucherkammer. Das hieß mindestens eine Woche Auslüften auf dem Balkon, wenn sie wieder zu Hause im Taunus war.
    * * *
    Als die beiden Frauen in dem klapprigen VW der Loipfertingerin den schmalen Fahrweg nach Meran hinunterruckelten, schielte Lissie zu der alten Dame hinüber. Sie fuhr schweigend und konzentriert, das Lenkrad mit beiden Händen fest im Griff. Die Mundwinkel der Loipfertingerin krümmten sich ganz leicht nach oben. Lissie vermutete, dass die alte Frau den ganzen Trubel ziemlich genoss. Endlich war mal etwas los, und dann hatte sie noch die Heldin des Tages als Logiergast gehabt! Für alte Leute war Langeweile schlimm, das wusste Lissie von ihrer Mutter, die mittlerweile im Heim war und permanent jammerte, dass sich nichts tat.
    Als sie die Ausläufer Merans

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