Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman
Magistrat tuschelt man schon hinter vorgehaltener Hand. Ich bin auch schon auf deine Trinkerei angesprochen worden, habe das aber natürlich in deinem Sinne heruntergespielt.« Edithas Gesicht, schon im Normalzustand kantig und maskenhaft, war starr geworden. Pavarotti grinste spöttisch. Er wusste, dass er bei gezielten Schlägen unter die Gürtellinie eine gute Rückhand hatte, bei der seine Schwester nicht mithalten konnte.
»Was willst du?«, knurrte sie schließlich.
Punkt, Satz und Sieg, dachte Pavarotti. »Nachdem wir jetzt unser liebevolles geschwisterliches Geplänkel hinter uns gebracht haben, das einem Tag erst die richtige Würze verleiht, könntest du mir verraten, wie du und dein aktueller Kunde bei eurem ersten Tête-à-Tête harmoniert habt.«
»Ich nehme an, du redest von Karl?«
»Hast du ihn gekannt – ich meine, lebend?«
»Lass deine geschmacklosen Witze. Natürlich hab ich Karl Felderer gekannt. Wie praktisch jede Frau in Meran. Du hast ja wohl schon gehört, dass er kein Kostverächter war.«
»Du willst mir jetzt doch nicht erzählen, dass er es auch bei dir versucht hat?«
»Hat er, aber nicht sehr. Ich habe ihm nämlich ziemlich klar zu verstehen gegeben, dass er nicht meine Kragenweite ist«, versetzte Editha, dünn lächelnd.
Sie hat ihre Fassung wiedergewonnen, dachte Pavarotti. Ich muss mich beeilen, um noch ein paar Informationen aus ihr herauszuholen, oder noch ein wenig Öl ins Feuer gießen. »Aber meine gute Editha, das nehme ich dir nicht ab. Ich glaube, es verhielt sich umgekehrt. Karl stand wohl eher auf was Feminines, und nicht so sehr auf flachbrüstige Frauen, die ihre Kerle dressieren wollen. Ich habe läuten hören, dass du’s probiert hast, er aber schleunigst das Weite gesucht hat. Na ja, jetzt hast du ihn ja.«
Editha explodierte erwartungsgemäß. »Wer auch immer dir das gesteckt haben sollte, geh davon aus, dass das eine gemeine Verleumdung ist! Bei mir herrscht kein Sexnotstand wie bei dir, und ich muss nicht Typen wie Karl Felderer anbaggern. Wie ich gehört habe, soll er es im Bett eh nicht gebracht haben. Jetzt sag mir, was du wissen willst, und dann hau endlich ab!«
Na also, die Schleusentore standen weit offen. Pavarotti verkniff sich um der guten Sache willen eine Replik zum Thema »Sexnotstand«. Dazu hätte es einiges zu sagen gegeben. Ein andermal. »Nun denn, meine Liebe, bringen wir es hinter uns: Todesursache, Todeszeitpunkt, besondere Ergebnisse?«
»Keine Sensationen, bis auf zwei kleine Auffälligkeiten, dazu komme ich gleich. Karl war völlig gesund, abgesehen vom Zustand seines Kopfes. Einfach ausgedrückt, sodass auch du mir folgen kannst: Jemand hat ihm mit einem schweren Gegenstand den Schädel eingeschlagen. Es waren insgesamt drei Attacken, so viel lässt sich aus den Kopfwunden ablesen. Da wollte offenbar jemand wirklich auf Nummer sicher gehen, oder es war erhebliche Wut im Spiel. Aber ich will einem in Meran so gut vernetzten Kriminologen wie dir natürlich nicht vorgreifen. Du wirst sicher in null Komma nichts das Motiv herausfinden.« Editha lächelte fast verschmitzt, weil sie diese kleinen Spitzen hatte anbringen können.
»Hat er nach den Hieben noch gelebt?«
»Es ist möglich, dass er noch ein paar Minuten bei Bewusstsein war, allerdings ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass er weder zu Bewegungen noch zu Hilferufen fähig war. Es sieht so aus, als sei er nach den Attacken zusammengesunken und wenig später in dieser Stellung gestorben.«
»Wie gut lässt sich der Todeszeitpunkt eingrenzen?«
»Oh, damit gibt es keinerlei Probleme. Wir kennen ja alle relevanten Faktoren. Ich war heute Morgen noch einmal da, habe mich von der Fetten, der die Weinstube gehört, herumführen lassen und Messungen vorgenommen. In dem Durchgang herrscht eine deutlich kühlere Temperatur als in den Lauben, die durch den angrenzenden Wein- und Speckkeller noch zusätzlich niedrig gehalten wird. Dieses Faktum ist bei der Bestimmung des Todeszeitpunkts natürlich zu berücksichtigen. Vor dem Hintergrund der besonderen Verhältnisse der Meraner Gewölbe …«
Pavarotti feixte innerlich, achtete aber darauf, seine Gesichtszüge zu beherrschen. Wenn seine Schwester die Möglichkeit zum Dozieren erhielt, dann war sie meistens nicht mehr zu stoppen. Als Pavarotti sich nach einer Minute wieder mental in das Gespräch einklinkte, war Editha gerade beim entscheidenden Punkt angelangt.
»Nach Berücksichtigung aller
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