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Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman

Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman

Titel: Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Florin
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Menge vertrug. Aber irgendwann machte auch bei ihr der Körper nicht mehr mit. Das galt vor allem für ihren Denkapparat. An diesem Morgen konnte sie nur mit Mühe die Ereignisse des Vorabends rekapitulieren. Hatte sie eigentlich irgendetwas erfahren? Und falls ja: Hatte ihr benebeltes Gehirn es geschafft, die entscheidenden Informationen zu speichern? Lissie sog ihre Lungen voll Luft, um ihrem Denk- und Gedächtnisorgan mit ein wenig Sauerstoff auf die Sprünge zu helfen.
    Also, wie war das gestern gewesen? Gegen sieben Uhr war sie zum Abendessen heruntergekommen. Sie erinnerte sich, eine im Restaurant verloren herumstehende Louisa vorgefunden zu haben, die ein paar missglückte Versuche unternahm, die wenigen Gäste zu begrüßen. Spontan hatte Lissie beschlossen, die Gelegenheit beim Schopf zu packen.
    Einige Minuten lang hatte sie die unbeholfenen Gesten der Frau beobachtet, die mit ihrer neuen Rolle im Hotel offensichtlich überfordert war. Es war ganz klar, dass sie das erste Mal Repräsentationsaufgaben übernehmen musste. Ihr Mann machte ja höchstens noch in der Gerichtsmedizin oder beim Bestatter eine gute Figur. Und Felderer senior glänzte an dem Abend durch Abwesenheit.
    Ihre Schwangerschaft erleichterte es Louisa natürlich nicht gerade, sich elegant zwischen den Tischen hindurchzubewegen. Als sich die Frau schließlich bis zu ihrem Tisch vorgearbeitet hatte, verwickelte Lissie sie problemlos in ein Gespräch. Sie musste schmunzeln, als sie sich daran erinnerte, wie entspannt Louisa plötzlich ausgesehen hatte. Die junge Witwe war froh gewesen, sich mit jemanden unterhalten zu können, der ihr die Gesprächsführung abnahm. Aus einem Glas Wein, zu dem sich die beiden Frauen nach dem Abendessen an der Hotelbar verabredet hatten, waren dann ein paar mehr geworden, vor allem bei Lissie. Der Mädelsabend endete in den Privaträumen der Felderers im Anbau hinter dem Hotel. Insgesamt hatten sie drei Flaschen eines weißen Châteauneuf-du-Pape, Jahrgang 2001, geleert, ein Juwel des hauseigenen Weinkellers. Es handelte sich um den Lieblingswein des verstorbenen Karl Felderer, wie sie von ihrer neuen Freundin erfuhr. Louisa hatte beim Öffnen der ersten Flasche boshaft gelächelt und Lissie aufgefordert, es sich schmecken zu lassen. »Er trinkt ihn nimmer«, hatte sie gesagt.
    »Wenn die Verbandsspießer wüssten, dass der beste Tropfen in unserem Keller kein Südtiroler, sondern ein Franzose ist«, kicherte die junge Witwe, als sie die zweite Flasche öffnete.
    »Na, ein Glück, wenigstens ist es kein Italiener«, hatte Lissie trocken angefügt und schallend gelacht. In dem Moment war ihr aufgegangen, dass sie schon mächtig angeschickert sein musste. Denn in nüchternem Zustand fand sie Leute, die über ihre eigenen Witze lachten, komplett niveaulos.
    Angeekelt schüttelte Lissie den Kopf. Der Boden unter ihr schwankte leicht, ihr Magen auch. Ihr war übel, auch jetzt noch, am späten Vormittag. Lissie musste rülpsen. Aber es gelang ihr, die Ereignisse des Vorabends Stück für Stück zu rekonstruieren. Dabei wurde ihr klar, dass die Informationen, die sie erhalten hatte, ihren dicken Kopf wert waren. Außerdem hatte sie eine gute Tat vollbracht. Sie hatte es geschafft, die schwangere Louisa weitgehend vom Trinken abzuhalten. Leider hatte sich die Kleine immer wieder großzügig nachgeschenkt, am Schluss immer schneller. Was bedeutete, dass Lissie jedes Mal, wenn Louisa aufs Klo oder zum CD -Player ging, in Windeseile ihr Weinglas schnappen, bis auf einen kleinen Rest austrinken und mit Mineralwasser auffüllen musste.
    »Prost – auf den, der’s war«, hatte Louisa dann schließlich bei der dritten Flasche gemurmelt und in ihr Glas geheult.
    Lissie hatte gar nichts mehr gesagt. Sie war vollauf damit beschäftigt gewesen, ihren Magen in Schach zu halten.
    Sie rülpste noch einmal, diesmal laut, und schaute sich erschrocken um. Gott sei Dank, in der Seitengasse, die vom Sparkassenplatz in Richtung Via delle Corse führte, hielt sich außer ihr niemand auf. Lissie blinzelte. Ihre Augen brannten höllisch. Die Augentropfen, die sie für solche Fälle stets bei sich trug, lagen ausgerechnet heute außerhalb ihrer Reichweite im Badezimmer ihrer Suite. Lissie fluchte. Sie war derzeit einfach nicht gut organisiert, das war das Problem. Zufällig warf sie einen Blick ins Schaufenster des Brillengeschäfts neben dem Café Algund, das seinen Umsatz offenbar mit teueren Designer-Sonnenbrillen für Touristen machte,

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