Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman
fotografieren zu lassen.
»Ich habe sie gewarnt, aber umsonst«, zeterte Editha. »Greta war ja von ihrem Mann eh schon gewohnt, zu parieren. Auf den Zug brauchte Felderer nur aufzuspringen. Außerdem war die Greta zunehmend von ihm abhängig. Sexuell, meine ich. Komisch, eigentlich. Denn sie hat an einem Abend, als sie mal sauer auf ihn war, die Bemerkung fallen lassen, dass er im Bett eine ziemliche Niete sei. Trotz seines Macho-Gehabes.«
»Welche Begründung hat Felderer Greta denn für die Aufnahmen gegeben? Er wird sich ja nicht einfach kommentarlos einen Fotoapparat geschnappt und angefangen haben, Nahaufnahmen von ihrer Bikinizone zu machen, oder etwa doch?«
Es gluckerte amüsiert aus dem Hörer. Seine Schwester hatte die Nase offensichtlich wieder über Wasser. »Greta ist lieb, aber nicht die Schlaueste. Karl hat offenbar gesagt, er wolle die Fotos als Stimulans ständig bei sich tragen.«
»Und das hat sie geglaubt?«
»Beim ersten Mal schon. Aber bei ihrem letzten Schäferstündchen im Gilf, als Karl sich überhaupt nicht mehr so verhielt, als fände er Greta begehrenswert, sind ihr doch Zweifel gekommen. Einen Austausch von Zärtlichkeiten gab es dann gar nicht mehr. Karl schubste sie bloß grob aufs Bett und befahl ihr, sich auszuziehen. Da schwante ihr wohl, dass es ihm gar nicht um sie, sondern eigentlich nur um die Fotos ging. Als ich nach Hause kam, saß sie heulend auf meiner Terrasse.«
Editha hatte an diesem Abend ihrer Freundin geraten, Schluss zu machen. Die Affäre sei dubios und entwickle sich in eine gefährliche Richtung. Es sehe ganz danach aus, als ob Felderer einer dieser Perverslinge sei, die nur unter Gewaltanwendung einen hochkriegten. Vielleicht stecke sogar noch Schlimmeres dahinter. Editha sagte, ihr sei im Laufe dieses Gesprächs sogar der Gedanke gekommen, dass Karl ihre Freundin mit den Fotos erpressen wolle. Aber warum bloß, habe Greta gemeint, und angstvoll den Kopf geschüttelt.
»Gestern haben wir dann den Schlüssel für das Apartment im Gilf zurückgegeben«, sagte Editha. »Greta war so durcheinander, da bin ich mitgegangen.«
Pavarotti atmete tief durch. »Editha, wie es aussieht, hat Karl Felderer Abzüge gemacht. Wo sind diese Fotos, und wo ist die Kamera mit dem Speicherchip?«
»Luciano, glaub mir oder lass es bleiben – ich weiß es nicht. Ich hab Greta nach dem Mord danach gefragt. Sie ist richtig panisch. Offenbar hat sie eine irre Angst, dass irgendjemand diese Aufnahmen in die Hände bekommen hat. Vielleicht glaubt sie ja, ihr Mann hat sie. Jedenfalls ist Greta keine gute Schauspielerin. Ich nehme ihr ab, dass sie nichts weiß. Aber das musst du selbst beurteilen.« Nach einer kurzen Pause fuhr sie fort: »Hast du übrigens überprüft, was der Tote bei sich hatte? Vielleicht waren die Fotos bei der Leiche. Ruf zur Sicherheit lieber noch mal bei Kohlgruber an. Der steht ja manchmal auf dem Standpunkt, wer nicht fragt, kriegt keine Antwort. Du weißt schon.«
Pavarotti durchfuhr es siedend heiß, weil er nicht von selbst draufgekommen war. Er bedankte sich bei Editha. Man verabschiedete sich halbwegs höflich. Eine Premiere.
Nach seinem Anruf bei Kohlgruber, der am Ende des Gesprächs tödlich beleidigt gewirkt hatte, legte Pavarotti seine Stirn in Falten und dachte nach. Bei der Leiche waren keine Fotos gewesen. Er steckte sein Handy zurück in die Jackentasche. Komisch, Felderer hatte auch kein Mobiltelefon dabeigehabt. Wo war es abgeblieben? Ein weiteres Rätsel, dem Pavarotti nachgehen musste. Nur sein Portemonnaie, einen Schlüsselbund und ein benutztes Taschentuch hatte der Tote bei sich getragen.
Pavarotti fuhr sich über den Nasenrücken. Das alles hätte er schon viel früher überprüfen müssen. Er seufzte tief. Ein Handy hätte ihm Aufschluss über die Telefonate von Felderer am Mordtag und in der Mordnacht gegeben. Hatte es der Mörder mitgenommen, weil das Gerät einen Hinweis auf ihn enthielt? Er erinnerte sich, dass Lissie ihm von einem Anruf erzählt hatte, den Karl Felderer in ihrer Gegenwart angenommen hatte. Unfreundlich hatte Felderer dabei gewirkt. War Niedermeyer der Anrufer gewesen?
Er schüttelte die Gedanken ab. Im Moment führten sie zu nichts. Sein wichtigster Anhaltspunkt waren jetzt die Fotos. Pavarotti stieß einen Fluch aus. Vielleicht hatte Greta seine Schwester ja doch belogen. Vielleicht hatte sie selbst ihren Lover ermordet, die Fotos mitgenommen und vernichtet. Sollte sein Verdacht gegen Klaus Niedermeyer
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