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Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman

Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman

Titel: Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Florin
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Kopfform, die hohlen Wangen und die vorspringende Nase hatte sie beim alten Felderer gesehen. Lissie hatte einen guten Blick für Gesichter und wusste sofort, dass sie sich nicht täuschte. Aufmerksam betrachtete sie Emil Felderer, wie er als Dreißigjähriger ausgesehen hatte, und da fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Fotos, das war es. Alte Aufnahmen konnten ihr helfen, mehr über Emil Felderer herauszufinden. Mittlerweile war sie sich so gut wie sicher, dass der Mord an seinem Sohn mit Ereignissen zu tun hatte, die vor langer Zeit passiert waren. Das Drama, von dem ihr die alte Bäuerin auf der Leadner Alm erzählt hatte, ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Sollte Pavarotti doch gegen Niedermeyer ermitteln, bis er schwarz wurde. Am Ende würde er eingestehen müssen, dass Lissie das bessere Gespür gehabt hatte.
    Lissie nahm die Kugel auf und probierte ihr Gewicht aus. Dann ging sie zur Bahn, lief an und setzte die Kugel zu ihrer eigenen Überraschung weich auf. Donnernd rollte das Ungetüm die Bahn entlang, riss die Kegel um und verschwand mit lautem Kollern in der Fallgrube. Alle Neune. Lissie grinste und verließ die Kegelbahn. Sie wusste noch, wo das Redaktionsbüro der »Dolomiten« lag. Es war nicht weit.
    * * *
    Im Bereitschaftsraum klingelte das Telefon. Brunthaler beäugte den Apparat und sah sich um. Außer ihm war sonst keiner im Raum, der abheben konnte. Brunthaler wartete, aber es schellte weiter. Schicksalsergeben näherte er sich dem Apparat.
    »Polizei Meran, Brunthaler.« Seinen Namen flüsterte Brunthaler fast, als könnte er damit erreichen, unerkannt zu bleiben. Aber das klappte nicht.
    »Brunthaler, haben Sie eigentlich nach der Festnahme von Niedermeyer dessen Villa gründlich durchsucht, wie ich es angeordnet hatte?«, bellte Pavarotti grußlos ins Telefon.
    Ein Eishauch durchfuhr Brunthaler. Er hatte an dem Nachmittag eine frühe Verabredung gehabt. Betreten wechselte er seine Fußstellung.
    »Nun …« Schuldbewusst ließ er das Wort ausklingen. Stille. Dann hörte er Geräusche aus dem Telefon, bei denen sich ihm die Nackenhaare aufstellten, ein Knurren, anschließend ein Pfeifen, als ob Überdruck aus einem Kessel entwich. Anschließend wurde aufgelegt, erneut grußlos.
    Scheiße. Vermutlich würde Pavarotti in wenigen Minuten durch die Tür stürmen. Brunthaler hatte schon lange den Verdacht, dass Pavarotti sich einen Spaß daraus machte, ihn möglichst schon vor seinem Eintreffen im Büro telefonisch zusammenzufalten, um ihn dann als zitterndes Häufchen Elend problemlos vom Boden der Wache kehren zu können.
    Das einzig Gute war, dass ihm beim zu erwartenden Anschiss wenigstens die Anwesenheit Emmeneggers erspart blieb, weil der freihatte. Nicht dass Emmenegger ihn richtiggehend gehänselt hätte. Emmenegger hatte es nicht so mit dem Reden, er würde bloß sein Dauergrinsen aufsetzen und Brunthaler mit seinen Glubschaugen durchs ganze Zimmer verfolgen. Brunthaler würde diesen Blick den ganzen Tag im Rücken spüren und sich vorkommen wie ein Schmetterling, der verzweifelt im Käscher herumzappelt und gleich mit einer Stecknadel ans Brett genagelt wird.
    Brunthaler wusste, dass sich Emmenegger nicht vor dem Alten, diesem Eisblock, fürchtete. Wie er das anstellte, wusste Brunthaler aber nicht. Er glaubte nicht, dass der Chef von Emmenegger mehr hielt als von ihm.
    Brunthaler seufzte und wischte sich über den trotz seiner kaum dreißig Jahre schon stark zurückweichenden Haaransatz. Er setzte sich an seinen Schreibtisch, hängte vorsichtshalber das Telefon aus und starrte aus dem Fenster hinaus auf den Kornplatz. Was für ein Menschengewimmel, lauter fröhliche Fremde, die laut um die Wette schnatterten und die milde Witterung genossen.
    Mit seinem Schicksal hadernd, wandte sich Brunthaler ab und schickte den unzähligen Flüchen, mit denen er seinen Vater zu verwünschen pflegte, der mit Gewalt einen Mann aus ihm machen wollte, einen besonders saftigen hinterher.
    * * *
    Brunthaler hätte keine Angst zu haben brauchen. Pavarotti hatte keineswegs die Absicht, einen Zwischenstopp auf der Dienststelle einzulegen. Der Commissario rief Emmenegger zu Hause an, beorderte den Sergente – pronto! – zu Niedermeyers Privathaus und bereitete damit dem Urlaubstag seines Untergebenen genüsslich ein abruptes Ende.
    Zehn Minuten nach dem Telefonat war Pavarotti als Erster vor Ort, in der guten Stube der Niedermeyer’schen Villa in Dorf Tirol. Sofern man dies überhaupt als gute Stube

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