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Commissario Tron 5: Requiem am Rialto

Commissario Tron 5: Requiem am Rialto

Titel: Commissario Tron 5: Requiem am Rialto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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sagte ihr,
dass sie jetzt in Sicherheit war. Dann gaben ihre Beine nach und
sie sank zu Boden. Das Letzte, was sie sah, bevor sich eine
gnädige Ohnmacht über sie breitete, war das Bild eines
perlenbesetzten Kleides, das im Schaufenster eines Ladens an der
Piazza hing.

30
    Trotz des
bombastischen Namens war das Hotel Imperiale nicht mehr als eine
mittelgroße Absteige mit abblätternder Fassade, die
überwiegend von Laufkundschaft aus den nahegelegenen
Etablissements frequentiert wurde, also ein Stundenhotel. Das sich
allerdings, ähnlich wie die Pensione Seguso, einen
seriösen Anstrich gab. Dementsprechend trug Signor Crespi, der
Besitzer, einen tadellosen Gehrock. Die kleine Lobby
präsentierte sich als Empfangshalle einer harmlosen
Familienpension. Auch der Mann und die junge Frau, die gerade die
Treppe herunterkamen, als Tron und Bossi das Imperiale betraten,
hätten auf den ersten Blick als normale Reisende durchgehen
können. Nur dass die junge Frau zu viel Rouge aufgetragen
hatte und ebenso wie der Mann beim Anblick von Bossis Uniform
sofort nervös guckte. Sie gaben den Schlüssel ab, nickten
Signor Crespi flüchtig zu und verdrückten sich eilig. Von
den beiden Sergenti, die Bossi bereits vorausgeschickt hatte, war
nichts zu sehen.
    «Ich habe Ihren
Leuten zwei Stühle und ein paar Getränke nach oben
bringen lassen», sagte Signor Crespi, nachdem er Tron und
Bossi mit einer höflichen Verbeugung begrüßt hatte.
«Sie sitzen vor der Tür. Dritter Stock, Zimmer
vier.»
    Er sprach in einem
Ton, als wäre die Ergreifung des Ausweiders Teil des normalen
Hotelbetriebes. Obwohl Signor Crespi groß und hager war,
erinnerte er Tron an den dicken Concierge in der Pensione
Seguso.   
    «Und der
Mann?»
    «Liegt gefesselt
auf dem Bett. Seine Verwundung ist weniger schwer, als es
zunächst den Anschein hatte. Er war sogar in der Lage zu
sprechen.»
    «Woher wissen
Sie das?»
    Signor Crespi
lächelte schmerzlich. «Weil er mich ziemlich rüde
beschimpft hat.»
    «Hatten Sie ihn
gefesselt?»
    Signor Crespi nickte
gemessen. «Es erschien mir ratsam. Selbstverständlich
war der cavaliere zu diesem Zeitpunkt
noch bewusstlos. Er ist erst zum Schluss erwacht und hat sich
kräftig gewehrt.»
    Tron sah sich um.
«Und die Signorina, die den Mann niedergeschlagen
hat?»
    «Signorina Dolci
wartet in meinem Privatbüro.» Signor Crespis gepflegte
Hand wies auf eine halb angelehnte Tür hinter dem
Empfangsschalter.
    «Ist sie
verletzt?»
    Signor Crespi
schüttelte den Kopf. «Glücklicherweise nicht. Sie
nimmt gerade etwas zu sich.»
    *
    Signorina Dolci nahm
tatsächlich etwas zu sich. Sie saß auf dem roten
Plüschsofa, das im Hinterzimmer von Signor Crespi stand, trank
Kaffee und verspeiste ein Stück Kuchen. Als Tron und Bossi das
Zimmer betraten, faltete sie die Gazzetta di Venezia, in der sie bis eben
gelesen hatte, zusammen. Wenn sie denn tatsächlich gelesen
hatte, dachte Tron. Die meisten Frauen in diesem Gewerbe konnten
nicht lesen. In Venedig, der Stadt der gebildeten Kurtisanen, taten
sie aber gerne so. Tron fand, dass Carla Dolci für eine Frau, die gerade
dem Tod entronnen war, erstaunlich gelassen wirkte. Dass sie blond
war, überraschte ihn nicht. Der Ausweider schien eindeutig auf
Blondinen abonniert zu sein.
    «Ich bin
Commissario Tron», sagte Tron. «Und das ist Ispettor
Bossi.» Er trat einen Schritt in den Raum hinein, machte aber
keine Anstalten, sich auf einem der Stühle niederzulassen.
«Wie fühlen Sie sich?»
    Signorina Dolci lehnte
sich auf dem Sofa zurück. «Mir geht es gut,
Commissario.» Der Aussprache nach kam sie aus
Triest.
    Tron lächelte.
«Das freut mich. Wären Sie einverstanden, wenn ich Ihnen
ein paar Fragen stelle?» Die Frau nickte.
    «Wo haben Sie
den Mann getroffen, Signorina Dolci?»
    «Im
Stella.»
    «Wann war
das?»
    Signorina Dolci
überlegte kurz. «Gegen acht Uhr. Wir sind zehn Minuten
später im Imperiale angekommen.»
    «Haben Sie
miteinander geredet?»
    Sie schüttelte
den Kopf. «Er wollte nur wissen, woher ich komme, und ich
habe es ihm gesagt.»
    «Aus
Triest?»
    «Beinahe,
Ispettore.» Signorina Dolci lächelte. «Aus
Capodistria. Aber meine Mutter kam aus Triest.»
    «Hat er Ihnen
verraten, wo er herkommt?», fragte
Tron.
    «Nein. Ich habe
es ihn auch nicht gefragt. Aber er sprach wie ein
Ausländer.»
    «Und Sie hatten
keine Angst vor dem Mann? Obwohl er Italienisch mit Akzent sprach
und eine Halbmaske trug?»
    Signorina Dolci
schüttelte den

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