Commonwealth-Saga 1 - Der Stern der Pandora
die Menschheit je gesehen hatte. Management und Finanzen sowie politischer Einfluss hatten Ozzie niemals interessiert. Er wollte nichts weiter als nach draußen und sehen, welche Wunder die Galaxis für ihn bereithielt.
Es war die Zeit, die er während seiner Streifzüge mitten zwischen den Sternen verbracht hatte, die ihn zur Legende machten: der wilde Mann des Commonwealth, der ultimative Guru eines alternativen Lebensstils. Die Geschichten sprengten alles bisher Dagewesene: Mädchen, die neuen narkotischen Stimulantien, chemisch und bioneural, die er als Erster testete, Ozzieworld, der H-kongruente Planet, auf dem er angeblich ganz allein lebte in einem Palast von der Größe einer Stadt, Jahrzehnte, die er als Poet und Tramp von einer Welt zur anderen zog, um die neuen Kulturen zu sehen, die sich aus dem unteren Ende der menschlichen Gesellschaft entwickelten, seine vielen hundert natürlich gezeugten Kinder, outré Rejuvenationen, sodass er Jahre in Tierkörpern verbringen konnte – in einem Löwen, einem Adler, einem Delfin, einem Nobear von Karruk –, der Versuch der Synthese einer Saurier-DNS, der Milliarden verschlungen hatte, bevor die Barsooomians das Projekt stahlen, das geheime Netzwerk von Wurmlöchern, die nur er benutzen konnte und das eine Reihe von Commonwealth-Planeten miteinander verband, seine Gedankenroutinen als grundlegende Basis für die SI … Wohin man im Commonwealth auch ging, überall konnten die Einheimischen Geschichten aus der Zeit erzählen, als Ozzie durchgekommen war (damals selbstverständlich unerkannt und verkleidet) und das Leben ihrer Vorfahren durch die eine oder andere Tat bereichert hatte: ein Brückenschlag über einen gefährlichen Fluss, den er organisiert hatte; ein krankes Kind, das er durch einen schweren Sturm hindurch in ein Krankenhaus gebracht hatte; die Erstbesteigung des höchsten und gefährlichsten Berges auf dem Planeten; der Kampf gegen den einheimischen Gangsterboss, den er – im Alleingang – gewonnen hatte. Und wahrscheinlich hat er auch Wasser in Wein verwan delt, wenn man den Boulevardseiten der Unisphäre Glauben schenken darf , dachte Nigel.
»Tut mir Leid, dass ich zu spät komme, Mann«, sagte Ozzie. Er winkte der Vizepräsidentin jovial zu, während er zum letzten freien Platz ging. Als er an Nigel vorüber kam, klopfte er ihm auf die Schulter. »Schön, dich zu sehen, Nigel. Ist eine Weile her.«
»Hi Ozzie«, sagte Nigel in beiläufigem Ton, um sich keine Blöße zu geben. Es war siebzehn Jahre her, dass die beiden sich in Fleisch und Blut gesehen hatten.
Schließlich war Ozzie an seinem Platz angelangt und ließ sich mit einem zufriedenen Seufzer auf den Stuhl sinken. »Hat vielleicht jemand einen Kaffee da? Ich hab einen ziemlich bösartigen Kater.«
Nigel schnippte mit den Fingern, und Daniel Alster ließ ihm eine Tasse bringen. Mehrere Mitglieder des Councils hatten Mühe, ihre Missbilligung für das Verhalten der lebenden Legende zu verbergen – was, wie Nigel wusste, genau das war, worauf Ozzie spekulierte. Es gab Zeiten, da hielt er es für absolut zwecklos, Ozzie einer Rejuvenation zu unterziehen: Der Mann konnte unglaublich halbstark sein, auch ohne die Hilfe der Hormone eines heranwachsenden Körpers. Doch die Akzeptanz und Bewunderung, die das gesamte Commonwealth ihm entgegenbrachte, mussten in diesem jungen Afro-Latino-Burschen endlich ein Gefühl von Zufriedenheit hervorgerufen haben. Selbst im politisch korrekten einundzwanzigsten Jahrhundert hatten sich diese beiden Kulturen nie richtig vermischt, jedenfalls nicht draußen auf den Straßen von San Diego, wo Ozzie herkam. Aber auch dort hatte er zuletzt gelacht.
»Sind Sie in offizieller Eigenschaft hier, Mr. Isaac?«, erkundigte sich Crispin Goldreich mit einem englischen Oberklasse-Akzent, der nach Zensur stank.
»Sicher, Mann. Ich bin der CST-Repräsentant für diesen Gig.« In seinem limettengrünen Freizeithemd und den zerknitterten ockerfarbenen Bergsteigerhosen sah er an diesem Tisch der Mächtigen und Reichen völlig fehl am Platz aus. Dabei half auch nicht gerade, dass er noch immer seinen Afrolook trug; in mehr als drei Jahrhunderten des Argumentierens, des Flehens und des unverhohlenen Spotts hatte Nigel ihn nie bewegen können, sich die Haare schneiden zu lassen. Es war die eine Mode, die nie, niemals wieder ›in‹ gewesen war. Ozzie ließ die Hoffnung dennoch nicht sinken.
»Sehen Sie mich nicht so an«, sagte Nigel. »Ich vertrete die geschäftliche
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