Commonwealth-Saga 1 - Der Stern der Pandora
eine kleine Ionen-Pistole zu ihrer ›persönlichen Sicherheit‹, sollte sich die Landestelle als feindlich erweisen. Niemand aus der Crew hatte den Begriff ›feindlich‹ vor dem Start genauer definiert, und die unausgesprochene Implikation hatte wilde Tiere beinhaltet. Justine musterte die Waffe nachdenklich, bevor sie dem E-Butler befahl, das Abteil wieder zu schließen und zu verriegeln. Falls tatsächlich eine Bande von Kriminellen auf der Jagd nach ihr war, dann hatte sie nicht die Spur einer Chance, bewaffnet hin oder her.
»Zeit, die Wahrheit herauszufinden«, sagte sie in Richtung des Hypergliders. Ihre Stimme hallte unnatürlich laut durch die stille, langgestreckte Lichtung.
Justine füllte ihre Wasserflasche am Bachlauf. Die semiorganische Membran saugte die leicht schlammige Flüssigkeit in die Flasche, wobei sie gleichzeitig gefiltert und entkeimt sowie gekühlt wurde. Dann ging sie in Richtung der Bäume los, wobei sie das Trägheitsleitsystems ihres Armband-Arrays zur Orientierung benutzte.
Es dauerte eine ganze Weile, bis sie die vielleicht tausend Meter zu der Stelle zurückgelegt hatte, an der ihrer Schätzung nach die Störung aufgetreten war. Das Unterholz war an manchen Stellen unglaublich dicht, und Ranken und Schlingpflanzen füllten die Lücken zwischen den Bäumen. Es war unmöglich, sich auf direktem Weg der Stelle zu nähern. Nirgendwo ein Hinweis auf einen Pfad oder einen Wildwechsel, und Stimmen oder Geräusche von Tieren waren auch nicht zu hören.
Als Justine sich der Stelle näherte, fühlte sie sich auf einmal töricht. Sie hatte eine ganze Menge voreiliger Schlussfolgerungen getroffen. Piraten und Konspirationstheorien hatten einfach zu gut zu ihrer adrenalin-befeuerten Stimmung gepasst. Jetzt war sie in die profane Realität zurückgekehrt. Erhitzt, verschwitzt, ständig im Kampf mit Ranken und Lianen. Die Stiefel sanken bei jedem Schritt tief in den weichen, zähen und klebrigen Boden ein. Ein Segen nur, dass es keine Insekten gab in diesem Dschungel, zumindest nicht von der Sorte, die Menschen anfiel; das Revitalisierungsteam hatte keine eingeführt. Zugegeben, es gab Myriaden winziger kriechender krabbelnder Käfer zu Justines Füßen, von denen nicht wenige aussahen, als wären sie auf dieser Welt beheimatet. Ein Großteil der Pflanzen war bestimmt nicht irdischen Ursprungs.
Nach etwa zwanzig Minuten blieb Justine einfach stehen. Nun fühlte sie sich nicht nur töricht, sondern geradezu lächerlich. Nirgendwo war eine Spur von menschlicher Aktivität zu sehen. Und falls es hier eine Bande von Piraten gab, die sich zwischen den Bäumen an die Landestelle heranschlich, dann waren sie unglaublich unfähig, weil sie sie nicht gefangen hatten, als sie geradewegs auf sie zugelaufen war.
»Kannst du etwas erkennen?«, fragte sie ihren E-Butler.
»Die Sensoren dieses Arrays registrieren eine gewisse schwache elektromagnetische Aktivität«, lautete die Antwort. »Es ist nicht einfach, ihren Ursprung zu lokalisieren. Es scheint, als handele es sich um ein regelmäßiges, zyklisches Signal.«
»Eine Art Ortungssignal vielleicht?«
»Nein. Es ist ein Multiband-Signal, keine identifizierbare Modulation.«
»Streuenergie?«
»Diese Möglichkeit würde mit den Sensordaten in Einklang stehen.«
»Welche Art von Gerät würde eine derartige Strahlung erzeugen?«
»Das lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen.«
»Okay, aus welcher Richtung kommt die Emission? Gib mir ein Diagramm.«
Der E-Butler projizierte eine einfache Grafik in Justines virtuelles Sichtfeld. Justine schob Lianen zur Seite und setzte sich in Bewegung.
»Soeben fand eine neue Emission statt«, sagte der E-Butler, nachdem sie ungefähr fünfzig Meter weit gekommen war. »Diesmal war sie viel stärker. Die Sensoren registrieren eine Art Strahlungsrückstand. Es gibt keine erkennbare Modulation.«
»Bewege ich mich noch in die richtige Richtung?«
»Ja.«
»Was ist mit der Dauer des Pulses? Stimmt sie mit der Dauer des Pulses überein, der den Hyperglider getroffen hat?«
»Die Übereinstimmung ist sehr groß.«
Die Bäume schienen jetzt ein wenig weiter auseinander zu stehen – obwohl das vielleicht auch nur Einbildung war. Das Unterholz und die Schlingpflanzen wurden jedenfalls nicht weniger. Justines Beine waren inzwischen von oben bis unten verkratzt.
Die überlagerte Karte verblasste in ihrer virtuellen Sicht. »Was ist los?«
Der E-Butler antwortete nicht. Justine blieb stehen und starrte ihr
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