Commonwealth-Saga 1 - Der Stern der Pandora
Armband-Array an. Die kleine LED unter einem der Smaragde blinkte rot.
»Reboot vollständig«, meldete ihr E-Butler unvermittelt.
»Wurdest du von dem Puls getroffen?«
»Keine Daten vorhanden. Ein weiterer Puls ist die wahrscheinlichste Erklärung für das Phänomen.«
»Kannst du Vorkehrungen gegen einen weiteren Puls treffen?«
Keine Antwort.
»Verdammt!«, murmelte Justine; doch jetzt war auch ihre Neugier erwacht. Irgendetwas war ganz in der Nähe, und es waren keine Piraten.
Fast hätte sie es übersehen. Die Reben hatten die niedrigen Wände vollkommen eingehüllt und verliehen dem niedrigen Gebäude das Aussehen einer weiteren undurchdringlichen Ansammlung von Unterholz. Doch die Tür war ein Stück weit nach innen gesackt, und mitten zwischen den Blättern klaffte ein dunkles Loch.
Justine schob ihre Sonnenbrille in die Stirn, um das Gebäude einen Moment zu beobachten. Es war kein Wohnhaus – dazu war es zu klein. Ein primitiver Unterstand mit einer Seitenlänge von vielleicht fünf Metern und einem schrägen Dach, nicht höher als drei Meter am First. Sie näherte sich dem Eingang und zog die dicken Ranken beiseite. Die Wände bestanden aus stumpfem grauen Komposit, einfachen Paneelen, die an einen Stahlrahmen genietet waren, errichtet in wenigen Stunden. Es konnte überall im Commonwealth hergestellt worden sein; selbst auf Far Away gab es die Rohstoffe, um so etwas zu produzieren. Dem Aussehen des Materials der Dicke der Vegetation nach zu urteilen und, die es überwuchert hatte, stand die Hütte bereits seit Jahrzehnten hier.
Es gab kein Schloss; also stemmte Justine sich mit der Schulter gegen die verbogene Tür. Sie flog nach wenigen Stößen auf. Licht strömte durch die Öffnung ins Innere; es gab keine Fenster. Der Boden bestand aus einer einfachen Lage enzymgebundenen Betons, doch er war nass und bröckelig. In der Mitte des Raums stand ein schwarzer Zylinder von vielleicht achtzig Zentimetern Höhe und einem Durchmesser von etwa einem Meter. Als Justine hinging, um ihn zu untersuchen, stellte sie fest, dass er in den Beton eingelassen war, und sie konnte nicht sagen, wie tief er in den Boden reichte. Er schien aus einem dunklen Metall zu bestehen. Zwei dünne rote Kabel kamen aus der Oberseite und liefen über den Boden, um in einer transparenten Scheibe von ungefähr einem halben Meter Durchmesser zu enden. Justine untersuchte die Scheibe und stellte fest, dass auch sie in den Beton eingelassen war. Sie leuchtete in schwachem Zinnoberrot, und das Licht schien tief aus ihrem Innern zu kommen, ein gutes Stück unterhalb des Betonbodens.
Justine starrte die Scheibe aus zusammengekniffenen Augen an, als sich Erinnerungen in ihr regten. Sie war nicht einmal sicher, warum sie so weit zurückliegende Zeiten bei den Rejuvenationen im Kopf behielt. Doch sie hatte so etwas schon einmal gesehen; eine Menge Gebäude auf der Erde benutzten es als Notstromversorgung, Gebäude wie Krankenhäuser, Verkehrskontrollzentren oder die Polizei. Es war ein Festkörper-Wärmetauscher, der kilometertief in den Boden reichte und die geothermische Energie anzapfte. Derartige Generatoren erzeugten nicht sonderlich viel Strom, gerade genug, um im Notfall essentielle Funktionen aufrecht zu erhalten.
Was zur Hölle macht dieses Ding auf FarAway, mitten im Dschungel und auf halber Höhe des größten Vulkans in der bekannten Galaxis?
Justine starrte die Kabel an, die vermutlich Supraleiter waren. Der Zylinder, in den sie die Energie leiteten, musste die Quelle der EM-Pulse darstellen. Und die gesamte Apparatur stand ihrem Aussehen nach zu urteilen schon sehr lange hier, wenigstens einige Jahrzehnte und wahrscheinlich noch länger. Wie es aussah, war seit Ewigkeiten niemand mehr hier gewesen, und enzymgebundener Beton wurde nicht über Nacht brüchig. Was also konnte Jahr für Jahr so viel Elektrizität verbrauchen oder absorbieren?
Justines Verwirrung wuchs noch weiter, als ihr dämmerte, um was es sich bei dem schwarzen Zylinder handeln musste. Ein Niling D-Sink. Das waren ultimative Energiespeicher, und als solche wurden sie im Commonwealth nur selten benutzt, einfach weil nur wenige Leute derartige Mengen von Energie speichern mussten. CST benutzte sie als Backup für ihre Wurmloch-Gateways, doch Justine wollte beim besten Willen keine andere Organisation einfallen, zivil oder staatlich, die Verwendung für einen D-Sink hatte. D-Sinks waren ein Zauberkunststück der Physik, ein Loch in der Raumzeit ohne jede
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