Commonwealth-Saga 2 - Die Boten des Unheils
allerdings, wir haben nicht die Marken, die du aus dem Commonwealth gewöhnt bist. Ich verfüge allerdings über einen ganz passablen Sherry.« Er blickte sich um, als wäre er in einem fremden Raum, bis er eine alte Standuhr entdeckte. »Oder ist es vielleicht noch zu früh dazu?«
»Tee wäre wunderbar, danke.«
Eine junge Frau kam durch die Tür.
»Das ist Matilda«, sagte Leonard. Die Verehrung in seiner Stimme war beinahe peinlich. In seinem Gesicht stand ein verträumter Ausdruck, während er die junge Frau anlächelte.
Paula, die an genetisch sequenzierte und modifizierte Frauen im Commonwealth gewöhnt war, stellte überrascht fest, wie wunderschön Matilda war. Sie war Anfang Zwanzig und besaß leicht vorspringende Wangenknochen, die ihrem Gesicht sehr viel Ausdruck verliehen, erst recht im Verbund mit den leuchtend blauen Augen, die beunruhigend durchdringend starren konnten. Ihre Haare waren weißblond, und sie trug sie sehr lang. Sie waren gegenwärtig zu einem Zopf geflochten, der bis zu den schmalen Hüften reichte. Sie war hochgewachsen und besaß lange, perfekt geformte Beine mit Muskeln, um die sie jede Tänzerin beneidet hätte. All das sah Paula auf einen Blick – Matilda trug nichts außer einem knapp sitzenden Bikini-Unterteil und einem ärmellosen, abgeschnittenen weißen T-Shirt darüber. Ihre Haut war gesund gebräunt und glatt.
Als Paula erneut durch die französischen Fenster nach draußen in den Garten sah, entdeckte sie die Handtücher, wo die beiden offensichtlich in der Sonne gelegen hatten.
»Ich möchte dir Paula Myo vorstellen, unseren bedeutenden Gast aus dem Commonwealth«, sagte Leonard.
»Hi«, sagte Matilda. »Was darf ich Ihnen bringen?«
»Nur ein wenig Tee, danke sehr«, antwortete Paula.
»Sicher.« Ihr Lächeln war unverfälscht, und Paula erwiderte es genauso offen.
»Ist sie nicht wundervoll?«, fragte Leonard, nachdem die junge Frau gegangen war. Er war so schüchtern und eifrig wie ein Teenager, der ganz unerwartet von der schönsten Frau der Schule auserwählt worden war. »Ich werde sie fragen, ob sie mich heiraten möchte. Glaube ich. Ich will nichts lieber auf der Welt, aber … ich bin ein wenig älter als sie. Nicht, dass sie je irgendwas deshalb gesagt hätte.«
»Warte nicht zu lange«, empfahl ihm Paula. »Bestimmt gibt es Hunderte von anderen Männern, die nur darauf lauern, ihr die gleiche Frage zu stellen, wenn du es nicht tust. Sie ist da, wo sie sein möchte. Das sollte dir genug verraten.«
»Ja, o ja, du hast ganz Recht!« Er fing sich wieder und seufzte. »Es tut mir Leid. Ich sollte dich nicht um Rat fragen.«
»Kein Problem. Ich habe wahrscheinlich eine Menge mehr Erfahrung mit diesen Dingen als du. Ich bin seit mehr als einem Jahrhundert daran gewöhnt, größere Altersunterschiede bei Paaren zu beobachten. Normalerweise gewinnt die Liebe.«
»Ja, ja. Natürlich. Ich muss sagen, ich bin sehr überrascht, dass du hergekommen bist. Deswegen bin ich ein wenig durcheinander. Deine Briefe an meinen Großvater liegen noch irgendwo hier herum.« Er deutete auf die Stapel im Raum. »Ich habe sie gelesen, als ich alles von meinem Vater übernommen habe. Du hattest dich soeben als eine Art Polizistin im Commonwealth qualifiziert.«
Paula hatte die Briefe vergessen, doch jetzt fielen sie ihr wieder ein. Zuerst waren sie ein willkommener Kontakt mit der einzigen Person im Universum gewesen, die sie zu verstehen schien. Dann, als ihre Unsicherheit langsam nachgelassen hatte, hatte sie ihm weiter geschrieben, aus reiner Höflichkeit. Irgendwann war sie dann so sehr in ihrer Arbeit aufgegangen … Es war eine lahme Entschuldigung. Sie hätte wissen müssen, dass Alexis ihre Briefe aufheben würde. Es war eine sehr intensive Affäre gewesen, so kurz sie auch gewesen sein mochte. »Ja, ich hatte mich als Investigator qualifiziert. Ich war ziemlich erfolgreich, ohne unbescheiden klingen zu wollen.«
Leonard lächelte auf jene stolze Weise, die ein paar alte Erinnerungen aufsteigen ließ. »Selbstverständlich warst du das. Du warst wahrscheinlich die Beste, die sie jemals hatten – nicht, dass sie es je zugeben würden.«
»Ich muss deinem Urgroßvater dafür danken. Er war derjenige, der mir geraten hat zu gehen. Er wusste, dass ich hier nicht glücklich werden würde, nicht, nachdem ich so lange im Commonwealth gewesen war.«
»Ich wage das zu bestreiten, aber ich bin nicht er, und du hast dich offensichtlich weiterentwickelt. Ich muss dich fragen
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