Commonwealth-Saga 3 - Der entfesselte Judas
rasiermesserscharfen politischen Verstand. Genau wie er und jeder andere an diesem Tisch hasste sie es, wenn man ihr schlechte Nachrichten überbrachte.
»Krieg ist seiner Natur nach keine statische Situation«, fuhr Wilson fort und begegnete ihrem Blick mit Gleichmut. »Die Primes wissen, dass wir den Verlust dieser dreiundzwanzig Welten niemals hinnehmen werden. Entweder setzen sie ihre Expansion in das Commonwealth hinein fort und löschen uns vollkommen aus, oder wir werden das Gleiche mit ihnen tun.«
»Wollen Sie andeuten, dass wir Genozid an den Primes verüben sollten?«, fragte Ramon DB in gelassenem Tonfall.
»Wollen Sie andeuten, dass wir uns lieber zu den Opfern von Genozid machen sollen?«, entgegnete Wilson. »Das hier ist kein Krieg, wie wir ihn jemals zuvor in unserer Geschichte geführt haben. Es ist kein strategischer Kampf um Schlüsselressourcen, wir kämpfen nicht um die Vorherrschaft über angestammte Länder oder Handelsrouten zu neuen Kolonien. Sowohl wir als auch die Primes sind intersolare Zivilisationen, und in der Galaxis herrscht kein Mangel an Ressourcen. Sie sind nur mit einem einzigen Ziel hergekommen: uns zu töten und unsere Welten zu übernehmen.«
»In diesem Fall gibt es eine Analogie in unserer Geschichte«, sagte Hans Brant. »Es scheint, als würden sie einen religiös motivierten Kreuzzug gegen uns führen.«
»Das könnte zutreffend sein«, räumte Wilson ein. »Religion oder irgendeine ideologische Variante von Religion gehört mit Sicherheit zu den beliebteren Thesen bei unseren strategischen Analysten. Die Motivation der Primes lässt sich kaum auf andere Weise erklären.«
»Über ihre Beweggründe können wir uns später den Kopf zerbrechen«, sagte Nigel Sheldon. »Sie haben zusammengefasst, wo wir stehen. Was will die Navy als Nächstes unternehmen? Was brauchen Sie?«
»Wir schlagen vor, der Aggression der Primes mit einer dreistufigen Reaktion zu begegnen: Als Erstes eine Infiltrations- und Sabotageoffensive auf den Lost 23-Welten, um die Primes auf jedem der Planeten zu binden, ihren Schwung zu verlangsamen, ihre Ressourcen umzuleiten und ihren nächsten Angriff hinauszuzögern, während wir uns auf die zweite Stufe vorbereiten.«
»Ich bin neugierig, mit welchen Kräften Sie das bewerkstelligen wollen«, bemerkte Alan Hutchinson.
»Mit Spezialeinheiten, die wir durch Wurmlöcher auf den Lost 23 absetzen. Die Wurmlöcher werden nur ganz kurz geöffnet. Die Einheiten stören den Gegner so gut sie können, während sie Informationen sammeln. Bisher wissen wir nur sehr wenig über die Primes. Diese Aktion sollte uns helfen, unsere Wissensbasis beträchtlich zu erweitern. Wir hoffen, mehrere Entführungsoperationen durchzuführen, sodass wir anfangen können, Gefangene zu verhören und ihre Erinnerungen auszulesen.«
»Über wie viele Einheiten reden wir hier?«, hakte Hutchinson ungerührt nach. »Um eine spürbare Wirkung zu erzielen, brauchen wir Unmengen von diesen Guerilla-Kämpfern.«
»Wir planen, eine anfängliche Streitmacht von etwa zehntausend Mann auf jeden Planeten zu entsenden.«
»Zehntausend … Meine Güte, Sie reden von einer Armee von einer Viertel Million Mann!«
»Wir betrachten das nicht als Problem«, sagte Rafael Columbia. »Die neuen Bodentruppen der Navy nehmen selbstverständlich Freiwillige aus der Bevölkerung an, und aus der Geschichte wissen wir, dass es immer große Scharen an Freiwilligen gibt. Selbst Multilifer tendieren zu Aggression, wenn sie bedroht werden. Und – nur für den Fall – wir verfügen über eine Vielzahl von Einwohnern, die noch viel leichter zu überzeugen sind. Leute, die genaugenommen noch viel mehr für diese Art von Job geeignet sind als die meisten anderen.« Er öffnete die Hände zu einer beschwörenden Geste. »Bitte … Wir haben den größten Teil der letzten Tage damit verbracht, unsere Antwort zu entwickeln und ihre Machbarkeit zu analysieren. Es sind keine aus Panik geborenen Ideen. Diese Truppen einzusetzen ist nicht nur machbar, es ist von essentieller Bedeutung. Wir müssen die Initiative zurückgewinnen.«
»Also schön«, sagte Hans Brant. »Wie sieht die zweite Stufe aus?«
»Eine Flotte«, sagte Wilson tonlos. »Eine sehr große Flotte von Kriegsschiffen. Nicht die Art, die wir jetzt haben. Wir müssen uns dem Problem aus einer radikalen Perspektive nähern. Wir müssen Raumschiffe wie die Second Chance und die St. Asaph als unsere Erstlingsversuche betrachten, nicht einmal
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