Commonwealth-Saga 3 - Der entfesselte Judas
Unisphären-Adresse geleitet hatte. Mellanie widerstand ihrem Instinkt, sich nach einer Überwachungskamera umzusehen. Selbst wenn der Sensor groß genug gewesen wäre, um mit bloßem Auge sichtbar zu sein, war später Abend, die Sonne beinahe untergegangen, und die schmale Straße lag in tiefen Schatten. Die Fenster über ihr waren ausnahmslos mit Läden verschlossen. Die wenigen Straßenlaternen über dem unebenen Pflaster trugen wenig zur Erhellung der düsteren Atmosphäre bei.
»Ja?«, fragte Paula Myos Stimme.
»Ich muss Sie sprechen«, sagte Mellanie.
»Ich muss Sie aber nicht sprechen.«
»Aber ich habe getan, was Sie mir geraten haben! Ich habe mit Dudley Bose gesprochen!«
»Und was hat das mit mir zu tun?«
Mellanie starrte ärgerlich auf die Tür. »Sie hatten Recht! Ich habe etwas Interessantes herausgefunden.«
»Und was?«
»Der Starflyer.«
Paula Myo zögerte so lange mit einer Antwort, dass Mellanie bereits befürchtete, sie hätte das Gespräch abgebrochen. Sie musste ihre virtuelle Sicht überprüfen, um sich davon zu überzeugen, dass der Kanal noch offen war.
Der Türsummer ging, und das Schloss klickte laut. Mellanie hatte gerade genügend Zeit, die Schultern zu straffen, bevor die Tür sich öffnete. Sie hatte dezente, dunkle Kleidung für diesen Besuch ausgewählt, ein paar der einfacheren Stücke aus ihrer persönlichen Modelinie: eine burgunderfarbene Jacke mit halblangen Armen, ein dazu passender Rock, länger als für gewöhnlich bei ihr, mit einem Saum, der bis halb zu den Knien reichte. Es war eine Zusammenstellung, die betonen sollte, wie ernsthaft und professionell sie dieser Tage ihre Arbeit machte.
Ein einzelner Polyphoto-Ring hing oben im Gewölbe eines Bogengangs, der zum Zentralkorridor des Blocks führte. Paula Myo stand im gelblichen Licht, gekleidet in ihr gewöhnliches konservatives Geschäftskostüm. Es war Mellanie nie aufgefallen, aber sie war größer als Investigator Myo.
»Kommen Sie herein«, sagte Paula.
Mellanie folgte ihr einige Schritte, bis sie mitten auf dem alten, gepflasterten Innenhof standen. Sie blickte nach oben zu den weiß gekalkten Wänden mit den schmalen Fenstern. Die Hälfte hatte die Läden geöffnet und gaben den Blick auf die Zimmer dahinter frei. Blassgrünes Licht fiel in den Hof, wo holographische Portale liefen und die abendlichen Nachrichten und Unterhaltungssendungen in die Wohnzimmer übertrugen. Ein trauriges Zeugnis für die Bewohner – das hier war die Art von Wohnblock, wo allein stehende Berufstätige wohnten, wenn sie eine Auszeit zwischen zwei Ehekontrakten brauchten. Kleine, sterile Appartements, wo sie zwischen Arbeit und Freizeit sicher und ungestört ausruhen konnten.
»Das reicht«, sagte Paula. »Wir sind sicher hier, solange wir nicht allzu laut reden.«
Mellanie war sich dessen nicht sicher, doch sie wollte nicht widersprechen. »Sie wissen darüber Bescheid, nicht wahr?«
»Hat Alessandra Barron Sie wegen eines Exklusivinterviews hergeschickt? Ist das der Grund Ihres Hierseins?«
»Nein.« Mellanie stieß ein kurzes, nervöses Lachen aus. »Ich arbeite nicht mehr für Alessandra. Fragen Sie bei der Produktionsgesellschaft nach, wenn Sie mir nicht glauben.«
»Das werde ich. Warum haben Sie aufgehört? Ich könnte mir denken, dass es eine recht lukrative Arbeit war, und Ihr Bericht aus Randtown hat Ihren Prominentenstatus gehörig aufpoliert.«
»Sie arbeitet für den Starflyer.«
Paula neigte den Kopf zur Seite und bedachte Mellanie mit einem prüfenden Blick. »Das ist eine interessante Behauptung.«
»Verstehen Sie denn nicht? Es ergibt Sinn: Sie war von Anfang an gegen die Navy. Sie verbreitet die Propaganda des Starflyers und macht der Organisation Schwierigkeiten, die uns verteidigen kann!«
»Sie haben ihre Show benutzt, um mich anzugreifen. Sind Sie deswegen eine Agentin des Starflyers?«
»Nein! Hören Sie, ich möchte helfen. Ich weiß über die Cox Bescheid. So habe ich das mit Alessandra Barron herausgefunden. Als ich es ihr erzählt habe, hat sie die Aufzeichnungen manipuliert.«
»Es tut mir Leid, aber ich weiß nicht, wovon Sie reden. Was ist diese Cox?«
Aufflammender Ärger ließ Mellanie die Hände in die Hüften stemmen. Das lief ganz und gar nicht so, wie sie sich das vorgestellt hatte. Sie hatte geglaubt, Investigator Myo würde sich über die Hilfe von jedem freuen, der über den Starflyer Bescheid wusste und die unglaubliche Bedrohung, die er darstellte. »Die Bildungsstiftung«,
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