Commonwealth-Saga 3 - Der entfesselte Judas
während unten Gardenbots durch die taufeuchten Gärten glitten und ihrer täglichen Reinigungs- und Pflegeroutine nachgingen.
Hoshe war wieder einmal mitten in seinem Traum erwacht. Irgendwann in den frühen Morgenstunden. Er war schweißnass aus dem Schlaf hochgeschreckt, während die viel zu realen Bilder einstürzender Gebäude und bebender Erde sich in die Dunkelheit des Zimmers verflüchtigten. Es war der gleiche Traum wie jede Nacht seit dem Angriff der Primes gewesen. Hoshe weigerte sich, es Albtraum zu nennen. Es war nur sein Unterbewusstsein, das verarbeitete, was sich ereignet hatte. Ganz normal und völlig gesund. Es spielte die Szenen nachts ab, während der Schlafenszeit, ließ all die hässlichen kleinen Details frei aus dem engen Gefängnis seines Verstands, wo er sie hineingezwängt hatte wie eine gesicherte Datei in ein Kristallgitter. Beispielsweise das Bild von der Frau, die von einem gebrochenen Brückenpfeiler zerquetscht worden war. Die er nur flüchtig gesehen hatte, als er Inima vorbeigetragen hatte. Oder die Kinder, die vor den rauchenden Trümmern ihres zerstörten Hauses gesessen hatten, weinend, benommen, verloren, bedeckt von Ruß und Blut.
Ja, sicher, verdammt gesunde Art und Weise, damit fertig zu werden.
Also hatte er seinen alten gelben Bademantel angezogen und war nach draußen auf den Balkon gehumpelt, um die schlafende Stadt zu beobachten. In dem Glauben, wie ein kleiner verängstigter Junge, dass Träume wie diese nur Menschen in Schlafzimmern übermannten. Er hatte den Rest der Nacht unruhig vor sich hin gedöst, während seine Verbrennungen gepocht und der klamme Schmerz in seinem Nacken sich von heiß nach kalt und wieder nach heiß zurückverwandelt hatte. Nicht einmal der Rum und die heiße Schokolade hatten geholfen. Ihm war lediglich übel geworden davon.
Was er wollte war Inima. Die Sicherheit, sie des Nachts neben sich liegen zu haben. Die verärgerte Toleranz, die sie an den Tag legte, wann immer er krank war und sich im Haus herumtrieb, anstatt zur Arbeit zu gehen. Doch die Ärzte würden sie in frühestens zehn Tagen aus dem Krankenhaus entlassen. Er spannte sich noch immer jedes Mal innerlich, wenn er an sie dachte. Wie er sie aus dem zerstörten Wrack des 4x4 gezogen hatte, die Beine seltsam gebogen und geschwärzt, Flüssigkeiten, die aus den teerartig schwarzen Verkrustungen sickerten, die einmal ihre Jeans gewesen waren. Ihr leises Wimmern, ein Geräusch, wie es nur wirklich Schwerverletzte von sich geben. Ein paar undeutliche Erinnerungen an erste Hilfe, die sein Gehirn durchzuckten, absolut nutzlos, während er ungläubig seine Frau anstarrte, außerstande zu begreifen, dass so etwas passieren konnte … und sich unablässig dafür verfluchte, so vollkommen hilflos zu sein.
Sie waren nach Sligo gefahren, um das Blumenfestival zu besuchen. Ein verdammtes Blumenfestival, Herrgott noch mal, als eine Armee von Aliens aus dem Himmel gefallen war und die ganze Welt in Schutt und Asche gelegt hatte.
Irgendjemand läutete an der Tür. Hoshe wandte sich automatisch um und verzerrte das Gesicht angesichts der zahlreichen Stellen seines Körpers, die bei der Bewegung in Schmerz entflammten. Er brummte vor sich hin wie ein mürrischer alter Mann, während er zur Tür humpelte und öffnete.
Draußen stand Paula Myo. Adrett und förmlich gekleidet wie eh und je in einem dunkelgrauen Geschäftsanzug mit einer purpurnen Bluse darunter. Sie hatte das Haar nach hinten gekämmt, wo es lang herunterfiel. Sie beobachtete ihn aufmerksam, und plötzlich wurde er sich bewusst, wie er aussehen musste, wurde sich bewusst, dass er sich nicht so zusammengerissen hatte nach dem Angriff, wie er wusste, dass andere es getan hatten.
Doch anstatt ihm einen Vortrag zu halten oder ihn zu kritisieren, umarmte Paula ihn sanft.
Hoshe schaffte es nur mühsam, seine Überraschung angesichts des unerwarteten Beweises von Zuneigung zu verbergen.
»Ich bin wirklich froh, dass Sie gesund und munter sind, Hoshe«, sagte sie.
»Danke. Äh, kommen Sie doch rein.« Er warf einen Blick ins Wohnzimmer, als sie an ihm vorbeiging. Maidbots hatten die Wohnung sauber gehalten, doch es war nicht zu übersehen, dass er einen großen Teil seiner Zeit zu Hause verbrachte, in der Wohnung. Es sah fast aus wie bei einem Junggesellen, mit Speicherkristallen, Bechern, Tellern und einem großen Paperscreen verstreut auf dem Tisch, die Vorhänge halb zugezogen, die Kleidung auf einem Haufen auf einem
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