Con molto sentimento (German Edition)
der nicht viel Wirkung zeigte.
Sie hatten nicht gehört, dass Eva, Patrices Mutter, in diesen Sekunden zurückgekehrt war und natürlich war sie von dem Tumult im Schlafzimmer angezogen worden. Auch sie schrie nun auf, als sie die beiden Jungs sah. Patrice musste aber auch einen erschreckenden Anblick abgegeben haben: Blutige Nase, verschmiertes Shirt.
Sofort verlangte sie von Luc zu wissen, was denn geschehen sei.
»Er ist ne Schwuchtel!«, brach es aus Luc hervor und er drängte sich an ihr vorbei in den Flur.
»Moment, du bleibst hier. Was soll das?« Sie hielt ihm am Ärmel fest doch Luc stieß sie einfach zur Seite. Statt ihm nachzugehen, kam sie zu Patrice ans Bett geeilt.
»Lass mal sehen.« Ihre Stimme zitterte und ebenso ihre Hände, als sie Patrice mit sanfter Gewalt dazu zwang den Arm zu senken. »Gott!« Sie griff in ihre Tasche und holte Papiertaschentücher hervor, die sie ihm dann gegen die Nase presste. Was Patrice zu einem Protestschrei veranlasste.
Gleich würde sie einen Krankenwagen rufen oder ihn in ein Taxi zerren. Das wäre doch die vernünftigste Entscheidung gewesen, auch wenn Patrice keinerlei Lust verspürte einem Arzt gegenüberzutreten. Allerdings sank seine Mutter einfach kraftlos in sich zusammen und schlug die Hände vors Gesicht. Sie weinte!
Noch lange würde Patrice dies, als den bitterlichsten Moment in seinem Leben bezeichnen.
»Oh Gott, oh Gott«, murmelte sie immer und immer wieder. Am liebsten hätte ihr Patrice gesagt, das Gottes Hilfe wohl reichlich spät kam. Seine Nase war schon hinüber. Vorsichtig tastete er an den Taschentüchern vorbei am Nasenrücken entlang. Es fühlte sich nicht an, als ob dort wirklich etwas gebrochen wäre. Nichtsdestotrotz blutete er noch immer und die Kopfschmerzen waren auch nicht zu verachten. Was ihn allerdings wahrhaftig den Rest gab war das Verhalten seiner Mutter. War sie etwa so fertig mit den Nerven? Das grenzte ja schon an einen Zusammenbruch, oder war es einfach der Schock, als sie ihn so gesehen hatte?
Er setzte sich mühsam auf und schlang einen Arm um ihre Schultern. War sie schon immer so schmal gewesen? Sie kam ihm regelrecht zerbrechlich vor wie sie so dasaß und schluchzte. Patrice wurde bewusst, dass er in den letzten Wochen kaum ein Wort mit ihr gewechselt hatte. Zu sehr war er mit seinen eigenen Problemen, die jetzt nun auch nicht gerade klein waren, beschäftigt gewesen. Aber es nagte an ihm, dass er der Grund für ihre Sorgen war. Wenn er nicht wäre, dann würde sie jetzt garantiert nicht hier auf seinem Bett sitzen und heulen.
Wenn es ihn nicht geben würde, wäre sie auch bei ihrem ersten Ehemann geblieben. Patrice war ein Unfall gewesen, doch Eva hatte sich strikt geweigert zur Abtreibung zu gehen und sein Schwein von Vater hatte die Verantwortung nicht übernehmen wollen, hatte sich ein paar Jahre später lieber in die USA abgesetzt. Mehr dann auch nicht. Auch die finanzielle Unterstützung war ziemlich bald eingeschlafen. Es waren Dinge, über die er mit seiner Mutter selten gesprochen hatte. Patrice würde auch jetzt einen Teufel tun diese schmerzhafte Vergangenheit ans Licht zu zerren.
»Du siehst ihm immer ähnlicher«, als ob sie seine Gedanken erahnt hätte. Sie schnäuzte sich und blickte ihn aus verquollenen Augen an.
»Mama.« Patrice wehrte ab und schüttelte den Kopf. Das wollte er gar nicht hören. Er hatte keinen Vater. Punkt.
Doch eines ließ sich an der ganzen Sache nicht leugnen. Seine Mutter hatte wohl das zweifelhafte Talent sich die falschen Männer herauszupicken. Denn jetzt hing sie an Urs und der war ja nun wirklich auch kein Traumtyp. Wenigstens waren sie dieses Mal nicht verheiratet. Patrice hielt es für den letzten Rest von Verstand, den seine Mutter hatte aufbringen können, dass sie diesen Versager nicht auch noch geehelicht hatte.
»Wärst du nicht ohne einen Vater aufgewachsen, dann...«
Patrice war versucht sie regelrecht von sich zu stoßen, denn er konnte sich ziemlich genau denken, wie dieser Satz gleich enden würde. »Oh nein!«
Was hatte dies damit zu tun, dass er ganz augenscheinlich auf Männer stand? Nur weil fast ausschließlich er von seiner Mutter großgezogen worden war? Absurd.
»Also hat Luc recht?«
Das hatte Alexis damit gemeint, dass es verdammt schwer war für seine sexuelle Orientierung einzustehen und es nicht zu verleugnen, wenn es darauf ankam. Wie schwer musste dies sein
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