Con molto sentimento (German Edition)
der Pianist in der Regel nicht abgeneigt, sonst jedoch trank er kaum Alkohol.
»Ja, ich hatte Lust darauf, warum auch immer.« Alexis hörte förmlich das Schulterzucken und das leise Klirren, als eine Flasche abgestellt wurde.
»Du fehlst mir«, rutschte es aus Alexis heraus bevor er die Lippen aufeinander pressen konnte. Das hatte er nicht beabsichtigt. Immerhin waren sie noch nicht ganz im Reinen miteinander, doch in Anbetracht des schrecklichen Vorfalls heute Abend war dies für Alexis plötzlich nebensächlich geworden.
Zu gerne hätte er jetzt Federico bei sich, neben sich. Er wollte den anderen in seine Arme schließen, die Wärme eines lebendigen Körpers spüren und damit jegliche Gedanken an den Tod vertreiben.
»Du mir auch«, gab Federico zurück und es waren keine leeren Worte, das wussten sie beide. »Ich habe mir heute in der Pause vorgestellt wie es wäre, wenn ich auf mein Hotelzimmer komme und du da bist«, bekannte Federico schwärmerisch. »Du umarmst mich, küsst mich und deine Hand gleitet...«
»Nicht«, unterbrach Alexis seinen Freund. Als er und Federico das letzte Mal nach einem Konzert miteinander gesprochen hatten, hatte sich eine nette kleine Soloeinlage am Telefon daraus entwickelt. Jedoch war er für Telefonsex heute nun wahrlich nicht zu gebrauchen.
»Nein?«
»Nein, Federico...«
Mit einem Mal herrschte eine merkwürdige, gleichsam aufgeladene Stille in der Leitung. »Was ist geschehen, Alex?«
Alexis ließ die Schultern sinken, dann legte er sich auf das Bett und starrte zur Decke empor.
»Alexis!«, verlangte Federico ungeduldig zu wissen.
»Es geht um Patrice.«
»Was ist mit ihm?« Man musste Federico zugutehalten, dass seine Stimme besorgt klang und nicht eifersüchtig oder zornig. Dies war durchaus keine Selbstverständlichkeit, wenn man bedachte, dass Patrice mit ein Auslöser für ihren Streit und die zeitweilige Trennung gewesen war.
»Seine Mutter ist heute Abend gestorben.« Das war es. Da war es draußen. Einfach so, ein Satz und er konnte Welten zusammenbrechen lassen.
»Oh mein Gott. Wie, was ist passiert?«
»Sie war mit Patrice Kaffee trinken und ist zusammen gebrochen.«
»Was?«
»Ein Aneurysma der Aorta. Es ist geplatzt. «
Federico sagte nichts, wenn Alexis nicht sein Atmen vernommen hätte, dann hätte er gedacht, Federico sei nicht mehr da.
»Einfach so?«
»Einfach so«, bestätigte Alexis. »Er schläft jetzt, ich habe ihm eine Schlaftablette gegeben.«
»Und was jetzt? Er hat niemanden, oder? Keine Familie?«
»Nicht dass ich wüsste.«
»Du wirst ihm natürlich helfen.«
Er zog die Augenbrauen nach oben: »Habe ich eine Wahl?«
»Nein. Gott, das ist... Ich muss es Claude sagen.«
»Ich denke, das wäre am besten.«
»Okay, er ist mit ein paar anderen einen draufmachen gegangen, aber ich sage es ihm, sobald er zurück ist. Allerdings weiß ich nicht, ob er sich dann melden wird.«
»Weißt du, ob er Patrice anzeigen wird? Was hat Claude gesagt?«
»Er hat nicht viel darüber gesprochen. Wir haben nur einmal darüber geredet, aber es geht ihm näher, als er zuzugeben bereit ist. Ich glaube nicht, dass er Patrice anzeigt.«
»Wie war das Konzert?«
»Mhm? Oh, es war gut. Ja, war in Ordnung.« Es fiel Federico wohl schwer sich jetzt einem anderen Thema zu widmen. »Soll Claude dann anrufen?«
»Das muss Claude für sich entscheiden.« Und mehr würde Alexis zu diesem Punkt nicht sagen. Claude war verdammt noch mal erwachsen genug, um diese Entscheidung selbst zu treffen.
Um der Wahrheit die Ehre zu geben, Alexis konnte nicht sagen, wie er an Claudes Stelle reagiert hätte. Immerhin war er einmal in einer ganz ähnlichen Situation gewesen. Sein damaliger Lover hatte ihn mit seiner Noch-Ehefrau betrogen und Alexis hatte sie auf frischer Tat ertappt. Dass ihn Henry monatelang betrogen und belogen hatte, hatte Alexis so sehr zugesetzt, dass es sogar der Grund gewesen war, warum er England verlassen und in der Schweiz hatte weiterstudieren wollen.
Henry hatte versucht ihn umzustimmen, wieder zu ihm zurückzukehren, doch Alexis hatte ihn ganz kalt abblitzen lassen und nicht nur das, er war sogar so seit gegangen, dass er das Fundament von Henrys Selbstständigkeit zum Einsturz gebracht hatte. Er hatte Henry gezeigt wer am längeren Hebel saß.
Aber Patrices Betrug an Claude war ungleich harmloser,
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