Con molto sentimento (German Edition)
den Boden und kullerte unter die Couch. Patrice hatte sich wirklich nicht mehr unter Kontrolle.
»Davon wirst du schon nicht gleich abhängig und fürs Erste ist es am besten. Du brauchst ein paar Stunden Schlaf und etwas Ruhe.« Alexis drückte eine neue Tablette aus dem Blister. »Ich bin auch kein Freund davon jedes Zipperlein gleich mit Medikamenten zu behandeln, aber manchmal muss es einfach sein.«
Alexis blieb sitzen bis Patrice eingeschlafen war. Es war schon bedrückend, Patrice hatte nach seiner Hand getastet und Alexis hielt die Finger noch immer fest. Aber was erwartete er auch, der Junge hatte gerade seine Mutter verloren! Ein anderer Junge, der auch einmal vor langer Zeit seine Eltern verloren hatte, kam ihm in den Sinn: Federico. Er musste Federico noch anrufen. Claude musste es wissen. Natürlich konnte er nicht verlangen, dass die beiden sofort nach Genf zurückkamen. Warum auch, sie konnten ja ohnehin nichts mehr ändern und Alexis kam mit Patrice und den nun nötigen Formalitäten schon zurecht. Jedoch sollten sie es erfahren und vielleicht half es Claude auch zu einer Entscheidung zu kommen. Wobei es natürlich auch nicht fair war, den Tod von Patrices Mutter, als mögliches Druckmittel zu missbrauchen. Und wenn Claude nur aus Mitleid heraus auf eine Anzeige verzichtete, war dies auch nicht der wirklich beste Beweggrund.
Patrice würde in den anstehenden Tagen ohnehin kaum einen Gedanken an diese Sache verschwenden. Da war sich Alexis sicher. Doch spätestens nach der Beerdigung würde es wieder ein Thema werden.
Oder sollte er warten bis Patrice wieder wach war und dieser sollte es Claude selbst sagen, dass seine Mutter tot war? Nein, das war vermutlich keine gute Idee und würde es für Patrice nur unnötig schwer machen.
Nein, besser er verständigte Federico und dieser sollte mit Claude darüber reden.
So wartete Alexis ab, bis Patrices Atemzüge jenen gleichmäßigen Rhythmus einnahmen, den nur ein ganz tiefer Schlaf mit sich brachte. Dann steckte er den Arm des Jungen unter die Decke und löschte das Licht.
Im Schlafzimmer schälte er sich zunächst aus seinen Klamotten. Die Nähte der Reithose hatten sich auf seinen Beinen eingedrückt, sein Poloshirt war staubig und verschwitzt. Er hatte im Bund der Hose sogar noch seine Lederhandschuhe eingesteckt gehabt und es gar nicht bemerkt. Anscheinend war auch er doch etwas durch den Wind und kurz überlegte Alexis, ob er sich nicht einen starken Schluck Whisky gönnen sollte. Nein, besser nicht.
Sein Shirt landete in der nächstbesten Ecke und er griff nach seinem Smartphone. Das Konzert sollte längst vorbei sein. Nur mit seiner Unterhose bekleidet setzte er sich auf die Bettdecke und rieb sich die roten Striemen an seinen Schenkeln, wartete bis die Verbindung aufgebaut war. Die Dusche musste noch zurückstehen ehe er mit Federico geredet hatte. Es wollte es jetzt sofort hinter sich bringen.
»Alexis!« Natürlich hatte Federico die Nummer gesehen und seine Stimme war eine Mischung aus Freude und Überraschung. Wobei die Freude klar überwog.
Alexis schloss die Augen und konnte nicht verhindern, dass er lächelte. »Federico...« Er seufzte. Es tat so verdammt gut, den Liebsten zu hören. Zunächst hatte er sofort mit der bitteren Wahrheit herausrücken wollen, doch jetzt sehnte er sich danach, dass Federico einfach nur weiterreden würde. Einfach reden und von seinem Tag erzählen, als ob alles ganz normal wäre.
»Was machst du?«, fragte Alexis deshalb.
»Ich sitze im Hotel auf dem Zimmer, versuche aus den spanischen Doctor Who-Folgen schlau zu werden und mische ein paar Karten.« Karten mischen oder irgendwelche irren Techniken zum Abheben der Karten, das war Federicos bevorzugte Entspannungsübung für seine Finger und Sehnen. Mittlerweile gab es kaum ein Tutorial auf Youtube, das er nicht durchgearbeitet oder nachgemacht hätte. Ein Jammer, dass Federico nicht ab und an Poker spielte, er könnte damit dermaßen angeben, aber außer zu einer Runde Bridge war er in dieser Hinsicht zu nichts zu bewegen.
»Und ich habe mir ein Clubsandwich und ein Bier bringen lassen. Der Zimmerjunge war richtig niedlich.«
Diese kleine Spitze überhörte Alexis geflissentlich.
»Bier?«, erkundigte er sich stattdessen. Federico war normalerweise nicht der übermäßige Biertrinker. Er schloss sich Alexis gerne an, wenn dieser eine Flasche Wein aufmachte und auch einem Single Malt war
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