Con molto sentimento (German Edition)
Teenager.«
»Patrice ist auch kein typischer Teenager.«
»Stimmt, aber...« Claude gestikulierte mit der Hand, brachte aber kein weiteres Wort hervor. »Ich mag ihn, aber ich weiß nicht, ob es überhaupt einen Sinn hat«, setzte er von Neuem an. »In drei Jahren lässt er mich womöglich sitzen, weil er sich sexuell ausleben möchte.«
Es war schon merkwürdig, ganz ähnliche Diskussionen hatte Alexis auch schon mit Federico geführt. Federico hatte immer behauptet, dass er nie und nimmer mit anderen Typen ins Bett gehen wollte und abgesehen von dieser einmaligen Sache mit Nicolai in St. Petersburg hatte es auch keine sexuellen Kontakte mit fremden Männern gegeben. Nicht bei Federico und auch nicht bei Alexis.
»Wenn du Patrice liebst und er sich ausleben möchte, dann musst du es ihm zugestehen.«
»Das kann ich nicht.«
»Ich hätte nie gedacht, dass du so eifersüchtig bist.«
Claude zog eine Grimasse. »Vielleicht hatte ich deswegen nie eine ernsthafte Beziehung. Ich hatte immer Angst, dass mich ein Typ sitzenlässt und ich dann in Selbstzweifel versinke. War ich nicht gut genug? Zu fett oder zu dünn? Zu aktiv und zu dominant? Ach...«
Und diese Litanei erinnerte Alexis ziemlich genau an seine jüngeren Schwestern, wenn diese mit ihrem Glück oder Unglück in der Männerwelt haderten. Claude lamentierte noch weiter und Alexis ließ ihn ungestört reden.
»Es kann nicht bei jedem so gut laufen wie bei Federico und dir.«
An dieser Stelle musste sich Alexis doch wieder einschalten. Es war ja nicht so, dass ihnen ihr Glück einfach so zufiel und das sagte er Claude auch. »Man muss dafür arbeiten. Man muss an sich arbeiten, aber man darf sich selbst auch nicht komplett für den Partner verbiegen.« Ja, genau dieser letzte Aspekt hatte Alexis in den vergangenen Tagen vortrefflich vorgeführt. Federico war von Alexis‘ Verhalten regelrecht vor den Kopf gestoßen gewesen. Aber er würde es erneut tun, auch wenn es unermesslich schwer gewesen war.
Eine Trumpfkarte konnte Alexis noch ausspielen: »Patrice wird höchstwahrscheinlich Genf verlassen müssen.« Das war noch nicht spruchreif, aber es zeichnete sich ab.
Hier horchte Claude auf, Alexis fiel auf, dass seine Hände zitterten. Anscheinend war diese Neuigkeit wie eine Bombe eingeschlagen.
»Warum?«, kam es schwach von Claude.
»Sein Stiefbruder wird ihm das Leben nicht unbedingt leichter machen. Patrice hat sich schon einmal eine blutige Nase geholt und selbst die Polizei wird ihm nahelegen sich von Luc und Konsorten fernzuhalten.«
»Luc ist ein primitives Arschloch.«
»Das mag schon sein, aber da er an jenem Abend nicht dabeigewesen ist, wird man ihn auch nicht verhaften können. Patrice wird der Polizei sämtliche Namen und Verbindungen nennen. Er wird sich damit selbst zur Zielscheibe machen.« Alexis war sich fast zu hundert Prozent sicher, dass Patrice dies tun würde. So gut kannte er den Jungen inzwischen. Sobald wieder einigermaßen der Alltag für ihn eingekehrt war, würde Patrice den Gang zur Polizei antreten.
Claude stellte das Glas endgültig auf den Tisch und schlang die Arme um die Knie. Alexis rückte näher an ihn heran und drückte ihn. »Patrice hat seinen Fehler längst eingesehen, sonst würde er doch nicht so ein Opfer auf sich nehmen.«
»Aber... Aber das hätte ich nie von ihm verlangt!« Claude schluckte und kämpfte sichtlich mit den Tränen. »Wo will er denn überhaupt hingehen? Er hat doch niemanden mehr!«
»Sein Vater hat angeboten ihn mit in die USA zu nehmen.«
Claude stand der Schrecken buchstäblich ins Gesicht geschrieben: »Und Patrice wird das tun? Er kennt doch seinen Vater so gut wie gar nicht, die hatten noch nie ein gutes Verhältnis. Wenn man überhaupt von einem Verhältnis sprechen möchte.«
»Zumindest zieht es Patrice in Betracht.« Alexis hatte weitere Pläne, aber die würde er zuerst mit Patrice selbst besprechen müssen. Es hing davon ab, ob Patrice bereit dazu war wirklich in ein fremdes Land und in eine fremde Kultur zu ziehen. Das war für so einen jungen Menschen ein großer Schritt.
» Fuck .«
Ja, das fasste Claudes und Patrices gegenwärtige Situation ziemlich treffend zusammen.
Federico wusste nicht, wo Alexis abgeblieben war. Irgendwann kurz nach Mitternacht war er aufgewacht und sofort hatte er gewusst, dass der Mann, der neben ihm im Bett lag, nicht sein Alexis war.
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