Con molto sentimento (German Edition)
deutete hinter sich in Richtung Wohnzimmer.
Alexis musste es Claude ja wirklich hoch anrechnen, dass er sich ihm gegenüber so unvoreingenommen gab. Da hatte Alexis mit mehr Widerstand gerechnet, immerhin hatte er sich damals offen auf Patrices Seite gestellt.
Claude stellte eine Flasche Lambrusco vor ihm auf den Tisch, daneben den Pizzakarton und einen Stapel Servietten. Besser Alexis fragte gar nicht erst nach, ob es auch Teller oder Besteck gab. Und richtig, Claude warf sich mit einem theatralischem Seufzer auf die Couch und schenkte sich einen großen Schluck Lambrusco ein. Essmanieren schienen heute nicht gerade hoch im Kurs zu stehen.
»Greif zu!«
»Ich bekomme immer höllische Kopfschmerzen von dem Zeug«, bemerkte Alexis, während er sich ein Stück Pizza angelte und es skeptisch musterte. Mais, er mochte keinen Mais auf der Pizza, aber er würde die gelben Körner auch nicht herunterpuhlen. So weit kam es noch, dass er sich diese Blöße gab!
Claude seufzte erneut. »Wäre ein Merlot recht?«, fragte er mit nasaler Stimme.
»Oh, gerne!« Alexis ging auf diese Spitze gar nicht ein.
Also raffte sich Claude noch einmal auf und holte den besagten Wein. Claudes Verwandte besaßen ein eigenes Weingut in Frankreich und Alexis hatte schön öfters die Weine von dort verkostet.
»Wieso warst du nicht auf der Beerd igung?«, erkundigte sich Alexis. Sein Tonfall völlig neutral, keine Anklage oder Vorwürfe schwangen mit.
»Du warst doch da. Federico war da. Das reicht doch.«
»Patrice hätte dich gebraucht«, gab Alexis zurück und bemühte sich noch immer so freundlich als möglich zu klingen.
Claude antwortete nichts und verspeiste nur ein Stück Pizza nach dem anderen. Anscheinend wollte er die gesamte Familienpizza alleine niedermachen, denn Alexis hielt sich noch immer an seinem ersten Stück. Da hatte sich Claude ja etwas vorgenommen. Oder war es etwa ein sprichwörtliches Frustfressen, das er hier veranstaltete?
Alexis lehnte sich zurück und nippte indes lieber an seinem Rotwein. »Ach Claude, ich kann mir ziemlich genau denken, was in diesem Kopf da vorgeht.« Er tippte Claude gegen den besagten Kopf.
»Lass hören«, knurrte Claude ungehalten und kippte den Lambrusco herunter, als ob es Leitungswasser wäre.
Alexis schob die Flasche außer Reichweite des Franzosen, was ihm einen schrägen Blick einbrachte.
»Du kannst dich betrinken, sobald ich fertig bin«, begann Alexis. »Du bist mit dir selbst nicht im Klaren, was du möchtest. Patrice und damit eine ernsthafte Beziehung, oder doch lieber ein One-Night-Stand nach dem anderen. Du hast jetzt gesehen, dass es in einer Beziehung nicht nur rosige Zeiten gibt und das macht dir Angst. Angst, dass du verletzt werden könntest.«
»Ich bin schon verletzt worden«, gab Claude zurück und drehte das Glas in seinen Händen.
›Ah, da liegt der Hund begraben‹, dachte sich Alexis. Claude war durch Patrices Verhalten in größerem Ausmaß verwundet worden, als er zugeben wollte. Aber an sich war dieses Zugeständnis nicht schlecht, hieß es doch, dass Claude Gefühle für Patrice hatte.
»Aber das gehört dazu«, bescheinigte Alexis. Jeder Streit mit Federico ging ihm selbst noch tagelang nach. Und gerade ihre letzte Auseinandersetzung war wohl die schlimmste Probe seit Beginn ihrer Beziehung gewesen. Unweigerlich blickte Alexis auf seinen Ring. Gott sei Dank! Es war lediglich der Platinring mit dem Smaragd, das Gegenstück ruhte nun wieder an seinem angestammten Platz an Federicos Ringfinger.
Wäre Federico heute nicht auf der Beerdigung gewesen, dann wäre Alexis heute Abend zu ihm gegangen. Beerdigungen hatten es leider an sich, dass sie die Menschen dazu brachten über ihren Schatten zu springen. Im Angesicht des Todes erschien einem so Vieles als unbedeutend.
»Darauf kann ich gut verzichten.«
»Möglich. Aber kannst du auf Patrice verzichten?«
»Aber er ist noch so jung, so unerfahren. Ein Kind!« Das war wohl Claudes Totschlagargument. Doch Alexis ließ es nicht gelten.
»Ich glaube, in den letzten Wochen ist er viel erwachsener geworden. Zwangsläufig, aber ja, er ist noch jung.« Alexis hielt inne und lachte dann kurz auf. »Federico war damals neunzehn, als ich ihn kennengelernt habe, auch nur ein Jahr älter als Patrice heute ist.«
»Das ist etwas anderes, Federico war schon immer seinem Alter voraus. Er war kein typischer
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