Con molto sentimento (German Edition)
nächste Thema gefunden, an welchem sie sich abarbeiten konnten.
›Also wirklich Schwestern! Seid doch etwas cleverer‹, stöhnte Claude in Gedanken und schloss entnervt die Augen. Er selbst provozierte gerne, ein Kirchgang mit einem Lover und offensichtlichem Geknutsche in der Kirchenbank, so etwas hatte Claude schon einmal abgezogen. Aber man musste auch erkennen, wann es besser war sich anzupassen und möglichem Ärger schon im Vorfeld aus dem Weg zu gehen. So wie heute Abend. Den zwei Schwestern da vorn schien dies nicht einzufallen, ungeniert turtelten sie weiter miteinander.
Mit sichtlichem Unbehagen blickte nun auch eines der Mädchen auf ihr Handy. Doch leider würde es noch fünf Minuten dauern bis der Bus kam, sofern er pünktlich war. Claude wollte eigentlich gar nicht weiter hinsehen. Diese Krawallbrüder hatten ihre Zielübungen vergessen und zwei von ihnen setzten sich in Bewegung. Gingen geradewegs auf das Pärchen zu.
›Hoffentlich gibt es keine...‹, doch bevor er weiter darüber nachdenken konnte, hatten diese ungehobelten Bastarde angefangen die Männer blöd anzumachen. Es folgten die üblichen Anmerkungen, dass es ekelhaft wäre und überhaupt man sollte sie kastrieren lassen. Und noch bevor Claude einmal mehr auf seine Uhr blicken konnte, eskalierte die ganze Situation vor seinen Augen. Nachher konnte er nicht mehr sagen, wie es dazu gekommen war. Wer angefangen oder wer hier wen provoziert hatte. Um die Männer hatte sich ein Ring gebildet und schon wurden die ersten Schläge ausgeteilt. Es ging so verdammt schnell!
Claude sah es und dachte nicht darüber nach, ob es klug war einzuschreiten oder nicht. Wenn er in so eine Lage geraten würde, wäre er jedenfalls um jede Hilfe froh, die er bekommen würde und so rief er lauthals über die Straße während er zu der Gruppe lief: »Hey! Was soll das?«
Er blickte sich zu den Mädchen um und sah, dass eine bereits telefonierte und dabei in Richtung Bahnhofsgebäude rannte. Hoffentlich rief sie die Polizei und vielleicht konnte sie noch einen Taxifahrer oder sonst einen Passanten finden, der einschreiten konnte.
Bis dahin jedoch...
Patrice wusste nicht, wie es passieren konnte, aber mit einmal Mal geriet einfach alles außer Kontrolle. Es war, so befand er später, wie mit einer Lawine. Zuerst waren es nur boshafte Kommentare über die beiden Schwulen gewesen. Patrice hatte sich da noch zurückgehalten. Gerade in Anbetracht seiner letzten Begegnung mit Claude im Treppenhaus und seinen lüsternen Gedanken danach.
Aber dies war erst der Anfang gewesen, nur ein kleines Rinnsal, dann eine wahre weiße Hölle, die alles unter sich begrub. Gleichgültig was die beiden Männer getan hätten, es hätte die Clique nur noch mehr angestachelt. In seinem vom Alkohol benebelten Zustand nahm Patrice den Fortgang nur gedämpft, wie hinter einer Scheibe Milchglas, wahr. Irgendjemand fing an den Kleineren der Schwulen zu treten und schließlich lag jemand am Boden. Nicht, dass dies einen von Lucs Freunden davon abhalten würde, nicht noch mehr Tritte auszuteilen. Irgendjemand brüllte etwas, doch Patrice wusste nicht, ob es einer von ihrer Gruppe war oder jemand der Passanten, die an der Bushaltestelle gewartet hatten. Oder vielleicht sogar er selbst.
Dann wurde Patrice nach vorne gestoßen. Offensichtlich sollte er mitmachen. Doch er hätte nie einen anderen Menschen geschlagen oder getreten. Zumindest dachte er das, bis er inmitten dieser Tierherde stand. Denn eigentlich waren dies keine Menschen mehr, nur noch Tiere, die ihren Ängsten und Gefühlen nachgaben, zügellos und unbeherrscht. In der Schule hatten sie über solche Ereignisse und Gruppendynamik gesprochen. Wie so viele hatte Patrice behauptet, dass ihm so etwas nie passieren könnte. Dass er sich nicht von einem Kollektiv beeinflussen lassen würde. Die Wirklichkeit sah ganz anders aus. Ganz anders.
Noch lange Zeit danach schämte er sich dafür, doch in diesem Moment erfasste auch ihn der Rausch und bevor er noch lange darüber nachdachte, trat auch er nach einem der Männer, der sich daraufhin sofort auf dem Boden krümmte, die Hand an den Bauch gepresst und das Gesicht zu einer schmerzhaften Fratze verzogen. Dann erkannte Patrice das Gesicht und von einer Sekunde auf die nächste wurde er nüchtern. Als ob man ihn in einen eiskalten Fluss untergetaucht hätte. Claude! Oh Gott, das war Claude!
Er blickte auf ihn hinab. Claude hielt
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