Con molto sentimento (German Edition)
langsam: »Ich erinnere mich, du wolltest schon immer nach Heidelberg gehen. Dein Großvater hat dort gearbeitet und geforscht, richtig?«
»Ja, genau.« Honoré sah ihn verwundert an. »Du weißt das noch?«
»Natürlich, du hast es mir erzählt. Ich höre zu.« Autsch! Ein fieser, kleiner Seitenhieb, der nicht unbedingt nötig gewesen wäre. Das nahm er wohl besser zurück.
Claude stand auf und setzte sich neben Honoré auf die Couch. »Dann hätte es mit uns beiden ohnehin keinen Wert. Ich weiß noch nicht, ob ich hier in Genf bleibe, aber ich würde dir ganz bestimmt nicht nachreisen.« Das war die Wahrheit.
Aber vielleicht war es für Honoré eine Chance. So weit weg von den Eltern, der Familie. Ein neues Umfeld, neue Kollegen. Womöglich war es der Ortswechsel, der ihm helfen würde endlich zu sich und seiner Sexualität zu stehen, statt damit hinter dem Berg zu halten. Claude würde es ihm von Herzen wünschen.
Honoré schüttelte den Kopf. »Gott, Claude. Du bist so eiskalt, fühlst du gar nichts?« Er legte eine Hand in Claudes Nacken und zog ihn näher zu sich heran.
»Ich bin Realist«, entgegnete Claude. Er wollte schon aufstehen und den Ex hinausbitten, doch dann hielt er inne und küsste Honoré ein letztes Mal auf die Lippen. Das volle Programm; mit Zunge.
Kurz dachte Claude daran, dass er mit Stéphane nicht gezögert hatte noch einmal Sex zu haben bevor dieser Genf verlassen hatte. Warum dann nicht auch mit Honoré? Immerhin war Stéphane auch sein Exlover gewesen. Aber zwischen ihm und Stéphane war es eben auch nur Sex gewesen und nichts weiter. Honoré konnte nicht so leicht unterscheiden und trennen.
Aber Claude müsste auch lügen, wenn er Honoré nicht mit einem Stückchen Wehmut zur Tür begleitete. Sie hatten ein paar schöne Monate zusammen gehabt und Claude hatte auch fest daran geglaubt, dass es mit ihnen etwas werden könnte. Leider hatte es sich nicht bewahrheitet.
»Wie war es heute auf der Polizeistation?«, erkundigte sich dann noch Honoré, während er seine Schuhe anzog. »Gibt es irgendwelche Neuigkeiten?«
»Kaum. Sie schauen sich jetzt die Überwachungsbänder durch.«
»Da sind sie ja wirklich früh dran«, feixte Honoré.
Claude zog eine Schulter nach oben. »Ansonsten ermitteln sie jetzt gegen versuchten Totschlag, aber immer noch ohne konkrete Spur. Wenigstens geht es den beiden anderen auch gut. Vielleicht treffen wir uns mal.«
»Tja... okay... Claude...«
Es kostete Claude einige Mühe Honoré zuzunicken und ruhig zu lächeln während er meinte: »Danke für Alles und alles Gute in Heidelberg.« Dann schloss er die Tür und lehnte sich dagegen, wartete bis er Honorés Schritte auf der Treppe hörte und dann schließlich gar nichts mehr.
Den Rest des Tages beschäftigte er sich seiner Violine und den Stücken für das Konzert. Am Abend fiel er dann erschöpft und müde in sein Bett. Er war ja auch noch nicht wieder gänzlich hergestellt und das Gespräch mit Honoré zollte auch seinen Tribut.
Zum ersten Mal seit langer Zeit wünschte sich Claude, dass jemand neben ihm in diesem Bett liegen würde. So wie gestern Nacht.
Wie zur Verdeutlichung nahm er sich das zweite Kissen und schlang die Arme darum. Wollte er zu viel? Er wurde ja auch nicht jünger, nicht dass er alt war, aber mit Honoré hätte er zumindest einen treuen Partner gehabt. Honoré sah auch gut aus, war gebildet, verdiente sein eigenes Geld. Ja, solche Punkte waren Claude durchaus wichtig. Aber dann hatte es doch nicht gepasst. War er zu unnachgiebig gewesen? Hätte er nicht so sehr auf seinen Standpunkten beharren sollen?
Nein, er hätte nicht dauerhaft mit einem Mann zusammenleben können, der ihm Vorschriften machte, ob er auf seinem Handy während der Dienstzeiten im Krankenhaus angerufen werden durfte oder nicht. Das war ja lächerlich. Als ob Claude etwas war, das man verstecken musste. Ganz so, als ob sich Honoré für ihn schämen würde.
Claude rieb die Nase an dem Kissenbezug. Er roch noch ein bisschen nach Patrice. Der wiederum war genau das andere Extrem: Jung, ging noch zur Schule, entdeckte gerade erst seine Zuneigung zu Männern. So etwas wollte sich Claude aber auch nicht aufhalsen. Was für eine Arbeit das wäre, zumal er nicht sagen konnte, was besser war. Patrice, mit seiner homophoben, verkrachten Familie oder Honoré, dessen Eltern nichts gegen Homosexuelle hatten, so lange der eigene Sohn
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