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Con molto sentimento (German Edition)

Con molto sentimento (German Edition)

Titel: Con molto sentimento (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya T. Heinrich
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zuwarf, zog er nur die Schultern nach oben.
     
    ›Ich habe es dir doch gesagt!‹, als ob er es laut ausgesprochen hätte.
     
    Vielleicht war es ganz gut, dass Claude dann nach weiteren fünf Minuten endgültig der Geduldsfaden riss. Er trat von seinem Pult hinunter, ging zum Flügel, hob den Deckel an und löste die Strebe, die ähnlich wie bei einer Motorhaube das Zuklappen verhinderte. Dann ließ er den schweren Deckel einfach fallen.
     
    Der Knall und das Vibrieren sämtlicher Saiten im Flügel hatte den gewünschten Effekt. Es herrschte endlich Ruhe.
     
    Federico sah einigermaßen schockiert aus, doch wohl weniger ob Claudes Verhalten an sich, eher wegen der sträflichen Behandlung, die diesem edlen Konzertflügel zuteil geworden war. Er sah so aus als ob er im nächsten Moment von seinem Platz aufspringen und Claude an die Gurgel gehen würde. Das würde ihn einen Drink kosten, um diesen Frevel wieder gutzumachen. Mindestens.
     
    »So«, begann Claude und begab sich wieder zu seinem Platz.
     
    »Mir reicht es jetzt. Wer Probleme damit hat, dass ich zum neuen Konzertmeister ernannt worden bin, soll es mir hier und jetzt ins Gesicht sagen. Ich habe es dermaßen satt, dass durch diesen Kindergarten hier unsere spielerische Qualität leidet. Also, wer hat ein Problem damit?«
     
    Schweigen, die Blicke richteten sich vorwiegend auf den Boden und auf die Noten.
     
    »Gut, dass das geklärt ist. Und wer hat ein Problem damit, dass ich schwul bin?«
     
    Erneut keine Reaktion.
     
    »Ja, Stéphane und ich waren einmal zusammen; das war vor vier Jahren!« Die Einzelheiten brauchten ja niemand zu interessieren, dass sie sich in der Zwischenzeit durchaus gesehen hatten.
     
    »Und überhaupt, warum verreißt ihr euch nicht das Maul über Melanie und Tobi. Die beiden waren auch mal ein Paar.« Melanie wurde knallrot, als plötzlich die Aufmerksamkeit des Orchesters auf ihr ruhte, und Tobi kauerte sich hinter seinem Notenständer zusammen. Zugegeben es war nicht gerade fair gewesen die beiden da hineinzuziehen, aber es ging hier Claude ums Prinzip.
     
    »Mal eine andere Frage. Wer von euch hätte den Job überhaupt übernehmen wollen?... Entweder ihr sagt jetzt eure Meinung und wir reden darüber, oder haltet euren Mund und ich will nichts mehr davon hören.« Nachdem er weitere zehn Sekunden – er zählte still mit – abgewartet hatte, blätterte er energisch durch die Seiten der Partitur, die vor ihm lag. Seine Hände zitterten und das Herz klopfte ihm bis zum Hals, so etwas hatte er immerhin auch noch nie gemacht, aber er kaschierte es, in dem er die Blätter auf seinem Pult ordnete.
     
    Dann sah er auf: »Gut und wenn das geklärt ist, dann arbeiten wir jetzt. Die Mittagspause ist heute gestrichen, ihr hattet ja gerade genügend Zeit zum Ausruhen... Ab Takt 250, wenn ich bitten darf. Federico fängst du an?«
     
    »Ja.«
     

     

     
    »Ist er immer so bitchy?«, raunte Claire, als das Orchester dann endlich mit den Proben begonnen hatte.
     
    Patrice zog die Schultern nach oben. Wenn er ehrlich war, dann hatte er Claude so noch nie erlebt. Ja, überhaupt mochte das Bild, das er in seinem Kopf von Claude hatte, nicht so recht zu diesem jungen Mann passen, der da gerade so provokant vor einer versammelten Gruppe von Mitstudenten über seine Sexualität gesprochen hatte. Es war eine Sache mit einer pinken Einkaufstüte durch die Straße zu laufen und noch einmal eine gänzlich andere seine Mitmenschen so offen darauf anzusprechen, ob sie ein Problem damit hatten, das man schwul war.
     
    Doch Claudes Ansprache hatte Patrice mächtig imponiert. Da musste man schon gehörige Eier haben, wenn man so unverfroren reden konnte. Einmal mehr spürte Patrice in sich diesen schuldbewussten Stich. Er hingegen war ja so feige! Warum hatte er Claude nicht schon längst die Wahrheit gesagt?
     
    Aber gerade jetzt, nach dieser Nacht in Claudes Wohnung, da hatte Patrice das Gefühl, dass es von nun an nur noch schwieriger werden würde irgendwann einmal mit der Wahrheit herauszurücken.
     
    Während Patrice also die gesamte Zeit Claude genau im Auge behielt, waren Claires und Jeans Blicke auf Federico am Flügel geheftet. Statt heute ins Freibad zu gehen, hatten die beiden anderen kurzerhand sich dazu entschlossen Patrice vor die vollendete Tatsache zu stellen, dass sie ins Konservatorium gehen würden. Da die Proben hier im großen Konzertsaal stattfanden, hatte sich niemand daran gestört, dass in der hintersten

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