Conan der Schwertkämpfer
jugendlichen Königin und sagte:
»Verzweifelt nicht, Eure Majestät! Die Gefangenschaft, der Mangel an Verbindung zur Außenwelt und zu Menschen, ist eine Qual für Euch. Doch Hilfe ist näher, als Ihr denkt.«
Königin Marala setzte sich auf. Sie strich das Haar aus dem Gesicht, während ihr angeborener Mut sich sammelte, um der Verzweiflung Herr zu werden.
»Ihr seid zu gütig, Khafrates. Doch Ihr müßt wissen, daß Moranthes die Macht des Sternes fürchtete, solange ich ihn besaß. Doch nun braucht er keine Angst mehr davor zu haben, und es ist ihm gleichgültig, was aus mir wird.«
Khafrates hob die buschigen Brauen. »Was war denn die Kraft dieses Juwels, meine Königin?«
»Die Legenden legten mehr hinein als wirklich in diesem Ring steckt. Moranthes glaubte, der Stein gäbe mir die Macht, Männer in meinen Bann zu zwingen. Und weil er es annahm, glaubten es auch die anderen mit der Zeit. Aber die Legenden sind falsch.«
Sie erhob sich und schaute den Arzt fest an. »Denkt Ihr, ich brauche Zauberei, um einen Mann in meinen Bann zu bringen – das heißt, einen normalen, wirklichen Mann?«
Obgleich Khafrates schon alt war, erkannte er doch die Kraft, Verlangen zu erwecken, die in der Königin fein geschwungenen Lippen und den wohlgeformten Rundungen ihres anmutigen Körpers lag, eines Körpers, den ihr Gewand kaum verhüllte. Er schüttelte wortlos den Kopf.
»Ich erzähle Euch eine Geschichte«, sagte Marala und schritt mit grazilen Bewegungen und nachdenklich zusammengezogenen Brauen durchs Zimmer. »Graf Alarkar, mein Vorfahre der siebten Generation, besaß als erster diesen Stein. Er war ein berühmter Reisender zu seiner Zeit – das war lange, ehe das gegenwärtige Herrscherhaus von Ophir den Thron bestieg –, und seine Abenteuer führten ihn weit in den Osten, wohin keine Ophiten je ihren Fuß gesetzt hatten ...«
Khafrates hüstelte. »Eure Majestät, ich habe eine dringende Nachricht ...«
Ganz in ihre Erinnerung versunken, winkte die Königin ihm befehlend zu, zu schweigen. »Als Alarkar durch die Dschungel von Vendhya reiste, stieß er auf die Ruinenstadt von Khorala, in der nur ein Einsiedler hauste. Dieser Eremit war nahe am Verhungern, denn er hatte sich ein Bein gebrochen und konnte sich nicht um seinen kleinen Garten kümmern.
Alarkar pflegte ihn gesund, während sein Gefolge in den Wäldern ringsum nach Nahrung suchte. In seiner Dankbarkeit zeigte der einsame Alte Alarkar einen versteckten Schatz unter dem Boden eines zerfallenen Tempels und forderte meinen Vorfahren auf, sich davon zu nehmen, was sein Herz begehrte. Alarkar wählte einen Ring mit einem großen azurblauen Stein, in dessen Saphirherzen ein ewiges Feuer wie ein Silberstern leuchtete. Das war alles, was er von dem ganzen Schatz wollte.«
»Weshalb nahm er nicht mehr Juwelen?« fragte Khafrates erstaunt.
Die Königin lächelte. »Graf Alarkar war nicht habgierig und zu Hause ohnedies ein reicher Mann. Außerdem befürchtete er wohl, falls sein Gefolge mit den Schätzen der Dschungelstadt beladen war, Räubern, Mördern und habgierigen Herrschern zum Opfer zu fallen. Wie dem auch war, er begehrte lediglich diesen Ring.
Das erwies sich als gute Wahl. Der Einsiedler war ein Zauberer von zweihundert Jahren und mehr. Hätten Räuber seine Behausung betreten, er hätte sie sofort mit Hilfe übernatürlicher Kräfte vernichtet. Der Magier erkannte jedoch die Tugendhaftigkeit meines Vorfahren und gewährte ihm für seine Unterstützung eine Belohnung. Er legte einen mächtigen Zauber in das Juwel.«
»In den Stern von Khorala?«
»Ja. Als der Zauberer seine Beschwörung vollendet hatte, sagte er: ›Im Besitz eines guten Menschen wird dieser Ring andere gute Menschen dazu führen, sich um eines guten Zweckes willen um ihn zu sammeln.‹« Sie hielt überlegend inne.
»Aber was – was hat dieses Juwel in unserer Zeit für eine Kraft?« fragte der Arzt.
»Vor zweihundert Jahren«, erwiderte Marala, »verhalf dieser Ring Alarkar zur Unterstützung des Königs und vieler Edler, ein Gesetz zu planen, das Rechte und Pflichten aller Bürger des Königreichs festlegen sollte. Doch durch Verrat scheiterte dieses Unternehmen und ...«
Das Fenster des Gemachs brach mit klirrenden Scherben nach innen. Ein schwarzgekleideter Riese mit funkelnden blauen Augen sprang mit erhobenem Schwert ins Zimmer.
In seiner freien Hand hielt der Riese ein Paar seltsame Geräte, die gewaltigen Vogelkrallen glichen und meisterlich aus Stahl
Weitere Kostenlose Bücher