Conan-Saga 01 - Conan
Verstand verloren. Aber Conan wäre nie auch nur auf die Idee gekommen, seinen Sinnen zu mißtrauen. Er wußte, daß er hier einem Dämon der Älteren Welt gegenüberstand, und diese Erkenntnis erfüllte ihn mit einem solchen Grauen, daß er unfähig war, etwas anderes zu tun, als dieses Geschöpf anzustarren.
Der Rüssel hob sich und tastete suchend umher. Die Topasaugen stierten blicklos durch die Luft. Als Conan klar wurde, daß das Wesen blind war, löste sich seine Erstarrung, und er machte sich daran, leise zur Tür zurückzuweichen. Aber das Geschöpf mit dem Elefantenschädel hatte offenbar gute Ohren. Der Rüssel streckte sich nach Conan aus. Wieder lähmte das Grauen den Cimmerier. Doch da begann das Wesen mit einer fremdartig klingenden, stammelnden Stimme zu sprechen, ohne auch nur im geringsten den Tonfall zu verändern. Das lag wohl daran, dachte der Barbar, daß dieser Rachen nicht für die menschliche Sprache geschaffen war.
»Wer bist du? Bist du wieder gekommen, mich zu foltern, Yara? Wirst du nie genug haben? O Yag-kosha, gibt es denn kein Ende meiner Qualen?«
Tränen rollten aus den blinden Augen. Conans Blick fiel auf die Gliedmaßen, die auf dem Marmorbett lagen. Da sah er, daß dieses grauenvolle Geschöpf gar nicht aufstehen konnte, um ihn anzugreifen. Er erkannte die Narben, die Streckbank und glühende Eisen hinterlassen hatten. So abgehärtet er auch war, erschütterte es ihn, diese gräßlichen Verstümmelungen der Arme und Beine zu sehen, die, das sagte ihm sein Gefühl, einst so wohlgewachsen wie seine eigenen gewesen waren. Und plötzlich verdrängte ein tiefes Mitleid seine Furcht und seinen bisherigen Abscheu. Welcher Art dieses Geschöpf war, wußte er nicht, doch die Beweise, welches Leid es erdulden mußte, waren so schrecklich und ergreifend, daß es dem Cimmerier, für ihn selbst unbegreiflich, das Herz zusammenpreßte. Er spürte die kosmische Tragödie, und er wand sich vor Scham, als müsse er die Schuld der ganzen Rasse tragen.
»Ich bin nicht Yara«, sagte er. »Ich bin nur ein Dieb. Ich werde dir ganz sicher nichts tun.«
»Komm zu mir, damit ich dich berühren kann«, bat das Geschöpf stockend. Und Conan trat ohne Angst zu ihm, während sein Schwert vergessen in seiner Hand lag. Der empfindsame Rüssel streckte sich wieder aus und tastete behutsam über des Cimmeriers Gesicht und Schultern, wie ein Blinder es tut, um sich ein Bild zu machen, und die Berührung war sanft wie die einer liebenden Frau.
»Du bist nicht von Yaras Rasse von Teufeln«, murmelte das Geschöpf. »Die reine Wildheit der Ödlande zeichnete dich. Ich kenne dein Volk von früher, doch unter einem anderen Namen als den, den es jetzt führt, und aus einer alten, vergessenen Zeit, da die Welt ein anderes Gesicht hatte und ihre prunkvollen Türme dem Himmel entgegenstreckte. An deinen Händen klebt Blut.«
»Vom Kampf gegen eine Spinne in der Kammer oben, und gegen einen Löwen unten im Garten«, murmelte der Barbar.
»Du hast in dieser Nacht auch einen Menschen getötet«, sagte das Wesen mit dem Elefantenschädel. »Und ich spüre den Tod oben im Turm.«
»Ja«, flüsterte Conan. »Der König der Diebe ist dem Biß des Spinnenungeheuers erlegen.«
»So – und so!« Die fremdartige nichtmenschliche Stimme hob sich zu einer Art tonlosem Gesang. »Ein Tod in der Diebesschenke, ein Tod auf dem Dach – ich weiß es, ich spüre es. Und der dritte wird den Zauber bewirken, von dem nicht einmal Yara träumt – o Zauber der Erlösung, ihr grünen Götter von Yag!«
Wieder rollten Tränen aus den Topasaugen, während der gemarterte Körper unter den verschiedensten Gefühlen erbebte. Conan starrte das Geschöpf verwirrt an.
Als es sich zu beruhigen begann, wandten die sanften, blicklosen Augen sich in Conans Richtung. Der Rüssel bedeutete ihm, näherzukommen.
»Höre mich an, o Mensch!« sagte das ungewöhnliche Wesen. »In deinen Augen bin ich abscheulich und ungeheuerlich. Du brauchst nicht zu antworten, ich weiß es. Aber vielleicht würdest du mir genauso vorkommen, könnte ich dich sehen. Es gibt viele Welten neben dieser Erde, und das Leben nimmt vielerlei Form an. Ich bin weder ein Gott noch ein Dämon. Ich bin aus Fleisch und Blut wie du, wenn auch vielleicht zum Teil von anderer Art, und sicher auch in anderer Gestalt erschaffen.
Ich bin sehr alt, o Mensch aus den Ödlanden. Vor langer, unendlich langer Zeit kam ich zu diesem Planeten, zusammen mit anderen von meiner Welt, dem grünen
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