Conan-Saga 06 - Conan von Cimmerien
anschließt.
Das Klirren von Schwert und Axt war verklungen, das Schlachtgebrüll verstummt. Stille lag über dem rotbefleckten Weiß. Die blasse, verschleierte Sonne, die sich so blendend auf den Eisfeldern und den weiten Schneeflächen spiegelte, ließ das Silber von durchstochenen Rüstungen und zerbrochenen Klingen aufblitzen, wo die Toten lagen, wie sie gefallen waren. Leblose Hände umklammerten noch die Schwertgriffe. Rot- und goldbärtige Gesichter, von Flügelhelmen umrahmt, starrten grimmig himmelwärts wie in einem letzten Gebet zu Ymir, dem Eisriesen, dem Gott der Kriegerrasse.
Über die geröteten Schneewehen und die Gefallenen hinweg funkelten zwei Männer einander an. In all dieser Trostlosigkeit waren sie die einzig Lebenden. Der Frosthimmel hing über ihnen, die weiße, schier endlose Ebene war um sie, und die Toten lagen zu ihren Füßen. Langsam stapften sie über die Gefallenen hinweg aufeinander zu, Geistern gleich, die sich auf den Trümmern einer toten Welt zum Kampfe stellen. In der drückenden Stille standen sie sich schließlich gegenüber.
Beide waren hochgewachsen und kräftig gebaut wie Tiger. Ihre Schilde hatten sie längst verloren, ihre Harnische waren verbeult. Blut verkrustete auf der Kettenrüstung. Die Schwerter waren besudelt. Die gehörnten Helme wiesen Spuren grimmiger Hiebe auf. Einer der Männer war bartlos und schwarzhaarig; der Bart und die Locken des anderen leuchteten so rot wie das Blut auf dem sonnenglitzernden Schnee.
»Mann«, sagte der Rothaarige, »verrat mir deinen Namen, damit meine Brüder in Vanaheim erfahren mögen, wer als letzter von Wulfhers Schar durch das Schwert Heimduls fiel.«
»Nicht in Vanaheim«, knurrte der schwarzmähnige Krieger, »sondern in Walhall wirst du deinen Brüdern erzählen, daß du auf Conan von Cimmerien gestoßen bist!«
Heimdul brüllte und sprang. Sein Schwert blitzte in einem tödlichen Bogen. Als die singende Klinge auf seinen Helm krachte und blaue Funken davon sprühten, schwankte Conan und rote Sterne funkelten vor seinen Augen. Aber noch im Taumeln legte er alle Kraft seiner breiten Schulter in sein Schwert. Die scharfe Spitze drang durch Messingschuppen, Knochen und Herz, und der rothaarige Vanir starb zu des Cimmeriers Füßen.
Conan richtete sich auf und ließ sein Schwert sinken. Er schwankte vor Erschöpfung. Der grelle Sonnenschein auf dem Schnee stach wie Messer in seine Augen. Der Himmel wirkte geschrumpft und merkwürdig zerfetzt. Er wandte sich von dem zertrampelten Feld ab, wo blondbärtige Krieger in der letzten tödlichen Umarmung mit ihren rothaarigen Gegnern lagen. Ein paar Schritte tat er, als das Blenden des sonnenbeschienenen Schnees plötzlich nachließ. Eine wallende Woge der Dunkelheit überschwemmte ihn, und er sank nieder. Grimmig stützte er sich auf einen Arm und bemühte sich, die Blindheit aus den Augen zu schütteln, wie ein Löwe seine Mähne.
Ein silberhelles Lachen schnitt durch seine Benommenheit, und allmählich kehrte sein Sehvermögen zurück. Er schaute auf. Ungewöhnlich war die Landschaft plötzlich, von einer Fremdartigkeit, die er sich nicht zu erklären wußte – eine seltsame Tönung von Erde und Himmel verursachte sie. Aber er beschäftigte sich nicht lange mit diesem Rätsel, denn vor ihm stand, sich wie eine Gerte im Winde wiegend, eine Frau. Sein verwirrter Blick sah einen Körper wie aus Elfenbein, der nur von einem feinen Schleiergespinst bedeckt war. Die schlanken Beine schimmerten weißer als der Schnee, auf dem sie ruhten. Sie widmete dem Krieger, der sie ungläubig anstarrte, ein Lachen süßer als das Klingen silberner Glöckchen, aber schneidend von grausamem Hohn.
»Wer seid Ihr?« fragte der Cimmerier. »Woher kommt Ihr?«
»Ist das so wichtig?« Ihre Stimme war klangvoller als eine Harfe mit Silbersaiten, aber auch sie verriet spöttische Grausamkeit.
»So ruft schon Eure Leute«, forderte er sie auf und umklammerte sein Schwert. »Auch wenn meine Kraft mich verlassen hat, werden sie mich nicht lebend bekommen. Ich sehe, daß Ihr von den Vanir seid.«
»Habe ich das gesagt?«
Kurz betrachtete er erneut ihre wirren Locken, die ihm auf den ersten Blick rot vorgekommen waren. Doch nun schienen sie ihm weder rot noch gelb zu sein, sondern eine herrliche Mischung beider Farben. Verzaubert starrte er sie an. Ihr Haar war wie Elfengold. Die Sonne spiegelte sich so stark darauf, daß es ihn blendete, es zu betrachten. Auch ihre Augen waren weder ganz
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