Conan-Saga 06 - Conan von Cimmerien
Rascheln und schleichende Schritte waren dahinter zu hören, und hin und wieder war das Schimmern grimmiger Augen zu sehen. Und einmal erhob sich eine nichtmenschliche Stimme in keckerndem Spott. Es war der Schrei eines Affen, erklärte Bêlit und fügte hinzu, daß die Seelen böser Menschen zur Strafe für immer in den Körpern dieser menschenähnlichen Tiere gefangen wären. Aber Conan glaubte es nicht so recht, denn einmal hatte er in einer hyrkanischen Stadt ein Tier mit unvorstellbar traurigen Augen in einem goldenen Käfig gesehen, und man hatte ihm gesagt, es sei ein Affe. Doch an ihm war nichts dieser dämonischen Bösartigkeit gewesen, die aus dem kreischenden Gelächter des Wesens aus dem Dschungel geklungen hatte.
Der Mond ging auf wie ein frischer Blutfleck auf schwarzem Tuch, und der Dschungel erwachte, um ihn lautstark zu begrüßen. Brüllen, Heulen und Schrillen ließen die schwarzen Krieger erzittern. Aber all dieser ohrenbetäubende Lärm kam, wie Conan bemerkte, von weit aus dem Innern des Dschungels. Es war, als scheuten die Tiere die düsteren Fluten des Zarkheba nicht weniger als die Menschen.
Über die dichten finsteren Wipfel und die sich wiegenden Farnwedel hinweg warf der Mond seinen Silberschein auf den Fluß, so daß das Kielwasser der Tigerin zu einem sich verbreiternden glitzernden Pfad wie aus zerplatzenden Juwelen wurde. Die Ruder tauchten in das phosphoreszierende Gewässer und kamen in frostigen Silberschaum gehüllt hoch. Die Federbüsche auf den Köpfen der Krieger wiegten sich im Wind, und die Edelsteine an den Schwertknäufen und Rüstungen funkelten.
Das kalte Licht ließ die Steine des Diadems in Bêlits schwarzen Locken in eisigem Feuer brennen, als die Piratin sich anmutig auf dem Leopardenfell ausstreckte, das sie auf dem Deck ausgebreitet hatte. Sie stützte sich auf einen Ellbogen, und ihr Kinn ruhte auf der schlanken Hand. Sie schaute Conan an, der es sich neben ihr bequem gemacht hatte, und strich seine im Wind flatternde Mähne aus dem Gesicht zurück. Bêlits Augen glitzerten wie dunkle Juwelen im Mondschein.
»Geheimnisse und Schrecken sind rings um uns, Conan«, murmelte sie, »und wir rudern in das Reich des Grauens und Todes. Fürchtest du dich?«
Ein Achselzucken war seine Antwort.
»Auch ich habe keine Angst«, fuhr sie nachdenklich fort. »Ich fürchtete mich nie. Oft schon schaute ich dem Tod ins Auge. Conan, fürchtest du die Götter?«
»Ich möchte nicht auf ihre Schatten treten«, antwortete der Cimmerier bedächtig. »Manche Götter haben die Kraft zu zerstören, andere helfen den Menschen, das behaupten jedenfalls ihre Priester. Der Mitra der Hyborier muß ein starker Gott sein, denn seine Anhänger erbauten ihre Städte auf der ganzen Welt. Aber selbst die Hyborier fürchten Set. Und Bel, der Gott der Diebe, ist ein guter Gott. Als ich Dieb in Zamora war, hörte ich viel über ihn.«
»Was ist mit deinen eigenen Göttern? Nie hast du ihre Namen in den Mund genommen.«
»Der höchste ist Crom. Er lebt auf einem himmelhohen Berg. Aber was sollte es nutzen, ihn anzurufen? Es ist ihm gleichgültig, ob die Menschen leben oder sterben. Es ist besser, seine Aufmerksamkeit gar nicht erst auf sich zu lenken, denn er schickt Verderben, keine Hilfe oder irdische Güter. Er ist grimmig und kennt die Liebe nicht. Doch er haucht dem Neugeborenen die Kraft zu streben und zu kämpfen ein. Wer kann mehr von den Göttern verlangen?«
»Aber was ist mit den Welten jenseits des Todesflusses?« fragte Bêlit beharrlich.
»Im Glauben meines Volkes gibt es keine Hoffnung, weder für das Heute, noch auf ein Leben nach dem Tod«, antwortete Conan. »In diesem Leben kämpfen und leiden die Menschen vergebens und finden ihre Freude nur im Wahnsinn der Schlacht. Und wenn sie sterben, wandern ihre Seelen für alle Ewigkeit durch ein graues Nebelreich mit tiefhängenden Wolken und eisigen Winden.«
Bêlit schauderte. »Das Leben, auch wenn es wenig zu bieten hat, ist besser, als ein solches Geschick. Woran glaubst du, Conan?«
Er hob die Schultern. »Ich habe viele Götter kennengelernt. Wer sie verleugnet, ist so blind wie der, der sich zu sehr auf sie verläßt. Ich versuche nicht, über den Tod hinaus zu schauen. Vielleicht liegt hinter ihm die Schwärze, wie nemedische Skeptiker es behaupten, oder Croms eisiges Wolken- und Nebelreich, oder aber auch die weiten Säle der Walhall der Nordheimer. Ich weiß es nicht, es kümmert mich auch nicht. Ich möchte das Leben,
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