Conan-Saga 06 - Conan von Cimmerien
erst fiel Conan auf, daß die Luft mit einem fremdartigen, süßlichen Duft geschwängert war. Etwas streifte sanft gegen seine Schläfe. Er wirbelte herum. Aus einer Gruppe grüner, ungewöhnlich dicht belaubter hoher Stiele nickten große schwarze Blüten ihm zu. Es war eine von ihnen, die ihn berührt hatte. Sie schienen ihm zu winken, streckten ihm ihre biegsamen Stengel entgegen. Sie bewegten sich, raschelten, obgleich kein Windhauch zu spüren war.
Conan wich vor ihnen zurück, denn nun erkannte er sie als schwarzen Lotus, dessen Saft den Tod bedeutete und dessen Duft in traumschweren Schlaf wiegte. Schon spürte er, wie eine betäubende Gleichgültigkeit ihn beschlich. Er wollte sein Schwert heben, um die schlangengleichen Stengel niederzumähen, aber sein Arm hing hilflos an seiner Seite und ließ sich nicht bewegen. Er öffnete die Lippen, wollte seinen Kriegern rufen, doch nur ein schwaches Krächzen drang heraus. Im nächsten Moment schien der Dschungel um ihn mit erschreckender Plötzlichkeit zu schwanken und es wurde dunkel vor seinen Augen. Er hörte die grauenvollen Schreie ganz in seiner Nähe nicht mehr. Seine Knie gaben nach und er sank schlaff zu Boden. Die schwarzen Blüten nickten in der unbewegten Luft über ihm.
3
DAS GRAUEN IM DSCHUNGEL
War es ein Traum, den mir der schwarze Lotos gab?
Dann sei der Traum verdammt, der mir das Leben stahl;
Verdammt jeder Moment, der nicht erfüllt
vom Strom des dunklen Blutes über kalten Stahl.
Das Lied der Bêlit
Anfangs war die Schwärze der absoluten Leere um ihn, durch die der kalte Wind des kosmischen Raumes blies. Dann bildeten sich verschwommene, monströse Formen in dem unendlichen Nichts, als nähme die Dunkelheit Gestalt an. Der Wind wehte und schuf einen Strudel, eine wirbelnde Pyramide aus donnernder Finsternis. Aus ihr erwuchsen Form und Dimension, und dann plötzlich, wie Wolken, die sich auflösen, oder ein Vorhang, der aufgezogen wird, teilte sich die Dunkelheit. Sie schob sich zu beiden Seiten zurück und offenbarte eine große Stadt aus grünem Stein, die sich am Ufer eines breiten, durch eine schier endlose Ebene strömenden Flusses erhob. Geschöpfe von fremdartiger Gestalt bewegten sich in dieser Stadt. Sie waren geflügelt und von gewaltigem Wuchs. Sie entstammten gewiß keinem Zweig der Evolution, die zum Menschen geführt hatte, sondern waren die reifen Früchte eines exotischen Baumes mit eigenen Zweigen. Abgesehen von ihren Schwingen ähnelten sie dem Menschen in etwa soweit, wie der Mensch auf seiner höchsten Entwicklungsstufe dem Affen gleicht. Und was ihre geistige, ästhetische und intellektuelle Reife betraf, waren sie dem Menschen so überlegen, wie es der Mensch dem Gorilla ist. Doch als sie ihre mächtige Stadt erbauten, war der Mensch noch nicht dem Urschlamm entstiegen.
Diese Wesen waren sterblich, wie alle Kreaturen aus Fleisch und Blut. Sie lebten, liebten und starben, doch war ihre Lebensspanne gewaltig. Und dann setzte nach unzähligen Jahrmillionen die Veränderung ein. Das Bild schimmerte und verzerrte sich. Über Stadt und Land wogte die Zeit dahin, wie Wellen über einen Strand. Auf dem Planeten verschoben sich die magnetischen Felder, und die großen Gletscher und Eisflächen setzten sich auf die neuen Pole zu in Bewegung.
Aus den weiten Ebenen entlang der Ufer des großen Flusses wurden Sümpfe, in denen sich reptilisches Leben entwickelte. Wo sich die saftigen Wiesen erstreckt hatten, erhoben sich Wälder und verwuchsen zu dichtem, feuchtem Dschungel. Der Wandel verschonte auch die Bewohner der Stadt nicht. Aus Gründen, die unverständlich blieben, wanderten sie nicht in neues, fruchtbares Land aus, sondern blieben in ihrer alten Stadt, die dem Untergang geweiht war – und sie mit ihnen. Und wie das einst mächtige und reiche Land immer tiefer vom schwarzen Sumpf des sonnenlosen Dschungels verschlungen wurde, versanken auch die Bewohner der Stadt im Chaos des kreischenden Dschungellebens. Gewaltige Beben erschütterten die Erde, die Nächte waren fahl vom Widerschein speiender Vulkane, die sich Feuersäulen gleich ringsum am dunklen Horizont erhoben.
Nach einem Erdbeben, das die Außenmauer und die höchsten Türme der Stadt zum Einsturz brachte und bei dem sich ein tödlicher Stoff aus den Tiefen der Erde mit dem Gewässer des Flusses vermischt hatte, stellte sich heraus, daß das Wasser, von dem die Bewohner der Stadt seit undenkbarer Zeit getrunken hatten, nun verseucht
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