Conan-Saga 07 - Conan der Rebell
abschütteln.«
Otanis blickte Conan schockiert an. »Aber das würde zum Ende der Zivilisation führen!«
»Allerdings«, bestätigte Conan.
»Das harterworbene Gut vieler Zeitalter – die Wissenschaften, Kunst, Bildung –, das alles soll zunichte gemacht werden, nur dieser erbärmlichen Kreaturen wegen?«
»Ich war in vielen zivilisierten Reichen, und es stimmt, sie hatten viel zu bieten, doch immer war der Preis dafür die Staatsmaschinerie, und immer war dieser Preis zu hoch.« Conan warf seinem Begleiter einen scharfen Blick zu. »Deine Ansichten sind für einen Taianer – zumindest, was ich über sie gehört habe – erstaunlich.«
Otanis preßte die Lippen zusammen. »Wir unterhalten uns besser nicht über Politik«, murmelte er und fiel in ein Schweigen, aus dem Conan ihn nicht zu reißen vermochte. Schließlich gab der Cimmerier es auf und hing seinen Gedanken an Bêlit nach.
Die Entfernung, die sie zurückzulegen hatten, betrug lediglich ein paar Meilen, und so erreichten die Wanderer Khemi gegen Mitternacht. Mauer und Türme erhoben sich wie Berge über den dunkel schimmernden Styx. Da und dort glimmte ein Fenster gelb und einsam, ansonsten war die Stadt eine einzige Düsternis, die das auf sie scheinende Mondlicht aufzusaugen schien. In einer Nacht wie dieser würden in einer anderen Stadt zumindest von einigen Türmen jubelnde Klänge fröhlich Feiernder zu hören sein, in dieser Hauptstadt der Zauberpriester jedoch herrschte nur drückendes Schweigen.
Entlang einer Pflasterstraße an der Mauer führte Otanis Conan in die Hafengegend. Das brachte sie in Sichtweite der Großen Pyramide, eines gewaltigen Bauwerks, das selbst über die höchsten Zinnen hinausragte. Da die Hafenstraße ziemlich hoch lag, konnte Conan auch die bleiche Wirrnis der alten Steinbrüche und Grüfte bis hinunter zum Flußufer sehen. Ein unerklärlicher Schauder rann ihm über den Rücken. Jegliche Begegnung mit einem menschlichen Feind löste Begeisterung in ihm aus, aber er konnte die uralte Furcht des Barbaren vor dem Übernatürlichen nicht abstreifen; und hatte er nicht gehört, daß die Geister unzähliger Jahrhunderte auf jenem Hügel ihr Unwesen trieben? Was Khemi selbst betraf – er hatte Bêlit nicht gestanden, welchen Mut er aufbringen mußte, einen solchen Ort zu betreten.
Trotzdem war er besser als jeder andere geeignet, Otanis zu begleiten und seiner Liebsten den Bruder zurückzubringen. Innerlich kämpfte er gegen seine Urängste an, äußerlich schritt er mit der Geschmeidigkeit eines Tigers dahin.
Zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang waren die Tore für alle geschlossen, außer für jene, die für die Priesterschaft einen Auftrag zu erfüllen hatten. Doch nur zwei Seitenmauern mit ihren Wachttürmen lagen dem Hafen gegenüber, der freien Zugang zur Stadt bot, da Mauern hier den Seehandel behindert hätten, von dem fast ganz Stygien abhing. Als Verteidigung hatte die Stadt hier die königliche Flotte, den Steilhang und schließlich die Macht ihrer Zauberer. Seit Hunderten von Jahren hatte kein Feind mehr den Mut aufgebracht, die Stadt anzugreifen. Selbst ihre Befestigungen dem Inland zu dienten im Grund genommen nur der Priesterschaft, die Bürger besser unter Kontrolle zu halten.
So konnten Conan und Otanis die Stadt wie spätheimkehrende Fischer betreten. Sie hielten sich allerdings im tiefen Schatten und machten immer wieder halt, um sicherzugehen, daß sie keinen Hafenwächtern in die Hände liefen, die ihnen möglicherweise unangenehme Fragen stellten. In den Straßen außerhalb der Hafengegend durften sie sich freier bewegen.
»Was für ein Loch!« brummte Conan. »Ist denn keine einzige anständige Trinkstube offen, wo man ein Horn Bier gegen diese mörderische Hitze bekommen könnte?«
»Doch, dort, wohin wir uns jetzt begeben«, versicherte ihm Otanis leise, »sonst kaum irgendwo in der Stadt. Seid jetzt lieber still, damit wir nicht die Aufmerksamkeit gewisser Kreaturen erregen, die des Nachts durch die Straßen kriechen.«
Unbemerkt umklammerte Conans Rechte unter dem Umhang den Schwertgriff. Er hatte von den Riesenpythons gehört, die Set heilig waren. Sie durften des Nachts frei umherstreifen und sich an Beute holen, was sie fanden. Fast wäre ein solches Ungeheuer ihm willkommen gewesen, denn dann hätte er einen Gegner aus Fleisch und Blut zu bekämpfen gehabt. Er war kein Stygier, der sich widerstandslos zermalmen und verschlingen ließ, nur weil das der Wille eines Gottes
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