Conan-Saga 11 - Conan der Abenteurer
wird Thog sich wegen neuer Opfer in die weite Welt begeben oder sich in die Unterwelt zurückziehen müssen, aus der er vor so undenkbarer Zeit kam.
Sie wissen, wie ihr Ende schließlich aussieht, aber sie sind schicksalsergeben und des Widerstands oder der Flucht unfähig. Keiner der jetzigen Generation sah die Mauern dieser Stadt je aus größerer Entfernung von außen. Einen Tagesmarsch südlich liegt eine Oase – ich sah sie auf den alten Karten, die ihre Vorfahren auf Pergament zeichneten –, doch seit drei Generationen hat kein Bürger von Xuthal sie besucht und noch viel weniger sich die Mühe gemacht, das fruchtbare Weideland zu erforschen, das nach der Karte einen weiteren Tagesmarsch von ihr entfernt liegt. Sie sind eine dahinschwindende Rasse, versunken in ihre Lotusträume, die die kurze Zeit ihres Wachseins durch den goldenen Wein zu verschönern suchen, der Wunden heilt, das Leben verlängert und selbst dem Übersättigten neue Freude und Kraft schenkt.
Und doch hängen sie an ihrem Leben und fürchten die Gottheit, die sie verehren. Ihr habt selbst gesehen, wie einen der Wahnsinn packte, als er von Euch hörte, daß Thog durch die Paläste streift. Ich habe selbst miterlebt, wie sie alle schreiend und haareraufend aus dem Stadttor rannten und sich draußen an die Mauer kauerten, wo sie auslosten, wen sie hineinwerfen würden, um Thogs Hunger und Lust zu befriedigen. Schliefen sie jetzt nicht, würden sie, bei der ersten Kunde, daß er wach ist, panikerfüllt aus dem Tor fliehen.«
»O Conan!« flehte Natala hysterisch. »Laß uns fortlaufen!«
»Nur Geduld, Mädchen!« brummte der Cimmerier, während seine Augen brennend auf der Elfenbeinhaut der schönen Frau ruhten. »Was macht Ihr, eine Stygierin, hier?«
»Ich kam als ganz junges Mädchen hierher«, antwortete Thalis. Sie lehnte sich anmutig gegen die Samtkissen zurück und überkreuzte die Hände im Nacken über dem schwarzen Seidenhaar. »Ich bin eine Königstochter, keine einfache Frau, wie Euch meine Haut verrät, die so weiß ist, wie die Eures kleinen blonden Mädchens. Ich wurde von einem Rebellenprinzen entführt, der mit einer Armee kushitischer Bogenschützen südwärts in die Wildnis zog, um ein eigenes Land für sich zu finden. Er und alle seine Krieger gingen elendiglich in der Wüste zugrunde – außer einem, der mich auf ein Kamel setzte und sich neben mir herschleppte, bis auch er starb. Das Tier wanderte weiter, während ich vor Durst und Hunger die Sinne verlor. Ich erwachte in dieser Stadt. Die Leute hier erzählten mir, einer habe mich früh am Morgen von der Mauer aus reglos neben einem toten Kamel liegen sehen. Sie holten mich in die Stadt und brachten mich mit ihrem wundervollen goldenen Wein wieder auf die Beine. Aber nur der Anblick einer Frau hatte sie dazu bringen können, sich weiter hinauszuwagen.
Natürlich waren sie ungemein interessiert an mir, die Männer vor allem. Da ich ihre Sprache nicht kannte, lernten sie meine, und das ging sehr schnell. Ich brauchte viel viel länger, bis ich ihre auch nur verstehen konnte. Aber sie waren mehr an mir als an meiner Sprache interessiert. Ich war und bin die einzige, für die ein Mann hier eine Weile auf seine Lotusträume verzichtet.«
Sie lachte bedeutungsvoll und widmete Conan einen feurigen Blick.
»Natürlich sind die Frauen eifersüchtig auf mich«, fuhr sie selbstzufrieden fort. »Sie sind auf ihre Weise sehr hübsch mit ihrer gelben Haut, aber sie sind genauso verträumt und unsicher wie die Männer, denen ich nicht nur wegen meiner Schönheit gefalle, sondern weil ich wirklich bin, kein Traum. Obgleich auch ich die Lotusträume kennengelernt habe, bin ich doch eine normale Frau geblieben, mit irdischen Gefühlen und Bedürfnissen. Dagegen kommen die mondäugigen gelben Frauen nicht an.
Deshalb halte ich es für besser, wenn Ihr Eurem Mädchen mit Eurem Säbel die Kehle durchschneidet, ehe die Männer von Xuthal erwachen und sich ihrer bemächtigen. Sie werden Dinge mit ihr tun, von denen sie nie auch nur geträumt hätte. Sie ist zu weich, um das auszuhalten, was mir Spaß macht. Ich bin eine Tochter Luxurs, und ehe ich fünfzehn Sommer zählte, hatte man mich durch Derketos Tempel geleitet und mich in die Mysterien der Liebesgöttin eingeführt. Nicht, daß meine ersten Jahre in Xuthal ein ungetrübtes Vergnügen waren. Die Menschen von Xuthal haben mehr vergessen, als die Priesterinnen Derketas je erträumten. Sie leben nur der Sinneslust. Ob im Wachen
Weitere Kostenlose Bücher