Conan-Saga 16 - Conan der Befreier
seine Verteidigung schwierig. Normalerweise bauten die Aquilonier quadratische Lager, mit Erdwällen oder Palisaden aus dicken Stämmen. Doch weder die eine noch die andere Befestigungsart war in diesem Fall durchführbar, und so war das Lager verhältnismäßig ungeschützt. Das ungünstige Gelände und der Überraschungseffekt durch die Befreiungsarmee (wie sie nun genannt wurde) neigten die Waagschale zugunsten der Rebellen, obgleich die Legionäre zahlenmäßig immer noch stärker waren als Conans Streitkräfte und die aufständischen Poitanen zusammen.
Außerdem war die Moral der Legion am Tiefpunkt, so daß Aquiloniens beste Soldaten diesmal ihrem Ruf keine Ehre machten. Ascalante hatte seinen Offizieren mitgeteilt, daß ihr früherer Oberbefehlshaber, Amulius Procas, durch eigene Hand den Tod gefunden hätte, da er über sein mißliches Verhalten in Argos nicht hinweggekommen war. Die Soldaten der Legion konnten diese Behauptung nicht glauben, denn sie hatten ihren alten General gekannt und geliebt, trotz seiner strengen Disziplin und seiner Rauhbeinigkeit.
Auf die Offiziere und Mannschaften wirkte Ascalante wie ein Geck und Wichtigtuer. Gewiß, der Graf von Thune hatte einige Militärerfahrung, doch lediglich im Garnisonsdienst und an ruhigen Grenzen. Sicher, jeder General, der über kampferfahrene höhere Offiziere gestellt wurde, mußte sich anstrengen, den Neid und Ärger der ihm Unterstellten zu überwinden, und das dauerte immer eine ganze Weile. Aber das etwas schläfrig wirkende Wesen und die höfische Art des Neuen trugen nicht gerade dazu bei, seinen Stab mit dem Kommandowechsel zu beschwichtigen, und die Unzufriedenheit der Offiziere übertrug sich wortlos auf die Soldaten unter ihnen.
Der Angriff war wohlgeplant. Als die poitanischen Bauern das Blut der Wachtposten vergossen, die Zelte angezündet und die Pferde aus ihrem behelfsmäßigen Gatter vertrieben hatten, formierten die so unsanft aus ihrem Schlaf gerissenen Soldaten sich zur Verteidigung gegen die Angreifer, die vom Norden gekommen waren. Doch als sie nun auch unerwartet aus dem Süden von Conans Streitkräften überfallen wurden, löste sich ihre Verteidigungslinie, und der Gesang der Schwerter wurde zur Todesklage.
General Ascalante war nirgends zu finden. Als der Höfling ein Pferd erspäht hatte, hatte er sich auf das ungesattelte Tier geschwungen und es mangels Sporen mit einem Zweig, den er hastig von einem nahen Baum riß, angetrieben. Er konnte den poitanischen Partisanen um Haaresbreite ausweichen und galoppierte in die Nacht hinein.
Ein listiger Glücksritter wie Gromel konnte sich vielleicht bei den Siegern in Gunst setzen, wenn er sich mit seinen Streitkräften ergab, doch für Ascalante war es anders. Er hatte den Stolz des Hochgeborenen. Außerdem ahnte er, was Thulandra Thuu tun würde, wenn er von der Niederlage erfuhr. Der Zauberer hatte erwartet, daß sein neuernannter General die Rebellen südlich des Alimanes halten würde – eine unter normalen Umständen nicht übermäßig schwierige Aufgabe für einen Befehlshaber mit einem Mindestmaß an militärischer Erfahrung. Aber die magischen Künste des Hexers hatten ihn irgendwie nicht vor dem Aufstand der Poitanen gewarnt – ein Ereignis, das selbst einen erprobteren Offizier als den Grafen von Thune entmutigt hätte. Und jetzt war sein Lager versengt und verkohlt, und die totale Niederlage stand bevor. Ascalante hatte demnach keine Wahl, als von hier zu verschwinden und eine möglichst große Entfernung zwischen sich und sowohl den Rebellenführer als auch den dunklen, hageren Zauberer in Tarantia zurückzulegen.
Die ganze mondlose Nacht galoppierte der Graf von Thune durch einen Tunnel hoher Bäume. Gegen Morgengrauen befand er sich etwa dreißig Meilen östlich des Katastrophenorts. Doch der Gedanke an Thulandra Thuus unberechenbaren Grimm trieb ihn auf seinem erschöpften Pferd weiter. Es gab Unterschlüpfe in den Wüsten im Osten, wo, wie er hoffte, ihn selbst der rachsüchtige Zauberer nie finden würde.
Doch im Verlauf der Stunden erwachte in Ascalante ein immer wilderer und nagenderer Haß auf Conan, den Cimmerier, dem er die Schuld an seiner Niederlage und Flucht gab. Tief im Herzen schwor der Graf von Thune sich, es ihm auf gleiche Weise heimzuzahlen.
Gegen Morgen schritt Conan durch das verwüstete Lager der Grenzlegion und nahm die Meldungen seiner Hauptleute entgegen. Hunderte von Königstreuen waren tot oder lagen im Sterben und Hunderte weitere
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