Conan-Saga 17 - Conan der Eroberer
fest, daß er nicht neben der weißen Straße lag, sie war auch nicht in der Nähe zu sehen. Er ruhte auf dem Gras in einer kleinen Lichtung, die ein schwarzer Wall mächtiger Baumstämme und verschlungener Zweige umzäunte. Gesicht und Hände waren zerkratzt und aufgeschürft, als hätte man ihn durch Dornengestrüpp gezerrt. Er verlagerte sein Gewicht, um sich besser umschauen zu können. Da schrak er heftig zusammen. Etwas kauerte, halb über ihn gebeugt, neben ihm.
Zuerst zweifelte Conan daran, daß er tatsächlich wieder ganz bei Sinnen war, und hielt die Gestalt für ein Geschöpf seiner Träume. Es konnte einfach nicht wirklich sein, dieses seltsame graue Wesen, das reglos auf seinen Hinterbeinen hockte und mit unbewegten, seelenlosen Augen auf ihn herabstarrte.
Blinzelnd betrachtete Conan es und erwartete, daß es jeden Moment wie eine Traumgestalt verschwinden würde – bis ein eisiger Schauder ihn überlief. Er erkannte das Geschöpf jetzt. Halbvergessene Erinnerungen kehrten wieder. Er sah sich am Lagerfeuer sitzen, während jemand gräßliche Geschichten über die Kreaturen erzählte, die in den Wäldern am Fuß des Grenzgebirges zwischen Zingara und Argos ihr Unwesen trieben. Ghuls nannte man sie, Menschenfresser, Brut der Finsternis, Abkömmlinge der gespenstischen Vereinigung einer verlorenen und vergessenen Rasse mit den Dämonen der Unterwelt. Irgendwo in diesen uralten Wäldern lagen angeblich die Ruinen einer verfluchten Stadt, durch deren Trümmer graue, menschenähnliche Schatten glitten. Unwillkürlich schüttelte sich Conan.
Auf dem Rücken liegend schaute er zu dem unförmigen Schädel hoch, der sich nur schwach über ihm von den Schatten abhob. Vorsichtig streckte er eine Hand nach dem Dolch an seiner Seite aus. Mit einem grauenvollen Schrei, in den Conan unwillkürlich einstimmte, fuhr das Ungeheuer ihm an die Kehle.
Conan warf den rechten Arm hoch. Der scharfe, dem eines Hundes ähnliche Kiefer schloß sich um ihn, daß die Kettenglieder in die Haut drückten. Die unförmigen und doch menschengleichen Hände versuchten, den Hals zu erreichen, doch indem er sich aufbäumte und herumrollte, während er gleichzeitig mit der Linken den Dolch herausriß, konnte Conan ihnen entgehen.
Ineinander verschlungen wälzten sie sich, aneinander zerrend und aufeinander einschlagend, im Gras. Die Muskeln, die sich unter der grauen, leichenähnlichen Haut spannten, waren hart wie Stahl und denen eines Menschen überlegen. Aber auch Conans Muskeln waren eisenhart, und seine Kettenrüstung schützte ihn lange genug vor den scharfen Zähnen und den reißenden Krallen, daß er mit dem Dolch zustoßen und immer wieder zustoßen konnte. Die Lebenskraft der menschenähnlichen Kreatur schien unerschöpflich zu sein. Der König ekelte sich vor der Berührung der klammen Haut, und so steckte all sein Abscheu in der Wucht, mit der er die Klinge in das graue Fleisch stieß. Plötzlich zuckte das Ungeheuer unter ihm krampfhaft. Die Klinge hatte endlich das Herz gefunden. Nach einer Weile hörten die Zuckungen auf, und der gewaltige Kadaver lag reglos.
Von Übelkeit geschüttelt, erhob Conan sich. Zitternd stand er in der Mitte der Lichtung, mit dem Dolch in der Hand. Er hatte seinen instinktiven Orientierungssinn nicht verloren, aber er wußte nicht, wo die Straße lag, denn er hatte keine Ahnung, in welche Richtung der Ghul ihn gezerrt hatte. Überlegend starrte er auf den stillen schwarzen Wald um ihn, über dem der Mond schien. Kalter Schweiß perlte auf seiner Stirn. Ohne Pferd befand er sich irgendwo in dem weiten Wald, und die mißgestaltete tote Kreatur zu seinen Füßen ließ schließen, daß sich noch weitere dieser Ungeheuer in der Gegend herumtrieben. Mit angehaltenem Atem lauschte er in die Dunkelheit.
Als er schließlich einen Laut vernahm, zuckte er heftig zusammen. Plötzlich zerriß das schrille Wiehern eines Pferdes die Nachtluft. Sein Hengst! Es gab Raubtiere im Wald – oder weitere Ghuls, die sicher auch Pferde fraßen!
Wild bahnte er sich einen Weg durchs Unterholz in die Richtung des Wieherns und pfiff schrill. Berserkerhafte Wut ließ ihn seine instinktive Furcht vergessen. Wenn sein Pferd getötet wurde, hatte er keine Chance mehr, Beloso zu folgen und das Herz Ahrimans an sich zu bringen. Wieder wieherte der Hengst schrill, nun schon ein wenig näher. Dann war das Geräusch stampfender und um sich schlagender Hufe zu hören, und etwas schlug, offenbar getroffen, auf dem Boden auf.
Mit
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