Conan-Saga 17 - Conan der Eroberer
Sternenlicht, das in die Gasse fiel, zeigte Conan sein Profil, als er an ihm vorüberkam. Nach der Greifvogelnase, dem geschorenen Schädel und den breiten Schultern zu schließen, handelte es sich um einen Stygier. Er ging in die Richtung zum Meeresufer. Offenbar trug er eine Laterne unter seinem Umhang, denn Conan glaubte kurz einen Lichtschein zu sehen, ehe der Fremde verschwand.
Aber Conan interessierte sich nicht mehr für ihn, als er bemerkte, daß die Tür, aus der er gekommen war, noch offenstand. Der König hatte beabsichtigt gehabt, die Herberge durch den Haupteingang zu betreten und Servio zu veranlassen, ihn zu dem Raum zu bringen, in dem Beloso schlief. Doch wenn er ins Haus gelangen konnte, ohne jemanden auf sich aufmerksam zu machen, um so besser.
Mit wenigen Schritten war er an der Tür. Als seine Hand das Schloß berührte, atmete er unwillkürlich schneller. Seine erfahrenen Finger, die vor langer Zeit bei den Dieben Zamoras viel gelernt hatten, verrieten ihm, daß das Schloß von außen aufgebrochen war, und zwar mit so gewaltiger Kraft, daß die schweren Eisenriegel das Mauerwerk gesprengt hatten. Wie das gemacht worden war, ohne die ganze Nachbarschaft zu wecken, konnte Conan sich nicht vorstellen, aber er war sicher, daß es erst heute nacht geschehen war, denn Servio hätte ein geborstenes Schloß in dieser Nachbarschaft bestimmt sofort ersetzt, wenn er es bemerkt hätte.
Vorsichtig, mit dem Dolch in der Hand, trat Conan ein. Er fragte sich, wie er das Gemach des Zingariers finden sollte. Als er sich durch die Dunkelheit tastete, blieb er plötzlich stehen. Einem wilden Tier gleich spürte er den Tod in einem Raum vor sich – doch nicht als Gefahr, die ihn bedrohte. Er tastete sich weiter, bis sein Fuß gegen etwas Schweres, Nachgiebiges stieß. Eine Vorahnung quälte ihn. Er fand ein Wandbrett, auf dem eine Lampe stand. Daneben lagen Feuerstein, Stahl und Zunder. Augenblicke später hatte er die Lampe angezündet und sah sich um.
Eine einfache Lagerstatt an der rauhen Steinwand, ein leerer Tisch und eine Bank waren die ganze Ausstattung der schmutzigen Kammer. Eine Tür an einer Innenwand war geschlossen und verriegelt. Beloso lag mit dem Rücken auf dem Lehmboden. Er hatte den Kopf zwischen den Schultern eingezogen, so daß es aussah, als stiere er mit den weitaufgerissenen glasigen Augen auf die rußigen Balken der mit Spinnennetzen überzogenen Decke. Die Lippen waren im Schmerz erstarrt zurückgezogen. Sein Schwert, das noch in der Scheide steckte, lag in seiner Nähe. Sein Hemd war aufgerissen, und auf seiner braunen, muskulösen Brust zeichnete sich der Abdruck einer schwarzen Hand ab. Der Daumen und die vier Finger waren ganz deutlich zu sehen.
Conan spürte, wie sich ihm die Härchen im Nacken aufstellten.
»Crom!« fluchte er. »Die schwarze Hand Sets!«
Er kannte dieses Zeichen von früher. Es war das Todesmal der schwarzen Priester Sets, deren Kult das finstere Stygien beherrschte. Plötzlich entsann er sich des flüchtigen Lichtscheins, der aus dem Umhang des geheimnisvollen Stygiers geleuchtet hatte.
»Das Herz, bei Crom!« murmelte er. »Er trug es bei sich! Er hat es gestohlen! Durch seine Magie sprengte er das Schloß und ermordete Beloso. Er war ein Setpriester!«
Eine schnelle Durchsuchung bestätigte zumindest einen Teil seiner Vermutungen. Der tote Beloso hatte das Juwel nicht mehr bei sich. Das ungute Gefühl machte sich in Conan breit, daß das Ganze kein Zufall war und daß die stygische Galeere mit einem ganz bestimmten Auftrag nach Messantia geschickt worden war. Aber woher konnten die Setpriester wissen, daß das Herz in den Süden gelangt war? Daß sie es gewußt hatten, war allerdings nicht phantastischer als die Tatsache, daß ihre Zauberkünste einen erfahrenen Krieger allein durch die Auflegung einer leeren Hand zu töten vermochten.
Schleichende Schritte auf dem Korridor ließen ihn herumwirbeln. Mit einer Bewegung löschte er die Lampe und zog sein Schwert. Seine Ohren verrieten ihm, daß mehrere Personen sich der Tür näherten. Als seine Augen sich an die plötzliche Dunkelheit gewöhnt hatten, sah er einige Männer an der offenen Tür. Er hatte natürlich keine Ahnung, wer sie waren, aber wie immer handelte er sofort, ohne auf ihren Angriff zu warten – und sprang mitten zwischen sie.
Das verwirrte sie. Mehr als er sie sah, spürte und hörte er sie, und flüchtig fiel der Sternenschein auf einen Maskierten. Er drosch sich mit dem Schwert einen
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