Conan-Saga 24 - Conan der Zerstörer
Euch nicht weniger Erfolg für diese Reise als Ihr selbst, oder vielleicht sogar mehr. Habt Ihr Angst? Oder glaubt Ihr, mit allem, was Euch erwartet, fertigzuwerden? Denkt an Eure Valeria!«
Sein Gesicht wurde hart bei ihren Worten. »Ich habe gesagt, ich werde Euren Auftrag durchführen!«
»Sehr gut. Nun noch etwas, so wichtig wie alles andere, zumindest für Euch. In der siebten Nacht von heute an kommt es zu einer Stellung der Gestirne, wie sie nur alle tausend Jahre einmal erfolgt. Während dieser Konstellation kann ich Valeria zurückbringen. Und ich werde es tun, wenn Ihr bis dahin wieder hier seid ... mit Lady Jehnna und dem Schatz.« Sie hob die Hand, um seinem Protest zuvorzukommen. »Meine Sterndeuter können zwar weder den Aufenthaltsort des Schlüssels noch des Schatzes sehen, aber sie versichern mir, daß beides innerhalb dieser Zeitspanne gefunden und hierhergebracht werden kann.«
»Ah, das versichern sie Euch!« Der Cimmerier lachte grimmig.
Er blickte in seinen Kelch und goß den restlichen Wein in einem Schluck hinunter. Vor einer Stunde, dachte er, bin ich bis zu den Knien durch Zauberei gewatet, und jetzt stecke ich bis zum Hals darin – und tappe im dunkeln.
Plötzlich gellte ein Schrei durch den Palast – der eines Mädchens. Ein weiterer und immer mehr folgten. Conan sprang auf die Füße, und schon lag seine Hand um den Schwertgriff. Er sah die Anspannung der Wachen, die jedoch erst daraufhin erfolgte, und da wurde ihm bewußt, daß sie bei den Schreien nicht einmal die Miene verzogen hatten.
»Das ist meine Nichte«, sagte Taramis schnell. »Jehnna leidet unter Alpträumen. Setzt Euch wieder, Conan, setzt Euch. Ich komme zurück, sobald ich sie beruhigt habe.« Und zum Staunen des Cimmeriers rannte die königliche Hoheit aus dem Gemach.
Taramis brauchte nicht weit zu laufen, und der Ärger verlieh ihr noch dazu Flügel. Sie hatte geglaubt, den Alpträumen endlich ein für allemal Einhalt geboten zu haben und nicht mehr des Nachts durch sie aus dem Schlaf gerissen zu werden. Ihre Nichte lag in der Stellung eines Ungeborenen zusammengerollt auf ihrem Bett und schluchzte, von einem krampfhaften Schütteln gepackt, im schwachen Mondlicht, das durch die Bogenfenster fiel. Taramis wunderte sich nicht, daß das Mädchen allein war, denn die Bediensteten wußten, daß nur sie allein mit den dunklen Visionen aufräumen konnte, die Jehnna so sehr quälten. Die Prinzessin kniete sich neben das Bett und legte beide Hände auf Jehnnas Schultern.
Das Mädchen zuckte zusammen, doch als sie Taramis erkannte, klammerte sie sich an sie. »Es war ein Traum!« wimmerte sie. »Ein entsetzlicher Traum!« Jehnna war achtzehn, schlank und hübsch. Gegenwärtig schwammen ihre großen dunklen Augen in Tränen, und ihre vollen Lippen zitterten, ohne daß sie etwas dagegen hätte tun können.
»Nur ein Traum«, beruhigte Taramis sie und strich sanft über das lange Schwarzhaar der Nichte. »Nur ein Traum.«
»Aber ich sah – ich sah ...«
»Psst. Schlaf dich aus, Jehnna. Morgen beginnt dein großes Abenteuer. Du darfst dich doch jetzt nicht von Alpträumen verschrecken lassen.«
»Es war furchtbar.« Immer noch schüttelte Schluchzen das Mädchen.
»Beruhige dich, Kind.«
Sanft drückte Taramis die Fingerspitzen auf Jehnnas Schläfen und sagte leise einen Spruch. Das Schluchzen legte sich, genau wie das Zittern. Als ihr Atem im langsamen, gleichmäßigen Rhythmus des Schlafes kam, richtete Taramis sich auf. Hundertmal hatte sie geglaubt, den Traum und die Erinnerung an den Traum gebannt zu haben, doch jedesmal war er wiedergekommen, um sie zu quälen. Nun rieb sie sich die eigenen Schläfen. Die gleiche Kraft, die Jehnna ihre Bestimmung gegeben hatte, machte es von Mal zu Mal schwerer, den Alptraum zu vertreiben. Doch ohne diese Kraft und diese Bestimmung gäbe es keine Alpträume. Jehnna war diejenige, von der die Schrift sprach, und nur das war wichtig. Diesmal mußte es gelungen sein, den Traum lange genug zu bannen. Es mußte ganz einfach!
Ihr ganzes Leben lang war Taramis diesem Pfad gefolgt, seit allerfrühester Kindheit. Sobald sie alt genug war, sich ihrer selbst bewußt zu sein, hatte ihre Tante, die Prinzessin Elfaine, angefangen, sie zu lehren, wie eine Frau wirklich zu Macht kommen konnte – und da gab es nur zwei Möglichkeiten: durch die Kunst der Verführung und durch Zauberkraft. Als Elfaine starb, nahm die damals zehnjährige Taramis nicht an den Bestattungsfeierlichkeiten teil.
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