Conan-Saga 24 - Conan der Zerstörer
Die anderen schrieben es ihrer übermächtigen Trauer zu, doch tatsächlich hatte sie die Gelegenheit genutzt, das Privatgemach ihrer Tante zu durchwühlen und all die Zauberwerke und -mittel an sich zu bringen, die Elfaine in ihrem der Magie gewidmeten Leben zusammengetragen hatte. Auf diese Weise kam sie auch zur Schrift Skelos'. Noch in der gleichen Mondphase begann sie mit der zwanzig Jahre dauernden Arbeit, die nun ihrer Vollendung entgegensah.
Plötzlich wurde Taramis sich bewußt, daß Bombatta an der offenen Tür stand und das Mädchen auf dem Bett anstarrte. Schnell durchquerte sie das Gemach und faßte ihn am Arm. Einen Augenblick widersetzte er sich, doch dann ließ er zu, daß sie ihn in den schwach beleuchteten Korridor zog.
»Du verbirgst es nicht einmal mehr«, sagte sie mit gefährlicher Ruhe. »Du begehrst meine Nichte. Versuch nicht, es zu leugnen!«
Er war weit größer und kräftiger als sie, aber er scharrte verlegen mit den Füßen wie ein kleiner Junge, der seine Bestrafung erwartet. »Ich komme nicht dagegen an«, murmelte er schließlich. »Du bist Feuer und Leidenschaft. Sie ist Unschuld und Reinheit. Ich kann wirklich nichts dafür.«
»Und sie muß unberührt bleiben. So steht es in Skelos' Schrift.«
In Wirklichkeit war nicht davon die Rede, daß Jehnna Jungfrau für den bestimmten Zweck sein mußte, lediglich, daß sie frei sein mußte von der geringsten Saat des Bösen, eine reine Seele, die unfähig war, Schlimmes auch nur zu denken oder irgend jemandem Böses zu wünschen oder zu glauben, daß irgend jemand es nicht gut mit ihr meinte. Deshalb hatte Taramis dafür gesorgt, daß sie ein völlig abgeschlossenes Leben führte. Aber sie hatte auch bemerkt, was in Bombatta vorging, lange ehe er sich dessen selbst bewußt geworden war. Und das war der Grund, weshalb sie ihn das glauben machen wollte.
»Selbst wenn dem nicht so wäre«, sagte Taramis zu ihm, »bist du mein, und ich teile mein Eigentum mit niemandem.«
»Es gefällt mir nicht, daß du allein mit dem Dieb bist«, brummte er.
»Allein?« Taramis lachte. »Deine vier besten Männer stehen bereit, ihn zu überwältigen, sollte er mich bedrohen.« Der riesenhafte Krieger murmelte etwas vor sich hin. Sie zog finster die Brauen zusammen. »Sprich laut genug, daß ich dich verstehen kann, Bombatta. Es gefällt mir nicht, wenn man mir etwas vorenthält.«
Einen langen Moment starrte er sie mit schwarzen Augen an, die zu brennen schienen, ehe er sagte: »Ich ertrage den Gedanken nicht, daß der Dieb dich anstiert, dich begehrt, dich berührt ...«
»Du vergißt dich!« Jedes Wort war schneidend. Bombatta wich einen Schritt zurück, dann sank er langsam in die Knie und beugte den Kopf.
»Verzeih mir«, flüsterte er. »Aber diesem Conan ist nicht zu trauen. Er ist ein Ausländer, ein Dieb.«
»Narr! Die Schrift sagt, daß ein Dieb mit Augen von der Farbe des Himmels Jehnna begleiten muß. Es gibt keinen anderen in Shadizar, ja vermutlich in ganz Zamora nicht. Du wirst tun, was ich dir auftrug. Du wirst die Anleitung der Schrift genau befolgen. Genau, Bombatta!«
»Dein Wunsch ist mir Befehl«, murmelte er. Taramis strich ihm über das Haar, wie sie einen ihrer Wolfshunde streicheln mochte. »Ja, natürlich, Bombatta.« Ihr Siegesbewußtsein erregte sie. Nun würde nichts mehr schiefgehen. Das Horn Dagoths würde bald ihr gehören, Unsterblichkeit und Macht würden ihr beschert werden. Diese Gewißheit brannte wie wohliges Feuer in ihr. Ihre Hand auf Bombattas schwarzem Haar zitterte ganz leicht. Sie holte tief Atem. »Sei versichert, daß alles geschehen wird, wie ich es plante, Bombatta. Geh jetzt in deine Kammer und schlafe. Schlaf und träum von unserem Erfolg.«
Unbewegt kniend, blickte Bombatta ihr nach, und seine obsidianschwarzen Augen glitzerten im Dunkeln.
Conan erhob sich, als Taramis in ihr Schlafgemach zurückkehrte. »Wie geht es Eurer Nichte?«
»Besser. Sie schläft.« Die schöne Prinzessin hob eine Hand, woraufhin die schwarzgerüsteten Wachen wortlos das Gemach verließen. »Schlaft Ihr, Dieb, oder seid Ihr wach? Es ist spät, und Ihr sprecht von meiner Nichte.« Das wallende Gewand rauschte ganz leicht bei jedem ihrer Schritte, und dann und wann, wenn keine Falten aufeinandertrafen, offenbarte eine einzelne Stofflage die nackte Haut darunter.
Der Cimmerier beobachtete sie zweifelnd. Bei einer Schankdirne, ja sogar einer reichen Kaufmannstochter wäre er sicher gewesen, daß sie etwas Bestimmtes
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