Conan-Saga 28 - Conan der Glorreiche
Bestes zu geben, aber der
Krieger kämpfte mit unglaublicher Genauigkeit und unvorstellbar schnell. Als er
sich weiter die Rampe hinunterbegab, ließ er sechs Leichen zurück.
In
der Grube teilten zwei der ehemaligen Soldaten die Restlichen schnell zu zwei
Reihen auf, als wären sie Fußsoldaten auf einem Schlachtfeld. Der Krieger
beschleunigte den Schritt weder, noch verlangsamte er ihn. Die beiden Reihen
verzweifelter Männer machten sich daran, sich ihm in den Weg zu stellen. Doch
einen Schritt vor ihnen sprang der Krieger plötzlich nach rechts und griff an.
Die Burschen, die Naipal ausgewählt hatte, mochten zwar geglaubt haben, ihre
Formation mache sie zu Fußsoldaten, aber sie hatten keine Schilde zu ihrem
Schutz. Zwei fielen blutend und zuckend, ehe die Reihen sich nach den
gebrüllten Befehlen der Fahnenflüchtigen drehen konnten. Der wiederbelebte
Krieger wartete jedoch nicht auf sie. Als die Reihen wendeten, sprang er in die
andere Richtung und schmetterte von der Flanke in ihre Mitte. Die Formation
löste sich auf, und jeder kämpfte für sich allein und starb unter der einen
oder anderen Klinge des Kriegers aus alter Zeit.
Als
der Ledergerüstete den letzten getötet hatte, atmete Naipal tief in staunender
Befriedigung. Zwanzig Leichen lagen auf dem blutbesudelten Sand, und der
wiederbelebte Krieger stand ungerührt aufrecht. Zwar war das Leder seiner
Rüstung mehrfach aufgeschlitzt, und seine Zähne waren durch eine
aufgeschnittene Wange zu sehen, aber nicht ein Tropfen Blut sickerte aus ihm.
Er schaute sich unter den Leichen um, um sich zu vergewissern, daß seine Gegner
auch wirklich alle tot waren, und benahm sich, als hätte keine Klinge ihn
berührt.
Naipal
drehte der Grube den Rücken zu und lehnte sich gegen das Gitter. Er lachte, bis
er keine Luft mehr bekam. Alles, was in der uralten Schrift behauptet wurde,
stimmte. Die Wunden würden schnell heilen. Nichts konnte den Krieger töten, den
er wiederbelebt hatte.
Vor
über zweitausend Jahren hatte ein Eroberer namens Orissa aus zwanzig kleinen
Nationen und Stadtstaaten das Königreich Vendhya geschaffen und sich selbst zu
seinem ersten Herrscher gemacht. Und als König Orissa starb, gab man ihm in
seinen Grabpalast eine Armee von zwanzigtausend Kriegern mit: eine königliche
Leibgarde für das Leben im Jenseits. Und so gut wurden sie durch Zauberkünste
erhalten, daß sie, obwohl sie nicht mehr lebten, doch nicht tot waren, wie
andere Menschen, wenn sie gestorben waren. Mit den richtigen Ritualen konnten
sie auf gewisse Weise wiederbelebt werden, und eine Armee, von der nicht ein
Krieger sterben konnte, würde wieder marschieren. Nun brauchte nur noch der seit
Jahrhunderten verlorene Grabpalast gefunden werden.
»Und
das«, sagte Naipal laut und spöttisch lachend, »ist schon so gut wie getan,
nicht wahr, Masrok, mein getreuer Diener?«
Mit
solchem Überschwang erfüllte der Erfolg ihn, daß die lähmende Furcht der
vergangenen Tage vertrieben wurde. Gewiß war inzwischen genug Zeit vergangen.
In welchem Gewässer das Schiff auch fuhr: wenn es nahe genug war, eine Gefahr
für ihn zu sein, nun, da er sein Ziel schon vor sich hatte, mußte es bereits
die Küste erreicht haben. Und wenn, dann war die Gefahr, die es für ihn
bedeutet hatte, gewiß inzwischen von seinen Helfern gebannt. Einen anderen
Gedanken ließ er jetzt nicht zu, nicht nach den vielen Siegen, die er heute
bereits errungen hatte.
Mit
fester Hand hob er den Deckel der Elfenbeinschatulle und wickelte den Spiegel
aus der daunenfeinen blauen Seide. Seine Oberfläche war schwarz mit vielen
Lichtpünktchen. Naipal brauchte einen Moment, bis ihm klar wurde, daß er
unzählige Lagerfeuer aus großer Höhe sah. Hatte ihn zuvor ein kleines Schiff
bedroht, so schien es nun eine ganze Armee zu sein. Seinen Tagen der Furcht
folgte nun weitere Furcht – und Unsicherheit. War die Gefahr, die das Schiff
bedeutet hatte, aus der Welt geschafft, oder hatte sie sich in das verwandelt?
War dies eine neue Bedrohung, noch schlimmer als die alte?
Bis
lange in die Nacht hinein hallte Naipals Wutgeheul von den Gewölbewänden wider.
11.
Als
das erste bleiche Licht des Morgengrauens sich am Horizont zeigte, war Conan
bereits auf den Beinen und sattelte seinen Hengst. Vom Ufer des Zaporoskas,
keine tausend Meter entfernt, an dem hohe Bäume wuchsen, erklang das Schlagen
von Holz. Kopfschüttelnd betrachtete er die Kamele des Khitaners, die bei den
Pferden der Schmuggler angepflockt waren.
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