Conan-Saga 32 - Conan der Champion
Sinnen gar nicht wahrnehmen können. Ich habe schon viele Kälteeinbrüche erlebt, aber noch nie einen, der die Tiere überraschte.« Conan nickte und machte sich seine eigenen Gedanken.
Die Sonne versank gerade hinter den westlichen Hügeln, als sie wieder auf den Hof ritten. Steif vor Kälte stiegen sie aus dem Sattel. Sofort eilte Alcuina herbei, um ihren Bericht zu hören.
»Die meisten Dörfler haben die Kälte gut überstanden, Herrin«, meldete Siggeir. »Auf den abgelegenen Höfen sollen drei Hirten und etwa zehn Tiere erfroren sein.«
Mit grimmiger Miene hörte die Königin zu. »Es hätte viel schlimmer kommen können. Der Kampf mit Odoacs Männern und die Kälte haben mich über hundert Leute gekostet. Wir sind geschwächt, aber heute nacht sind die Leute wenigstens vorbereitet.«
Bei der Erwähnung des gestrigen Kampfes blickte Conan zur Mauer hinüber, wo die Leichen unter Decken lagen. »Warum wurden sie heute noch nicht begraben?« fragte er.
Alcuina antwortete: »Die Männer haben versucht, Gräber auszuheben; aber der Boden ist beinhart gefroren. Falls nicht Tauwetter einsetzt, werden wir sie diesen Winter nicht ordnungsgemäß beerdigen können. Morgen lasse ich außerhalb der Mauer ein Leichenhaus errichten. Zweifellos werden noch mehr Winteropfer hinzukommen.« Die Königin war in düsterer Stimmung, ließ sich diese aber kaum anmerken. Im Norden waren die Menschen an Tod und die Erbarmungslosigkeit der Naturgewalten gewöhnt. Wer sich hier als Herrscher durchsetzen wollte, mußte mit beidem fertigwerden. Die Königin wandte sich an Conan. »Du bist als letzter mit deinen Männern zurückgekehrt. Schließt das Tor, versorgt die Pferde und kommt dann zu den übrigen in die Halle.«
An diesem Abend wurde nur gegessen, nicht gefeiert. Bis man sicher wußte, ob es sich um einen natürlichen Schneesturm oder um den Vorboten eines extrem harten Winters handelte, gab es nur kleine Portionen. Keine Fleischspieße drehten sich über dem Feuer. Die Männer mußten sich mit Brot, Käse und Hirsebrei begnügen. Jedem standen auch nur drei Krüge Ale zu.
Die Halle war voller als am Abend zuvor. Auf den Bänken, die eigentlich den Kriegern und deren Frauen vorbehalten waren, saßen jetzt auch Leibeigene, Kinder und andere Bewohner der Burg. Am Ende der Halle, wo im Notfall Leibeigene untergebracht werden konnten, schnaubten Pferde und Kühe. Doch keiner beschwerte sich über die Geräusche oder Gerüche, da die Tiere mehr Wärme als das Feuer abgaben.
In dieser bitterkalten Nacht wurde kein Wachtposten aufgestellt. Statt dessen kletterten zwei junge Burschen in den Dachstuhl und spähten durch die Rauchlöcher an beiden Ende der Halle. Ein Wachtposten schien unnötig, da kein Feind in einer Nacht wie dieser angreifen würde. Trotzdem hatte Alcuina erklärt, daß man bei jedem Wetter wachsam sein müsse.
Nachdem zwei Krüge Ale kaum den ersten Durst des Cimmeriers gelöscht hatten, ließ er sich beim dritten auf einen Armstemmkampf gegen einen Kameraden ein. Er gewann mit Leichtigkeit und ließ den Gewinn genüßlich durch die Kehle rinnen. Gleich darauf forderte ihn ein anderer auf. Auf diese Weise gewann Conan weitere sechs Krüge, ehe sein Arm müde geworden war und ihn ein kräftiger, rotbärtiger Leibeigener, dessen Arme Baumstämmen glichen, auf die Tischplatte drückte. Anschließend vergnügte er sich noch in einigen Ringkämpfen, bei denen die Männer sich im Stroh wälzten, daß Hühner und Schweine davonliefen, die gemeinsam mit ihren zukünftigen Verspeisern die Wärme der Halle genossen.
In Ruhe leerte Conan seinen letzten Krug Ale und sah einem alten Krieger zu, der an einem Pfosten schnitzte. Zuerst zeichnete der Mann das Muster mit einem angekohlten Holzscheit auf. Rankenornamente und Schlangen waren kunstvoll verwoben. Dann schlug er mit den Ecken seiner Streitaxt die groben Umrisse heraus. Er arbeitete mit der schweren Waffe wie ein Chirurg mit dem Skalpell. Zuletzt vollendete er sein Werk mit dem Messer, das er auch zum Essen, Kämpfen und allen anderen Arbeiten verwendete, für die man ein Messer brauchte. Bewundernd strich Conan über das vollendete Werk. Kein Splitter, keine rauhe Stelle. An diesem einen Winterabend hatte der alte Mann geschaffen, wofür ein zamorischer Holzschnitzer mit allen möglichen Schnitzwerkzeugen eine Woche gebraucht hätte.
Der Alte nahm Conans Komplimente mit kurzem Kopfnicken an und sagte: »Morgen werde ich es bemalen, falls ich Farben herstellen
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