Conan-Saga 34 - Conan der Marodeur
den König Yezdigerd von Turan wegen Hochverrats sucht. Zweifellos fand er in Sogaria Unterschlupf. Das ist ein schmutziger Trick der Stadt, um uns zum Abziehen zu überreden. Der Zauberer weiß genau, daß nur die Bedrohung unserer heiligen Stätten uns zwingen könnte, die Belagerung aufzuheben. Das ist eine Kriegslist, nichts anderes.«
»Aber eine ganze Kavallerieabteilung ist vor ein paar Tagen aus der Stadt geritten, ehe wir mit der Belagerung begannen«, gab ein Gerul-Führer zu bedenken. »Sie sind nach Norden geritten. Die Spuren waren nicht zu übersehen. Und sie sind nie zurückgekehrt.«
Bartatua wirkte ganz ruhig; aber in seinem Innern tobte es. Er betrachtete den toten Vogel. Langsam entfernte er die Metallkapsel an einem Bein. Lieber hätte er sie geöffnet, wenn er allein gewesen wäre; aber das war unmöglich, ohne den Verdacht der anderen Anführer zu erregen. Er holte aus der Kapsel ein eng zusammengerolltes Pergament. Er breitete es vor sich aus. Das Pergament war hauchdünn und so leicht, daß eine Fläche von vier Händen zusammengerollt in die Kapsel einer Brieftaube paßte. Es war aus den Därmen eines ungeborenen Lammes gefertigt.
Bartatua studierte das Pergament, runzelte die Stirn und wurde aschfahl. »Es stimmt!« erklärte er. »Dies ist eine Karte mit der Route, welche der Zauberer zur Stadt der Grabhügel genommen hat. Er hat sogar die größten Hügel eingezeichnet, damit wir sehen, daß er wirklich dort angekommen ist.«
Jetzt brach Chaos im Zelt aus. »Was sollen wir tun, Kagan? « rief einer. Es entging Bartatuas Ohren nicht, daß er das Ushi hatte fallen lassen.
»Wir müssen sofort die Belagerung abbrechen«, erklärte er. »Diese Katastrophe ist wichtiger als alles andere. Gebt den Befehl weiter, daß alle sich sofort abmarschbereit machen. Es wird uns noch genug Zeit bleiben, um wiederzukommen, nachdem wir diese Bedrohung unserer Vorfahren beseitigt haben.«
»Aber meine Rampe!« rief der Ingenieur. »Sie werden sie zerstören, wenn die Armee nicht mehr da ist. Wenn du zurückkommst, werden nicht mehr ausreichend Sklaven vorhanden sein, um eine neue zu bauen.«
»Meine Männer werden wütend sein«, erklärte ein grüntätowierter Gerul. »Sie haben so viel Arbeit und Mühe in diese Kampagne investiert. Und jetzt sollen sie die Beute im Stich lassen, um eure heiligen Stätten zu retten? Das werden sie nicht schlucken.«
Bartatua sah schon die sorgfältig aufgebaute Allianz zerbrechen und damit auch seine Stellung als Ushi-Kagan. Wenn er sein in der Entstehung begriffenes Imperium erhalten wollte, mußte er es mit einem übermächtigen Willensakt schaffen, ehe die Führer sein Zelt verließen.
»Ruhe!« Wie Donnergrollen erscholl seine Stimme. Dann fuhr er leiser fort: »Glaubt ihr vielleicht, daß dieser lächerliche Vorfall unseren Marsch zur Herrschaft über die Welt aufhalten kann? Unsere Ahnen stellen uns auf die Probe, um zu sehen, ob wir uns dieses Schicksals auch würdig erweisen! Sie wollen wissen, ob wir unsere Toten mehr ehren als alles andere. Und wir werden ihnen beweisen, daß dies so ist!«
Er machte eine kurze Pause. »Sogaria ist nur eine Stadt unter vielen. Ich werde euch die ganze Welt schenken! Irgendwie hat dieser turanische Zauberer unseren wundesten Punkt in Erfahrung gebracht: Daß wir jedes Unternehmen abbrechen, um die Ruhestätte unserer Ahnen zu schützen. Dies wird sich niemals wiederholen. Als wir mit der Belagerung begannen, hatte ich im Sinn, schonend mit den Bewohnern Sogarias umzugehen, allen das Leben zu schenken, die sich ergeben, ihren Tribut entrichten und mich als Herren anerkennen würden. Das ist jetzt vorbei.«
Er starrte die versammelten Führer finster an. Sie waren bei diesen eindringlichen Worten verstummt. »Ich schwöre bei den Geistern unserer Vorfahren und beim Immerwährenden Himmel, daß nach der Eroberung Sogarias jeder Überlebende, Mann, Frau oder Kind, barfuß über die Steppe gejagt wird, bis hin zur Stadt der Grabhügel. Dort werden sie die entweihten Grabhügel wieder aufbauen und dazu noch neue, für die, welche bei diesem Feldzug sterben. Sobald die Arbeit beendet ist, werden sie dort gekreuzigt, damit ihre Geister unseren Toten auf ewig dienen müssen. Dann wird die ganze Welt erfahren, welches Schicksal denen bevorsteht, die es wagen, die heiligen Stätten des hyrkanischen Volkes zu entweihen.«
Zufrieden hörte er die wilden Schreie der Zuhörer. Es war ihm gelungen, den Haß von sich abzulenken und gegen
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