Conan-Saga 38 - Conan der Wagemutige
herbeizurufen.
Während sie zu ihm heraufeilten, betrachtete er den Juwel, der zu seinen Füßen glühte. Alle Zauberer, die von der Existenz der Juwelen wußten, kannten auch die Geschichten, was diese Edelsteine angeblich aus eigenem Antrieb heraus getan und wen sie dabei getötet hatten.
Eremius war keine Ausnahme. Bisher hatte er – wie die meisten Zauberer – auch angenommen, daß es sich dabei um Gruselmärchen handelte. Doch jetzt war er nicht mehr so sicher. Hatte Illyana den Tod des Juwelträgers heraufbeschworen? Nein, das hätte er gespürt, und dann hätte er etwas dagegen unternehmen können; aber er hatte nichts gespürt.
Was taten Soldaten, wenn sie feststellten, daß die Schwerter in ihren Händen lebendig wurden? Eremius bezweifelte, daß selbst Khadjar diese Frage beantworten konnte.
Als der Morgen dämmerte, hatte der Cimmerier seine Arbeit beendet. Das letzte Maultier war mit Proviant, bestehend aus Brot und Pökelfleisch, beladen und in den Pferch gleich hinter dem Nordtor geführt worden.
Jetzt trank Conan noch schnell einen Schluck Wein und aß kräftig von der Suppe aus Zwiebeln und geräuchertem Ziegenfleisch. Die magere Marschverpflegung kam noch früh genug! Als er sich den zweiten Becher Wein einschenkte, mußte er daran denken, wie wenig Freude ihm seine jetzige Arbeit noch vor wenigen Jahren gemacht hätte.
Cimmerische Krieger konnten auf ihren Streifzügen einen ganzen Monat von dem leben, was das Land ihnen bot. Conan hatte die Menschen zivilisierter Länder immer verachtet, weil sie Verpflegung mitschleppten. Jedoch hatten Khadjar und auch die Erfahrung ihn gelehrt, daß das falsch gewesen war.
Aus dem leichten Morgennebel tauchte Illyana so plötzlich vor ihm auf, daß er einen Augenblick lang nicht sicher war, ob sie nicht gezaubert hatte. Als sie Conans Gesicht sah, mußte sie lachen.
»Keine Angst, Conan! Ich benutze meine Kunst nie, um Menschen zu erschrecken. Hast du aber vielleicht jemanden umherwandern sehen, der den Eindruck machte, als habe er den Verstand verloren? Außer Hauptmann Shamil.«
»Ha! Der wird noch schlimmer aussehen, wenn Dessa ihn aus dem Bett läßt!« Er runzelte die Stirn. »Nein, mir ist niemand aufgefallen; aber ich hatte alle Hände voll zu tun, und es war so dunkel, daß man kaum Männlein von Weiblein unterscheiden konnte.«
»Schon gut. Ich kann nur dich und Raihna fragen, vielleicht noch Khezal. Raihna hat auch nichts bemerkt.«
Conan spürte, daß Illyana ihm eine Erklärung geben würde. Er mußte ihr nur genug Zeit lassen. Doch jetzt hoffte er, daß sie sich beeilte. Die Truppe mußte vormittags losmarschieren, wenn sie die Dorfbewohner vor den Dämonen erreichen wollte.
»Du hattest recht, mißtrauisch zu sein, Conan. Jemand versuchte gestern nacht, den Juwel aus meinem Zimmer zu stehlen.«
»Keiner von uns hat einen Laut gehört.«
»Das solltet ihr auch nicht! Ich habe einen Zauber in den Juwel gelegt, daß jeder, der mein Zimmer betreten würde, sofort völlig vergessen mußte, wozu er eingedrungen war. Vielleicht hat er bis jetzt noch nicht ganz den Verstand wiedergefunden. Der Dieb war so verwirrt, daß er seinen Ring zurückließ.«
Illyana zeigte ihm den Ring aus Silberfiligran; aber Conan hatte ihn zuvor bei keinem der Soldaten in der Garnison gesehen. Er schüttelte den Kopf.
»Warum hast du ihn nicht durch einen Zauber getötet oder betäubt?«
»Conan, ich bin mit dir und Raihna einer Meinung: Je weniger wissen, was ich in Wahrheit bin, desto besser. Du hast doch Khezal bis jetzt nichts verraten, oder?«
»Nein. Aber ich würde keinen Becher Wein darauf wetten, daß wir es noch lange vor ihm geheimhalten können. Er ist ein sehr kluger Kopf. Ich bin froh, daß er uns anführt.«
»Zwei kluge Köpfe führen uns, Conan, wenn Khezal dir gestattet, deine Fähigkeiten einzusetzen, und das muß er, wenn er kein Narr ist.«
Conan lächelte bei der Schmeichelei höflich, sagte aber nichts. Er fühlte, daß dahinter mehr steckte, was aber besser unausgesprochen blieb.
»Ich habe einen anderen Zauber angewendet«, fuhr Illyana fort. »Mit seiner Hilfe sollte der Juwel ein Bild des Diebes machen und bewahren. Dann hätte ich den Mann sofort erkennen können.«
»Damit hättest du deine Kräfte preisgegeben; aber ein Feind weniger wäre auch nicht schlecht gewesen. Gehe ich recht in der Annahme, daß der Zauber versagte?«
Illyana errötete. »Ja. Ich dachte, ich sei längst darüber hinaus, einen so dummen Fehler zu
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