Conan-Saga 38 - Conan der Wagemutige
ging er leicht schwankend die Treppe hinunter.
Mit wenigen scharfen Befehlen hatte Khezal den Korridor geleert. Nur er und Conan waren noch da. Raihna hatte sich ebenfalls in ihr Zimmer zurückgezogen.
»Wirst du jetzt Ruhe geben?«, fragte Khezal.
» Ich habe nicht ...«, widersprach Conan.
»Ich schere mich einen Eimer Mulipisse darum, wer angefangen hat!« fuhr ihm Khezal über den Mund. »Wir haben jetzt das Problem, daß uns jeden Augenblick Dämonen angreifen oder Menschen in panikartiger Angst vor ihnen das Fort stürmen. Wie auch immer! Ich habe alle Hände voll zu tun und brauche wirklich nicht noch zusätzlichen Ärger, kapiert?«
»Wir werden dir keinen Ärger machen«, antwortete Conan. »Das schwöre ich bei der Ehre meiner Herrin.«
Khezal lachte schallend. »Ich bin froh, daß du nicht bei der Ehre der – Zofe – geschworen hast. Das kleine Luder hat jedem Mann in der Garnison schöne Augen gemacht, den Hauptmann eingeschlossen. Ich rate dir, sie an die Leine zu legen, falls das bei diesem Weib möglich ist.«
»Wenn die Götter mir eine Möglichkeit offenbaren, werde ich sie dir als erstem erzählen«, sagte Conan grinsend.
Khezal war kaum auf der Treppe verschwunden, da erschien Raihna. Sie war jetzt vollständig bekleidet und bewaffnet.
»Besteht etwa die einzige Genugtuung, die man uns zuteil werden läßt, darin, daß man uns befiehlt, die Ruhe zu wahren, die wir nicht gebrochen haben?« Sie verzog das Gesicht, als habe sie in eine grüne Feige gebissen.
»Für heute abend ist das alles«, antwortete Conan. »Dieser Khezal ist nicht so, wie ich dachte. Er steht nicht auf Shamils Seite. Das ist fast soviel wert, als stünde er auf unserer. Außerdem müssen wir heute nacht wirklich noch viel tun.«
Raihna nickte. »Ich wecke Illyana.«
»Ich gehe zum Tor hinunter. Diese Dämonengeschichte will ich mit eigenen Ohren hören, nicht nur das, was irgend jemand von einem anderen angeblich gehört hat!«
V IERZEHN
Conan kam gerade zum Tor, als der Bote aus Scharlachquell mit dem grauenvollen Bericht begann. Der Cimmerier hörte schweigend zu. Kemal fing mit Boras Vorstoß ins Tal der Dämonen an und endete mit der Flucht der Dorfbewohner.
»Sie brauchen ein Dach überm Kopf, wenn sie kommen«, fügte Kemal noch hinzu.
Dieser Bote konnte nicht viel älter als achtzehn sein. Trotzdem war er ein Mann. Conan mußte zurückdenken, was er schon alles überlebt hatte, als er achtzehn wurde: Krieg, Sklaverei, Flucht, Verrat und Kämpfe mit unzähligen Gegnern, von denen einige nicht zur menschlichen Rasse gehörten.
»Ein Dach? Hier? Was glaubst du, wo du bist? Im Palast von Turan?« Hauptmann Shamils Laune hatte sich nicht gebessert. »Und selbst wenn wir Platz hätten! Ich lasse doch nicht eine Horde stinkender Bergbewohner ...«
Kemal funkelte ihn wütend an. Shamil gab den Bogenschützen auf der Mauer ein Zeichen. Conan schob sich nach links, jederzeit bereit, den Boten vor den Pfeilen zu schützen. Am liebsten hätte er Shamil wie einen toten Ziegenbock über die Mauer befördert. Wenn er und seine Schutzbefohlenen nicht so dringend Frieden in der Garnison gebraucht hätten ...
»Hauptmann, ich bin sicher, daß wir zumindest Frauen und Kinder hier drinnen unterbringen können«, schaltete sich Khezal ein. Er mußte gezaubert haben; denn jetzt trug er die versilberte Rüstung und den Helm, an denen Conan erstaunlich viele Dellen und Kratzer bemerkte.
»Wir haben Platz«, fuhr Khezal fort. »Das heißt, wir werden Platz haben, sobald wir eine Marschkolonne zusammengestellt haben, die in die Berge ausrückt.« Dann wandte er sich an Kemal. »Wenn wir Frauen und Kinder schützen – werden dann die Männer aus dem Dorf mit uns gehen? Wir brauchen ortskundige Führer und jeden starken Arm, den wir bekommen können.«
Conan fiel auf, daß Khezal mit keinem Wort erwähnte, daß die Garnison unterbesetzt war. Seine Achtung vor der Umsicht und Klugheit dieses Mannes wuchs ständig.
»Bei Mitra und Erlik schwöre ich, daß ich fragen werde«, antwortete Kemal. »Aber ich kann nicht versprechen, daß alle mitgehen. Aber wenn Bora sie auffordert ...«
»Wir haben es nicht nötig, Feiglinge mit unseren eigenen Unterkünften und Verpflegung zu bestechen!« brüllte Shamil. Conan hatte den Eindruck, daß der Hauptmann die Abfuhr bei Raihna noch nicht verdaut hatte und unbedingt irgend jemanden einschüchtern wollte.
Aber Conan war fest entschlossen, ihm entschieden entgegenzutreten.
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