Conan-Saga 39 - Conan der Kriegsherr
ihnen eine Mondscheinserenade dargebracht hatten und der Wind durch die Felsspalten pfiff, als der Cimmerier Wache gegen Räuber gehalten hatte.
Eigentlich brauchten sie vor einem Überfall durch Straßenräuber oder Rebellen keine Angst zu haben, da Baldomer vierzig seiner besten Reiter mitgenommen hatte. Aber der Baron befürchtete ständig den hinterhältigen Anschlag eines Meuchelmörders. Dabei war er weniger um sein eigenes Leben, als um das seines Sohnes besorgt. Favian ritt in der Rüstung eines einfachen Soldaten mitten unter den Reitern. Allerdings trug er die Nase ziemlich hoch, hielt sich von den Kameraden fern und kam den Befehlen der Offiziere nur selten nach. Vor der Kavallerie rumpelte der Streitwagen dahin, welchen Swinn lenkte, während der Cimmerier nur untätig dasaß. Er trug Favians leicht geänderte Prunkrüstung. Baldomer, ganz in Schwarz, bildete auf seinem weißen Hengst zusammen mit Durwald und zwei anderen hohen Offizieren die Vorhut. Svoretta war nicht dabei. Er war in Dinander geblieben, um die Zügel der Herrschaft während der Abwesenheit des Barons zu führen.
»He, Swinn, rück mal rüber!« rief der Cimmerier. Das Schloß war jetzt hinter den bewaldeten Hügeln verschwunden. »Laß mich mal zur Abwechslung ein bißchen fahren. So schwer kann es nicht sein. Ich habe dir die letzten zehn Meilen genau zugesehen.« Er hatte keine Lust mehr, sein schmerzendes Hinterteil auf der harten Bank durchrütteln zu lassen, und schob sich nach vorn zum Fahrer.
»Nein, Barbar!« Mit schnellem Ruck an den Zügeln veränderte Swinn die Geschwindigkeit des Wagens so plötzlich, daß der Cimmerier nach hinten auf die Sitzbank geschleudert wurde. »Ich muß mich vor dir verneigen, wenn die Menge zuschaut; aber nicht hier! Außerdem ist das Lenken eines Streitwagens eine kitzlige Sache. Eigentlich sollte nur ein Edelmann die Zügel führen.«
Conan verzog mißmutig das Gesicht. Er wollte wieder aufstehen, aber der Weg führte jetzt steil über ein Geröllfeld hinab auf eine kleine Lichtung. »Wenn Kutschieren ein so überaus edler Zeitvertreib ist, wundere ich mich, daß alle hohen Herren lieber im Sattel sitzen.«
Swinn lachte. »Lord Favian würde sofort mit mir den Platz tauschen. Er ist der absolute Meisterlenker der Familie. Warum glaubst du wohl, daß er so schlechte Laune hat?« Swinn warf schnell einen Blick zurück, wo der junge Lord griesgrämig dreinschauend dahin ritt. Er war so weit weg, daß er Swinn nicht hören konnte, daher fuhr dieser fort: »Gewiß denkt er, daß seine zukünftigen Untertanen ihn für einen Trottel halten, wenn du an seiner Stelle so untätig hier oben herumsitzst.«
»Na, dann wollen wir ihm bessere Laune verschaffen!« Der Weg war jetzt eben, so daß Conan es wagte, wieder aufzustehen. »Irgendwann werde ich lernen, die Pferde zu lenken, also warum nicht gleich jetzt?« Er schob Swinn beiseite und griff nach den Zügeln.
»He, Barbar, was ... ah!« Swinn wurde plötzlich steif und fiel gegen den überraschten Cimmerier. Conan sah, daß ein langer Pfeilschaft aus dem Rücken des Mannes ragte. Der Pfeil war durch die schwarze Rüstung wie durch Pergament gedrungen. Im nächsten Augenblick traf Swinn der nächste Pfeil aus der anderen Richtung. Die Spitze durchbohrte Brustharnisch und Brust und machte noch eine Ausbuchtung in die rückwärtige Halsplatte. Von allen Seiten prasselten jetzt Pfeile gegen die Metallbeschläge des Streitwagens. Einer traf Conans Helm, so daß der Cimmerier Sterne vor den Augen aufblitzen sah.
Etwas weiter vorn wieherte ein Pferd laut und bäumte sich auf. Dann brach es zusammen. Es war Durwalds Hengst. Der Wagen machte einen Satz und kippte bedenklich, als das Gespann plötzlich nach rechts die Böschung hochpreschte, um Baldomers prächtigem Schimmel auszuweichen, aus dessen Hals ein Pfeil hervorragte. Vor und hinter dem Wagen hörte man Schreie und Stöhnen. Aus dem dichten Unterholz und von den Bäumen um die kleine Lichtung regnete es aus allen Richtungen Pfeile. Erst jetzt brüllte ein Kavallerieoffizier Befehle zu den weiter hinten reitenden Soldaten.
Conan war durch den schweren Körper Swinns stark in der Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Er warf einen Blick auf das Gesicht des Mannes. Der Tod hatte schon seinen Schleier über die Augen gezogen. Da ließ er ihn nach hinten auf den Wagen sinken und riß an den Zügeln, um das Gespann unter seine Herrschaft zu bekommen. Die völlig erschreckten Pferde bäumten sich auf und
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