Conan-Saga 45 - Conan der Grosse
unsrer Legionen auf so engem Raum einsetzen.« Der Poitainer schüttelte verzweifelt den Kopf. »Es gibt weder den Vorteil der zahlenmäßigen Überlegenheit noch den der Schnelligkeit. Wir können keine schwache Hanke ausnützen. Wer auch immer angreift, ist ein Narr. Hoffentlich sind es die Kother.«
König Conan ließ sich mit der Erwiderung Zeit. Dann verkündeten Lautenklänge von einem flachen Felsbrocken in der Nähe, daß der Hofnarr Delvyn etwas sagen wollte. »König Mauerbrecher, darf ich mir die Bemerkung gestatten, daß es ganz und gar nicht deiner Natur entspricht zu diskutieren«, sagte der Zwerg mit honigsüßer Stimme. »Daß du es dennoch tust, zeigt mir, daß du einen Angriff auch nicht für der Weisheit letzten Schluß hältst.«
»Schon möglich«, sagte Conan ausweichend. Er war über die Ablenkung froh, als ein Kavalleriehauptmann sich aus dem Sattel schwang und vor ihm auf die Knie sank.
»Sire«, sagte der Hauptmann und stand wieder auf. »Ein Späher ist soeben zurückgekommen und meldet, daß er bei der kothischen Armee ein königliches Zelt und die imperiale Garde gesehen habe. Er schließt daraus, daß Prinz Armiro dort anwesend ist.«
»Gut, hervorragend!« rief Conan. »Was ist mit der Schlachtordnung des Feinds?«
»Sire, seine vorderste Linie kreuzt nun den Paß und ist an manchen Stellen keine hundert Fuß von unsrer entfernt. Wo immer möglich, haben die Kother Deckung und Stellungen oben bezogen, vor offenem Gelände und dem Tempel haben sie offenbar Scheu.«
»Tempel?« fragte Conan. »Was für ein Tempel? Du meinst den steilen Abhang?«
»Jawohl, Majestät. Ich dachte, man hätte Euch davon Mitteilung gemacht.« Der Hauptmann sprach überhastet und überspielte seine Nervosität mit militärisch kurzer Sprechweise. »Es gibt Reste eines uralten Gebäudes in der Mulde. Unsere Leute konnten sie im Morgengrauen ausmachen. Nur Säulen und Steinplatten, Sire. Unmöglich zu verteidigen. Offenbar halten die Kother den Ort auch für eine gefährliche Frontausbuchtung, so wie wir.«
»Nun gut«, sagte der König. »Schick einen oder zwei Wachposten hin, ansonsten sollen sich unsre Truppen von dem Ort fürs erste fernhalten.« Er legte dem Hauptmann die Hand so schwer auf die glänzenden Epauletten, daß dieser den Griff durch die Rüstung hindurch spürte. »Und halte dich für meine Befehle bereit, Euralus! Abtreten!«
Nachdem der Hauptmann sich wieder aufs Pferd geschwungen und zum Abschied gewinkt hatte, wendete sich Conan wieder den Gefährten zu. Er fluchte kurz. »Crom! Muß jetzt auch noch ein heidnischer Tempel auf meinem Schlachtfeld stehen! Letzte Nacht habe ich von einem solchen geträumt. Derartige Dinge bringen Unruhe in die Truppe – und ihrem Oberbefehlshaber auch eine Gänsehaut.«
Delvyn schlug mit seinen geschickten Fingern schnell ein paar Töne auf den trockenen Gedärmen seiner Laute an. »Träume werden in letzter Zeit zu einer schleichenden Seuche«, bemerkte er.
»Ja, stimmt«, sagte Conan. »Außerdem habe ich mit Tempeln, in denen es spukt, so einige Erfahrungen gesammelt. Wie dem auch sei, Prospero«, er nickte dem Freund zu, »du hast recht. Wir werden nicht bei Tagesanbruch angreifen, sondern abwarten, ob Armiro den ersten Schritt wagt. In der Zwischenzeit kann der Rest unsres Heerwurms nach vorn aufrücken.«
»Hervorragend, Majestät«, stimmte ihm Prospero zu. »Geduld vermag oft zu siegen, wo es der Impulsivität versagt bleibt.«
»In der Tat, so ist es«, sagte Conan. »Vielleicht kann ich den grünen Jungen Armiro zu einem überhasteten Schritt reizen, wenn wir lang genug warten. Doch während wir warten, könnten wir eigentlich etwas essen. Wo ist Amlunia?«
Prospero zuckte mit den Schultern. »Schlummert sie nicht in deinem Zelt?«
»Nein.« Doch um sicherzugehen, ging Conan zum offenen Eingang seines Zelts und schaute hinein. »Hier ist sie nicht.«
»Hat sie dich denn nicht gefunden, König Großmaul?« fragte Delvyn und änderte seinen Schneidersitz. »Sie ist hinausgeritten, um dich bei deiner Erkundungsmission zu treffen. Ich habe angenommen, daß du sie irgendwo da draußen zurückgelassen hast, um ihr ein bißchen Ruhe zu gönnen.«
»Croms Hunde!« fluchte der König wütend. »Du meinst, sie wurde seit dem Mondaufgang nicht mehr gesehen? Eine Frau allein in diesem Nest von rohen Soldaten und ...«
»Sie ist nicht gerade hilflos und kann sich verteidigen«, warf Prospero ein. »Du könntest einen Knappen aussenden, um sie zu
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