Conan-Saga 45 - Conan der Grosse
Ophir an. Sie stritten wie ein Löwe und eine Hyäne über eine tote Antilope. Dann schlug urplötzlich die aquilonische Raubkatze mit der mächtigen Pranke zu und riß sich zusätzlich ein großes Stück aus der Flanke des königlosen Nemedien. Gleichzeitig rückten die Scharmützel der Armeen im westlichen Ophir so nahe an die Grenze von Argos, daß auch in der Hauptstadt am Meer, in Messantia, laut Besorgnis geäußert wurde.
In Ophir war es zwischen den feindlichen Truppen zu einer Pattsituation gekommen. Der Grund war vielleicht, daß beide Armeen von ihren Königen verlassen worden waren und von weniger angriffslustigen Befehlshabern geführt wurden. Hauptmann Egilrude hatte mit seinen Männern durch einen Gewaltmarsch und eine anschließende Attacke auf den Brückenkopf erreicht, daß die Kother über den Roten Fluß zurückgetrieben wurden. Dabei hatte ihn Graf Trocero durch listige Ablenkungsmanöver sehr unterstützt. Doch das alles hatte nicht zu dem Endsieg geführt, den der aquilonische Feldherr angestrebt hatte. Armiros Truppen waren so hervorragend gedrillt und gehorchten ihren Offizieren so stur, daß sie ohne große Verluste über die Holzbrücke zurückmarschierten.
Am nächsten Morgen erfolgte der Vergeltungsschlag der Kother. Mit Rammböcken und Belagerungsmaschinen gelang es ihnen, in den östlichen Teil der Hauptstadt vorzudringen. Siegestrunken schlugen sich die kothischen Soldaten bis zum Fluß durch. Trocero und Lionnard mußten mehrere Tage lang hart kämpfen, bis die Stadtmauer wieder in ihren Händen war. Der jenseits der Brücke liegende Teil Ianthes war völlig zerstört. Nur Ruinen standen noch dort. Allerdings war auch Armiros Brücke auf dieser Seite verbrannt. Wie ein verkohltes Mahnmal eines völlig sinnlosen Kriegs ragte ein Stück von ihr auf dem Ostufer in den Roten Fluß hinein.
Völlig erschöpft und abgerissen von dem langen Weg, kehrte der König von Aquilonien in die Hauptstadt Ophirs zurück. Man hatte seine lange Abwesenheit geheimen heidnischen Ritualen aus seiner Heimat zugeschrieben. Andere hatten von einem galoppierenden Gehirnfieber gesprochen. Wieder andere hatten behauptet, er führte streng geheime Verhandlungen über Bündnisse mit anderen Ländern. Einige seiner Offiziere hatten insgeheim gehofft, er hätte im Alleingang wieder eine feindliche Hauptstadt erobert. Doch der König schwieg eisern über Ziel und Ergebnis seiner geheimen Mission. Als Trocero Conan unter vier Augen fragte, ob er Fortschritte gemacht habe, Armiro zu entmachten, hatte er nur geflucht und dann unwirsch erklärt:
»Ich habe lediglich etwas erfahren, was es noch schwieriger macht, ihn zu vernichten.«
Graf Trocero reagierte gelassen. Aufgrund bitterer Erfahrungen wußte er, daß es überragender Feldherrnkunst bedurfte, um die Legionen Armiros von Koth zu besiegen.
König Conan hielt sich nur kurz in Ianthe auf. Einen Tag verbrachte er mit dem Kriegsrat und einem fürstlichen Mahl. Die Nacht zog er sich mit der Kurtisane Amlunia ins Schlafgemach zurück. Und dann überließ er die ophirische Kampagne in den bewährten geduldigen Händen von Trocero und Ottobrand und brach selbst mit Amlunia und dem Hofnarren Delvyn nach Norden auf. Als Eskorte begleitete ihn eine stattliche Abteilung der Schwarzen Drachen unter dem Kommando von Egilrude, den Conan zum Hauptmann gemacht hatte. Der König wollte zu Prospero in Nemedien. Beim Abschied sagte er zu Trocero:
»Alter Freund, versuche Armiros Legionen hier an dieser Front so festzuhalten, daß ich ihn von der Flanke im Norden aufrollen kann, bis Ophir völlig zusammenbricht. Wenn nötig, werden wir unseren Eroberungsfeldzug fortsetzen, bis Koth und Khoraja nur noch Inselchen im weiten aquilonischen Meer sind.«
Der Weg bis zur Grenze Nemediens war länger als zuvor, da Aquilonien große Gebiete in dem fruchtbaren Tal besetzt hatte, das Tybor Pforte hieß. Von den Bauern und Hirten dort war nicht mehr viel zu sehen, da die einfallenden Armeen sie so ausgeplündert und teilweise als Rekruten verpflichtet hatten, so daß nur noch wenige übrig waren und sich versteckten. Höfe, Äcker und Felder waren zwar verlassen, doch ziemlich unbeschädigt. Erst als sie weiter nach Norden und Osten kamen und sich der nemedischen Hauptstadt Belverus näherten, wurden die Verwüstungen des Kriegs sichtbar. Zerstörte Burgen, ausgeplünderte Städte und verbrannte Höfe. In vielen Weilern knieten Witwen und Mütter in schwarzer Trauerkleidung neben frischen
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